Einige wichtige Links zur Grundnorm:

Weitere Ausführungen zur Grundnorm:

Die Definition des Begriffes Grundnorm: Grundnorm" oder „Höchste Norm”?

Hans Kelsen und Nachfolger in der „Reinen Rechtslehre“ ordnen die von ihnen so bezeichnete „Grundnorm“ als „höchste Norm“ ein. Kelsen 2. Aufl. V Nr. 34, Seite 197: „Eine solche als höchste vorausgesetzte Norm wird hier als Grundnorm bezeichnet." Allein schon diese Bezeichnung „höchste Norm“ lässt zögerlich nachdenken. „Das Höchste“ kann schwerlich „den Grund“ bilden. Vgl. dazu auch die Falsifizierungsprobe „6.7.: Gegenprobe zur Grundnorm von Robert Schweizer gegen Hans Kelsens 'Reine Rechtslehre' und Hans Kelsens Grundnorm”. Siehe „Schweizer, Die Entdeckung der pluralistischen Wirklichkeit.“ (3. Auflage) ab Seite XLVI, Ziffer 6.7. Die Nacholger Kelsens beziehen die Bedeutung der pluralistischen Wirklichkeit nicht ein, wohl aber ausdrücklich die Grundnorm von Prof. Dr. Robert Schweizer. 

Richtig ist zu definieren: „Grundnorm“ bezeichnet den Erkenntnis-Beginn der Kausalkette zur Geltungsbegründung von Normen.

Hauptproblem der Rechtsphilosophie: Der dritte Weg

Zu den Hauptproblemen der Rechtsphilosophie und der Rechtsmethodik gehört, den Weg „durch Naturrecht und Positivismus hindurch“ zu finden; so „Der dritte Weg“, Leitmotiv von Arthur Kaufmann, 1923- 2001, LMU München, Juristische Fakultät. Auf der Suche nach einem "dritten Weg" - Die Rechtsphilosophie Arthur Kaufmanns

Die Grundnorm von Prof. Dr. Robert Schweizer soll einen solchen Weg praxisgerecht aufzeigen: Wie oben schon erwähnt - „Grundnorm“: „Erkenntnis-Beginn der Kausalkette zur Geltungsbegründung von Normen”. 

Einordnung in ein Rechtssystem

Eingeordnet in das Rechtssystem im Sinne einer Ebenenhierarchie; vgl. Luhmann, „Rechtssystem und Rechtsdogmatik”, sowie Gunther Teubner „Folgenkontrolle und Responsive Dogmatik”, Sonderdruck  aus der Zeitschrift „RECHTSTHEORIE” (wie einst mit bestem Dank von Prof. Robert Schweizer für die Übermittlung dieses Sonderdrucks mit kurzem Dank Prof. Teubners an Prof. Schweizer für einen Aufsatz Prof. Schweizers). Gunther Teubner fasst das Modell zusammen: 

„Untere Ebene ist die Rechtsanwendung, die die Beziehung zwischen Norm und Entscheidung herstellt. Auf der mittleren Ebene, der der Dogmatik, werden diese Rechtsanwendungsbeziehungen relationiert und die Möglichkeiten der rechtlichen Konstruierbarkeit festgelegt. Die Bildung gesellschaftsadäquater Rechtsbegriffe wird auf der obenen Ebene, der der Gerechtigkeit als adäquater Komplexität des Rechtssystems ermöglicht.” Die Grundnorm dient allen drei Ebenen.

„Durchstoßen des herkömmlichen juristischen Denkens mit der Grundnorm” (Reinhold Geimer)

Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhold Geimer, Juristische Fakultät der LMU München, hat als Erster hervorgehoben: „Vor allem aber hat er [Prof. Schweizer] die Stenosen des herkömmlichen juristischen Denkens mit seinen grandiosen Forschungen über die Grundnorm durchstoßen“ (so in Festschrift für Prof. Dr. Robert Schweizer, Hrsg. Prof. Dr. Dr. h.c. Andreas Heldrich, damals Rektor der ersten deutschen Exzellenzuniversität LMU München).

