Wir berichten und kommentieren, obwohl als beteiligte Kanzlei involviert, etwas eingehender, weil dieser Rechtsstreit für viele Publikumsmedien ständig in vielfachen Zusammenhängen Bedeutung gewinnen kann. Er betrifft generell Publikationen zu Familien Prominenter.
Soeben hat das Kammergericht diese Publikation mit Prinzessin Caroline und Prinz Ernst A. von Hannover als rechtswidrig beurteilt, Az.:10 U 76/03:
Das kleinere Bild war nicht angegriffen worden. Gegen das größere Bild hat Tochter Alexandra geklagt, gesetzlich vertreten durch ihre Eltern. Das Kammergericht bestätigte ein Urteil des Landgerichts Berlin, nach dem es rechtswidrig sein soll, dieses Foto zu veröffentlichen. Wir machen das Kind unkenntlich, obwohl noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Auch Balken über die Augen der sonst noch abgebildeten Personen zu ziehen, erschiene dem Verfasser dieser Zeilen trotz der Rechtsprechung zum Schutz von Eltern bei der Hinwendung zu Kindern als Polemik.
Gegen das Urteil des Kammergerichts bestehen schon deshalb größte Bedenken, weil das KG die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts missachtet, meinen wir:
Das KG-Urteil räumt zwar im Hinblick auf das BVerfG ein, dass es „an einem Schutzbedürfnis fehlen kann, soweit die Kinder sich nicht bei alltäglichen Vorgängen in der Öffentlichkeit bewegen, sondern sich allein oder gemeinsam mit den Eltern bewusst der Öffentlichkeit zuwenden, etwa im Mittelpunkt öffentlicher Veranstaltungen stehen, und sich dadurch den Bedingungen öffentlicher Auftritte ausliefern (BVerfG NJW 2000, 1021, 1022)”. Aber: Das KG meint, dass „sich die Klägerin durch ihre Anwesenheit an dem Turnier nicht bewusst der Öffentlichkeit zuwendet, vielmehr es sich bei dem Besuch des Reitturniers um einen aus der Perspektive ihrer Familie alltäglichen Vorgang in der Öffentlichkeit handelt”.
Falsch ist an diesen Ausführungen des KG unseres Erachtens unter anderem:
Nicht zufällig wird sein, dass sich das BVerfG auf der vom Kammergericht angegebenen Seite 1022 überhaupt nicht zum zitierten Thema äußert. Vielleicht hat das Gericht nur aus dem Gedächtnis das Urteil des BVerfG wiedergegeben. Das BVerfG jedenfalls erklärt sich erst erheblich später (1023 re. Sp.), und zwar gerade ohne den Einschub „alltäglicher Vorgang”. Darüber hinaus basiert das Urteil des BVerfG - im Urteil ausdrücklich so formuliert - auf der Überlegung: „Der Bereich, in dem Kinder sich frei von öffentlicher Beobachtung fühlen und entfalten dürfen, muss deswegen umfassender geschützt sein als derjenige erwachsener Personen”. Die Bilder zeigen, dass das Reitturnier kein „Bereich ist, in dem Kinder sich frei von öffentlicher Beobachtung fühlen und entfalten” könnten.
Der entscheidende, vom KG nicht richtig wiedergegebene Satz aus dem Urteil des BVerfG gibt klar vor: „Zwar wird es regelmäßig an einem Schutzbedürfnis fehlen, wenn sich Eltern mit ihren Kindern bewusst der Öffentlichkeit zuwenden, etwa gemeinsam an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen oder gar in deren Mittelpunkt stehen...”.
Das Reitturnier „Jumping La Solle” in Fontainebleau, auf dem die Fotos aufgenommen worden sind und über das berichtet wurde, hat sich wegen der Teilnahme der Monaco/Hannover-Familie zu einem Event entwickelt und wird gerade aufgrund der Popularität der Familie gut gesponsert. Die Familie kann sich - wie auch schon der Hintergrund des größeren Fotos zeigt - der öffentlichen Aufmerksamkeit und Bewunderung sicher sein. Sie steht - ganz im Sinne des Bundesverfassungsgerichts - im Mittelpunkt.
Die nächsten Schritte werden eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof und notfalls eine Beschwerde beim BVerfG sein. Die beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anhängige Beschwerde der Prinzessin kann noch Bedeutung gewinnen.
Hier können Sie das Urteil, soweit es die Verfassungsproblematik betrifft, nachlesen. Die im Mittelpunkt stehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (vom 15. 12. 1999) finden Sie hier in unserer Bibliothek bei den (eigenen) Entscheidungen; die wichtigsten Sätze stehen bei den Randnummern 83 bis 85.
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