Das „herkömmliche juristische Denken":

Es wird gegenwärtig im gesamten EU-Bereich in der Regel herkömmlich juristisch so gedacht - grundsätzliche Beispiele:

Es komme auf die Auffassung des „Durchnittsverbrauchers” so an, als sei der nach der Definition des Problems rechtserhebliche Sachverhalt antipluralistisch oder jedenfalls könnten insbesondere die Richterinnen und Richter grundsätzlich selbst entscheiden. Ein Beispiel: ob verwechselt oder irregeführt wird, entscheiden die Richterinnen und Richter selbst. In der Regel oder ausnahmslos wird nicht eingeräumt, dass es sich nur um eine richterliche Argumentationsfigur handelt. Niemand kann wissen, wie im zu entscheidenden Einzelfall „der Durchschnittsveraucher” oder „die Durchschnittsverbraucherin” auffassen oder gar, wie ein „durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher” eine Erklärung auffasst. Auf diese Problematik kommen wir unter der Überschrift Dezisionismus noch zurück.

Die unglückliche Situation für den Anwalt und den Mandanten beim herkömmlichen juristischen Denken

Im rechtlichen Alltag kann der Anwalt, wenn pluralistischer Sachverhalt erheblich ist, dem unterlegenen Mandanten nur schwerlich verständlich machen, warum er verliert. In Wirklichkeit verhält es sich eben - ein Beispiel - so, dass im Einzelfall die Richter

a. uneinsichtig einer Gruppe angehören, die auffassen „Lübecker Marzipan kommt aus Lübeck” 

b. und nicht einer Gruppe, die auffasst: „Lübecker Marzipan bezeichnet eine Gattung und muss nicht aus Lübeck kommen”. 

Der gute unterlegene Anwalt eines (Münchener) b-Mandanten muss auf die Grundnorm zurückgreifen, Kurzfssung oder ausführliche Fassung (5): „Verhältnisse bei pluralistischer Wirklichkeit".

Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Martin Hirsch kritisiert „das positivistische Denken [der Richterschaft] und die Neigung zu gewissen juristisch-rabulistischen Kunststücken”. 

Prof. Schweizer hat in seinen Schriften und Urteilsanmerkungen vielfach mit Beispielen belegt, dass in einzelnen Rechtsstreitigkeiten begründungslos eine Verwechslungsgefahr oder  eine Irreführungsgefahr verneint wurden, obwohl seriöse Studien eine Verwechslungsgefahr bejahten. Oder: Es wird die Bedeutung der pluralistischen Wirklichkeit für das Recht von den Richterinnen und Richtern  Rechtsuchenden nicht erklärt. 

Oder - ein anderes Beispiel, das grundsätzlich für alle unbestimmten Rechtsbegriffe steht: Die Richterinnen und Richter wissen nach einer richterlichen Argumentationsfigur, ob der „verständige” Arbeitgeber und die verständige Arbeitgeberin im zu entscheidenden Fall zu kündigen oder nur abzumahnen hatte. Meist wird nicht begründet, warum - und wenn doch: Maßgeblich sei, wie der „Durchnittsarbeitgeber” oder die „Durchschnittsarbeitgeberin” sich verhielten und die verhielten sich eben so, wie das Gericht es annimmt.  So ist es gang und gebe. Die Grundnorm erfasst diese Wirklichkeit in der kurzen und ausführlichen Fassung.

Eine Doktorarbeit erschien mit dem Titel: „Pluralistische Wirklichkeit und Verwaltungsrecht” 

Das heißt; Für das Verwaltungsrecht wurde erstmals aufgrund der Uni-Veranstaltungen und Schriften Schweizers nach allen für Doktorarbeiten geltenden Anforderungen nachgewiesen, dass auch im Verwaltungsrecht zu Begriffen wie „Verunstaltung“ das herkömmliche juristische Denken als Stenose durchstoßen werden muss. 

Weitere von Verlagen veröffentlichte LMU München-Dissertationen bilden das gleiche Bild, allesamt insbesondere basierend auch auf Schweizers Univ.-Veranstaltungen zur: „Bedeutung der pluralistischen Wirklichkeit für das Recht“ (Vorlesung „Angewandte Rechtssoziologie“; Seminar: „Rechtssoziologie“):

1. „Die demoskopische Ermittlung der Verkehrsauffassung im Rahmen des § 3 UWG“, von Thomas Walter Müller, 1987, Schriftenreihe, Hrsg. Prof. Dr. Michael Lehmann, Dipl.-Kfm.

https://www.bing.com/search?q=1.+%E2%80%9EDie+demoskopische+Ermittlung+der+Verkehrsauffassung+im+Rahmen+des+%C2%A7+3+UWG%E2%80%9C%2C+von+Thom
2. Identitätsschutz durch Gegendarstellung – Eine wirkungsbezogene Interpretation des deutschen Entgegnungsrechts, von Holger Weimann, 2001, Schriftenreihe Herausgeber Hrsg. Prof. Dr. Michael Lehmann, Dipl.-Kfm.

https://www.bing.com/search?q=Holger+Weiman+Identi%C3%A4tsschutz+durch+Gegendarstellung&form=QBLH&sp=-1&ghc=1&lq=
3. Erwähnt wurde schon: „Pluralistische Wirklichkeit und Verwaltungsrecht – Das Beispiel der baurechtlichen Verunstaltungsvorschriften“ von Christoph Parchmann, 2003, Vlg. Herbert Utz
4. Timm Theilmann „Medienwirtschaft und Kartellrecht – Der Begriff des relevanten Marktes im deutschen und europäischen Medienkartellrecht“, 2007, Schriftenreihe Hrsg. Prof. Dr. Heinrich Amadeus Wolff. https://www.google.de/search?q=Timm+Theilmann+Dissertation&hl=de&rlz=1T4HPND_deDE309DE225&ei=172yZNKdNqG

Zum Begriff des relevanten Marktes hat Robert Schweizer zum ersten Mal in den Jahren 1974 - 1976 alle großen Unternehmen einer Branche in einer Auseinandersetzug mit dem Bundeskartellamt zum Durchstoßen des herkömmlichen juristischen Denkens beraten; 

 https://www.schweizer.eu/images/Empirische_Kartellrechtsforschung.pdf

Die Evolution der Rechtsbegriffe

Es hat sich nach und nach herausgestellt:  Die meisten Rechtsbegriffe sind neu zu definieren, und zwar in dem Sinne, dass die pluralistische Wirklichkeit rechtserheblich ist. Prof. Schweizer, Die Evolution der Begriffsdefinitionen nach der Pluralität der Wirklichkeit - Das Europäische Verbraucherleitbild: Die halbe Weisheit in Festschrift für Prof. Reinhold Geimer.

Ein weiteres neues Thema, bei dem das herkömmliche juristische Denken als Stenose zu durchstoßen ist und das ebenfalls bereits in die erstmals 1996 vorgelegte Grundnorm von Robert  Schweizer einbezogen wurde: die Quote.

Und wenn die Pluralität als rechtsrelevant erkannt wird: Wer bedenkt dann, ob es 20% oder 50% der Verbraucher oder der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sein müssen. Oder im Pharma-Bereich, für wieviele Bedarfsträgerinnen und Bedarfsträger müssen Produkte eine gleichwertige Bedarfsdeckung bieten, um den relevanten Markt zu bilden?

https://www.schweizer.eu/images/Empirische_Kartellrechtsforschung.pdf

Das ist nur ein kleiner Ausschnitt zu dem, was als herkömmliches juristisches Denken zu durchstoßen war und bleibt.

Einbeziehung des Dezisionismus in die Grundnorm

Ein Beispiel für dezisionistische Probleme

https://www.schweizer.eu/images/Medien_2000.pdf

Bekannt ist, dass Rechtsgefühle, aber auch das Rechtsbewusstsein voneinander abweichen und ein Teil schon unterschiedlich angeboren ist und weitere Teile der Rechtsgefühle und des Rechtsbewusstseins sich schnell entwickeln und festigen. Gelehrt werden Rechtsgefühle und Rechtsbewusstsei nicht.

Zurück zu der bereits gestellten und teilweise beantworteten Frage: Und wie kommt der „Rechtsstab”, zu denen insbesondere auch die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte gehören täglich mit den Interessen ihrer Mandanten und vor Gericht zurecht? „Gerechtigkeit als Beruf” titelt ein Buch, das Prof. Heldrich und Prof. Schmidtchen zu einer von ihnen durchgeführten und besprochenen repräsentativen Studie durchgeführt haben.

https://www.bing.com/search?q=Heldrich%2FSchmidtchen+Gerechtigkeit+als+Beruf&form=QBLH&sp=-1&ghc=1&lq=0&pq=heldrich%2F

Die Situation in der sich Anwältinnen und Anwälte und die Allgemeinheit ebenso wie Richterinnen und Richter befinden.

Recht bekommen möchte jeder und jede der Rechtsuchenden; und das Gemeinwesen möchte Rechtsfrieden und Gerechtigkeit! Die Grundnorm von Robert Schweizer bezieht diese Situation mit ein.

Liste des Max Planck Instituts

Die Liste des Max Planck Instituts zum Suchwort „Grundnorm im Recht" umfasst 79 Titel. An der Alleinstellung der von mir (Andrea Schweizer)  vorgestellten „Grundnorm" ändert diese Auflistung nichts. 

Ergebnisliste zum Suchwort "Grundnorm im Recht" (Max Planck Institut)

Ausführliche Formulierung der Grundnorm

Jedenfalls ausführlich formuliert wurde in Wissenschaft und Praxis die Grundnorm - bis auf die hier besprochene Fassung - noch nie. Robert Schweizer hat darauf bereits in der ersten Publikation der Grundnorm hingewiesen. 

Entstehung der Grundnorm zum besseren Verständnis

Robert Schweizer hat auf der Basis täglicher Praxis als Rechtsanwalt eine Grundnorm ermittelt. Wie erwähnt: Grundnorm als Erkenntnisfunktion am Beginn einer Kausalkette zur Geltungsbegründung von Normen. Erstmals veröffentlicht wurde die Grundnorm von Robert Schweizer im Jahre 1976. Eine Änderung war seitdem nicht veranlasst.  

Medien-Praxis für Recht und Ethik als eine Basis der Grundnorm

Robert Schweizers Praxis - hier unvollständig dargestellt: Seit 1986 25 Jahre assoziiert allein zuständig für den Vorstandsbereich Recht (umfassend einschließlich Gerichtsverfahren) im sechsköpfigen Vorstand eines international tätigen großen Medienkonzerns. Rund 500 Medienmarken in 14 Ländern, 10.500 Mitarbeiter. Seit Mitte der 1990er-Jahre Vorreiterrolle bei der Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle. 

Daneben war und ist der Verfasser der Grundnorm in der „Kanzlei Prof. Schweizer" immer noch für weitere Verlage und weitere Mandanten beratend und vertretend tätig. Die Alleingeschäftsführung wurde 2016 gewechselt. 

Speziell: Erfahrungen in der empirischen Forschung als eine weitere Basis der Grundnorm

Robert Schweizers Praxis in der Markt- und Sozialforschung zur Ermittlung einer Grundnorm und zur Prüfung einer (bislang nicht erforderlichen) Änderung: 

Von 1971 - 1974 alleinverantwortlich für Finanzen/Verwaltung/Recht in der Geschäftsleitung von Infratest, einem in Deutschland und darüber hinaus führenden Markt- und Sozialforschungsunternehmen. Ab 1972 auf Seiten der privatrechtlich verfassten Markt- und Sozialforschung allein juristisch veranwortlich insbesondere für die Schaffung des ersten Bundesdatenschutzgesetzes, geballt mit Methodenfragen von existentieller Bedeutung für die Forschung, wie „Schriftform der Einwilligung der Befragten" und „informierter Einwilligung der Befragten”.

Nach 1974 bis heute (Stand 2023) tätig als Rechtsanwalt weiterhin für Infratest sowie Nachfolgegesellschaften und für weitere  Markt- und Sozialforschungsgesellschaften sowie umfassend bis heute für die beiden großen Verbände der privatrechtlich verfassten Markt- und Sozialforschung mit Aufbau der rechtlichen und ethischen Standesordnung der privatrechtlich verfassten Markt- und Sozialforschung. Die gesamte Entstehung wurde ausnahmslos monatlich in Fachzeitschriften für die Markt- und Sozialforschung sowie in rechtlichen Fachzeitschriften von Robert Schweizer und neuerdings auch von Tochter Andrea Schweizer publiziert. Vollständig sind mehr als 100 Artikel in der Festschrift für Schweizer allein zum Entstehen der (rechtlichen und ethischen) Standesordnung von Anfang an, 1976, bis 1989 aufgeführt. Diese und weitere Berichte zur Standesordnung sind im Volltext wiedergegeben in den Publikationen der Kanzlei Prof. Schweizer. 

https://www.schweizer.eu/kanzlei/publikationen

Die, wie erwähnt, meist im Volltext bereits vorhandenen zahlreichen Artikel und Entscheidungsberichte zur Entstehungsgeschichte der Standesordnung werden noch geordnet zusammengestellt. 

 Die Professur an der LMU München   

Die Bedeutung der pluralistischen Wirklichkeit für das Recht ist neben weiterer Praxis auch Thema der Hon.-Professur Prof. Schweizers für (Angewandte und Theoretische) Rechtssoziologie an der LMU München: seit 1994, bis dahin seit 1978 Lehrbeauftragter für Rechtstatsachenforschung an der LMU. Hervorgegangen sind aus den Universitätsveranstaltungen und aus mit der Professur verbundenen Publikationen, mehrere in Verlagen veröffentlichte, wertvolle LMU-Doktorarbeiten zum Thema der Bedeutung der pluralistischen Wirklichkeit für das Recht.

Die Grundnorm von Robert Schweizer geht, wie oben bereits erwähnt, den Weg zwischen Rechtspositivismus und Naturrecht für rechtliche und ethische Normen hindurch.   

Martin Hirsch: Das gegenwärtige „positivistische Denken und die Neigung zu gewissen juristisch-rabulistischen Kunststücken” 

Der frühere Bundesverfassungsrichter und frühere Bundesinnenminister Martin Hirsch hat zum Ende seiner Zeit am BVerfG in einem Spiegel-Gespräch erklärt, 24.5.1981:

„Die Richter in der Weimarer Republik wollten ihren Kaiser Wilhelm wiederhaben und standen der Republik feindlich gegenüber. Dies alles gilt heute nicht mehr. Kaiser Wilhelm will niemand wiederhaben, und Hitler wünscht sich auch keiner zurück. Aber in ihrer konservativen Grundhaltung, in ihrem positivistischen Denken und in ihrer Neigung zu gewissen juristisch-rabulistischen Kunststücken hat sich nur wenig geändert, ein bißchen vielleicht, aber noch nicht genügend.“

Was Martin Hirsch im Interview erklärte, war und ist verallgemeinernd zu verstehen. Die nachfolgenden, alltäglichen Beispiele geben Martin Hirsch Recht. Die von mir vorgestellte Grundnorm soll dazu beitragen, dieses positivistische Denken und eine Neigung zu gewissen juristisch-rabulistischen Kunststücken zu überdenken.

Beispiele für die Interview-Äußerung Martin Hirschs: „Europäisches Verbraucherleitbild"

So wird heute in selten geradezu einstimmiger Meinung in unterschiedlichen Varianten ein "europäisches Verbraucherleitbild" vertreten. Wie etwa zur Frage der Verwechslungsgefahr zwischen zwei Marken zur Anwendung des Begriffes „Verkehrsauffassung”. Das europäische Verbraucherleitbild besagt:

„Abzustellen ist darauf, wie ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher diese Angabe wahrscheinlich auffassen wird.”

Diese Definition wird in geehrten wissenschaftlichen Schriften sogar noch übertroffen. Robert Schweizer hat in einer Festschrift eine solche weitere Steigerung besprochen.

Beispiel „normative Verkehrsauffassung“ und „Ist-Verkehrsauffassung"

Der frühere Bundesverfassungsrichter Martin Hirsch würde wohl zustimmend nicken, wenn er Beispiele mit seitenlangen Ausführungen zur Verwechslungsgefahr in einem Markenrechtsstreit vorgelegt bekäme. Zustimmend nicken auf die Frage, „Ist mit positivistischem Denken und der Neigung zu gewissen juristisch-rabulistischen Kunststücken dies gemeint?” Wir haben öfters über seitenlange Urteile auf Basis des europäischen Verbraucherleitbilds mit der „normativen Verkehrsauffassung” an Stelle der „Ist-Verkehrsauffassung" und empirischer Ermittlung des Sachverhalts berichtet, vgl. Suchfunktion unserer Webseite. 

Einige Dissertationen beispielsweise äußern sich klar, ausführlich, instruktiv und mit Beispielen zum Problem der „normativen Verkehrsauffassung”. So etwa Weimann, Identitätsschutz durch Gegendarstellung, auf Seiten 23 ff. Er zitiert aus einem Urteil des LG Hamburg: „ ... Zugrundezulegen bei dieser im Einzelfall schwierigen Abgrenzung  ist die Sichtweise eines durchschnittlichen Empfängers der Äußerung, nicht etwa, wie die Klägerin meint, die Sichtweise eines erheblichen Teiles der Leserschaft. Die hier maßgebliche Sichtweise des Durchschnittslesers ist kein konkretes Geschehnis, das dem Beweise zugänglich wäre."

Holger Weimann kommentiert einprägend - Martin Hirschs Kritik zu: ”gewisse juristisch-rabulistische Kunststücke” bestätigend und in Kenntnis der Lehre Prof. Schweizers zur Bedeutung der pluralistischen Wirklichkeit für das Recht einschließlich der hier vorgelegten Grundnorm:  „Die Aussage ist paradox. Wenn es auf das Verständnis des Empfängers ankommt, dann geht es zwangsläufig um Tatsachen. Wer also zur Beantwortung einer Rechtsfrage auf das Verständnis bestimmbarer Personen abstellt, der erweitert den Sachverhalt um diese Auffassung. Was aber Teil des Sachverhalts ist, kann nicht Rechtsfrage sein."

Eine Fortsetzung zum Dezisionismus von 21.340 Richtern und anderen Entscheidern

Neueste Zahl, Bekanntgabe Mai 2023: Zum Stichtag 31. Dezember 2018 gab es in Deutschland insgesamt etwa 21.340 Berufsrichter. Robert Schweizer hat vielfach beschrieben, begründet und gelehrt, dass jeweils Richter untereinender und jeweils die Bevölkerung und andere Verkehrskreise untereinender unterschiedlich auffassen - eine juristisch-rabulistische Vorgabe für die Rechtsanwendung. Vgl. zum Beispiel: 

Robert Schweizer, Die Bedeutung der pluralistischen Wirklichkeit für das Recht in Festschrift für Hans Jürgen Sonnenberger

Ein weiteres Beispiel mit recht vielen Fällen zur Einschränkung der Pressefreiheit durch Dezisionismus - in erweiterter Fassung ein Vortrag auf dem Journalistinnen und Journalistentagentag von verdi, wie meist auch mit Stellungnahmen von Richterinnen und Richtern:

Robert Schweizer, Einschränkung des gesellschaftlichen Auftrages der Medien durch die Rechtsprechung - Ein Beispiel zur Krise des Rechts durch Dezisionismus -

Repräsentative Umfragen von EuGH und BGH als Beweismittel anerkannt

Gerade auch wegen der juristisch-rabulistischen Vorlagen gewinnt die Rechtsprechung des  EuGH und des BGH sowie anderer Gerichte besondere Bedeutung dafür, dass repräsentative Umfragen als Beweismittel anzuerkennen sind. In der Tat wird in der Praxis von erfahreren Instituten seit Jahrzehnten auch repräsentativ durch Befragen der rechtserhebliche Sachverhalt empirisch ermittelt. Man braucht kein Hellseher zu sein, um zu wissen, dass die Künstliche Intelligenz dazu beitragen wird, repräsentative Daten noch schneller und preisgünstiger empirisch zu ermitteln. Allerdings, um ein Missverständnis zu verhindern: In den aktuellen Modellen der KI ist  kein Bewusstsein vorhanden (Interview der F.A.Z. mit KI-Forschern, Ausgabe vom 9.6.2023). Empirisch gemessen können jedoch vorhandene Vorstellungen als Tatsache. 

Ergebnis

Nach alledem bedarf es erst recht einer Grundnorm. 

Annex: Publikationen zur Rechtserheblichkeit der pluralistischen Wirklichkeit - insbesondere auch für die Rechtspraxis.

Die nachfolgenden Publikationen belegen, dass in vielen, wenn nicht den meisten Rechtsbereichen in der Überzahl Begriffe verlangen, die pluralistische Wirklichkeit als rechtserheblich zu ermitteln.

1.        Prof. Dr. Robert Schweizer, Die Entdeckung der pluralistischen Wirklichkeit – Durchschnittsleser, Presserecht, Verständiger Verbraucher, Wettbewerbsrecht, Wertvorstellungen, Grundnorm, VISTAS, Berlin, 1995 (3. Auflage 2000): https://books.google.de/books?id=KlTCZI5aq20C&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false

2.        Das Verkehrsauffassungs-Recht: https://www.schweizer.eu/leistungen/beratungsfelder/verkehrsauffassungs-recht

3.        Prof. Dr. Robert Schweizer, Helmut Quitt, Rechtstatsachenermittlung durch Befragen, Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln 1985: https://www.schweizer.eu/images/rechtstatsachenermittlung_schweizer_quitt.pdf

4.        Prof. Dr. Robert Schweizer, Die Bedeutung der pluralistischen Wirklichkeit für das Recht, in Festschrift für Prof. Dr. Dres. h.c. Hans Jürgen Sonnenberger, Verlag C.H. Beck, 2004, S. 885 - 898: https://www.schweizer.eu/images/Die_Bedeutung_der_pluralistischen_Wirklichkeit_in Festschrift Sonnenberger.pdf

5.        Prof. Dr. Robert Schweizer, Die Evolution der Begriffsdefinitionen nach der Pluralität der Wirklichkeit – Das Europäische Verbraucherleitbild: Die halbe Weisheit – in Festschrift für Prof. Dr. Dr. Reinhold Geimer, Verlag C.H. Beck, 2002, S. 1073-1096. https://www.schweizer.eu/images/Die_Evolution_in_Geimer.pdf

6.        Prof. Dr. Robert Schweizer, Compliance in einer wachsenden Krise des Rechts und der Ethik, in Liber Amicorum für Prof. Carl-Eugen Eberle. Nomos, 2012, S. 259 - 280. https://www.schweizer.eu/images/publikationen/nomos_2012_compliance_wachsende_krise.pdf

7.        Prof. Dr. Robert Schweizer, Die "normative Verkehrsauffassung" - ein doppeltes Missverständnis; - Konsequenzen für das Leitbild des "durchschnittlich informierten, verständigen und aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers, GRUR, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht 2000, S. 923 ff. https://www.schweizer.eu/images/Doppeltes_Missverst%C3%A4ndnis.pdf

8.        Prof. Dr. Robert Schweizer, Selbstkontrolle der Printmedien, in Festschrift für Prof. Günter Herrmann, Nomos, 2002, S. 121-179.https://www.schweizer.eu/images/Selbstkontrolle_der_Printmedien.pdf

9.      Prof. Dr. Robert Schweizer, Empirische Kartellrechtsforschung, in Wettbewerb in Recht und Praxis, WRP 1975, 408 – 416: https://www.schweizer.eu/images/Empirische_Kartellrechtsforschung.pdf

10.      Prof. Dr. Robert Schweizer, Empirische Rechtsforschung, Jahrbuch der Absatz- und Verbrauchsforschung, 1976, 386 – 421: https://www.schweizer.eu/images/Empirische_Rechtsforschung.pdf

11.      Prof. Dr. Robert Schweizer, Demoskopie in der Rechtspraxis, Interview BVM inbrief 2002: https://www.schweizer.eu/images/inbrief_Demoskopie_in_der_Rechtspraxis.pdf

12.      Prof. Dr. Robert Schweizer, Rechtliche und ethische Rahmenbedingungen der Umfrageforschung, in 50 Jahre nach Weinheim Nomos 2002, Seiten 113-234: https://www.schweizer.eu/images/schweizer-rahmenbedingungen_der_umfrageforschung.pdf

13.      Prof. Dr. Robert Schweizer, Die befragungstechnischen Fehlerquellen vollständig in 43 Paragraphen in DER SYNDIKUS, 3. bis 5. Ausgabe. https://www.schweizer.eu/images/Befragungs-_und_Formulierungstechnik.pdf

14.      Prof. Dr. Robert Schweizer, Medien 2000 – Gesellschaftlicher Auftrag oder Auftrag der Gesellschafter, : https://www.schweizer.eu/images/Medien_2000.pdf

15. Von Verlagen veröffentlichte LMU München-Dissertationen insbesondere basierend auch auf Schweizers Univ.-Veranstaltungen zur: „Bedeutung der pluralistischen Wirklichkeit für das Recht“ (Vorlesung „Angewandte Rechtssoziologie“; Seminar: „Rechtssoziologie“):

  • „Die demoskopische Ermittlung der Verkehrsauffassung im Rahmen des § 3 UWG“, von Thomas Walter Müller, 1987, Schriftenreihe, Hrsg. Prof. Dr. Michael Lehmann, Dipl.-Kfm.
  • Identitätsschutz durch Gegendarstellung – Eine wirkungsbezogene Interpretation des deutschen Entgegnungsrechts, von Holger Weimann, 2001, Schriftenreihe Herausgeber Hrsg. Prof. Dr. Michael Lehmann, Dipl.-Kfm.
  • „Pluralistische Wirklichkeit und Verwaltungsrecht – Das Beispiel der baurechtlichen Verunstaltungsvorschriften“ von Christoph Parchmann, 2003, Vlg. Herbert Utz
  • „Medienwirtschaft und Kartellrecht – Der Begriff des relevanten Marktes im deutschen und europäischen Medienkartellrecht“, 2007, Schriftenreihe Hrsg. Prof. Dr. Heinrich Amadeus Wolff

16.  Weit mehr als hundert Anmerkungen zu Gerichtsurteilen mit markenrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen, meist unbestimmten Rechtsbegriffen, - einerseits mit oder aber andererseits meist unterlassener Berücksichtigung der pluralistischen Wirklichkeit. Auffindbar mit der Suchfunktion der Website der Kanzlei Prof. Schweizer, digitalisiert und seit dem Jahre 2002 regelmäßig übernommen durch die Fachzeitschrift Titelschutz-Journal mit spezieller Zielgruppe: im Marken-. Medien-, Urheber- sowie im IT-Recht Tätige.

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
zertifizierte Datenschutzauditorin (DSA-TÜV)
zertifizierte Datenschutzbeauftragte (DSB-TÜV)
Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

TELEFON:

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