EuGH, Urteil vom 10.07.2019- C-649/17. Eine Online-Plattform wie Amazon ist nicht verpflichtet, dem Verbraucher vor Vertragsabschluss stets eine Telefonnummer zur Verfügung zu stellen. Sie muss dem Verbraucher lediglich ein geeignetes Kommunikationsmittel bereitstellen, über das er mit ihr schnell in Kontakt treten und effizient kommunizieren kann. Der EuGH hat mit diesem Urteil die deutsche Regelung zu den Informationspflichten eines Unternehmers für rechtswidrig erklärt.

Der Fall
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände (vzbv) verklagte Amazon vor den deutschen Gerichten mit dem Ziel, feststellen zu lassen, dass das Unternehmen gegen seine gesetzliche Verpflichtung verstößt, dem Verbraucher effiziente Mittel zur Kontaktaufnahme zur Verfügung zu stellen, weil es die Verbraucher nicht in klarer und verständlicher Weise über seine Telefonnummer und seine Telefaxnummer informiere. Der Rückrufservice von Amazon erfülle die Informationspflichten nicht, da für den Verbraucher eine Vielzahl von Schritten erforderlich ist, um mit einem Ansprechpartner des Unternehmens in Kontakt zu treten.
Der BGH hat beim EuGH angefragt, ob die EU-Richtlinie über die Rechte der Verbraucher der deutschen Regelung entgegensteht.
Begründung
Der EuGH meint, eine unbedingte Verpflichtung des Unternehmers, dem Verbraucher stets eine Telefonnummer zur Verfügung zu stellen oder gar einen Telefonanschluss, Faxanschluss oder ein E-Mail-Konto neu einzurichten, damit die Verbraucher mit ihm in Kontakt treten können, sei unverhältnismäßig. Der Umstand, dass eine Telefonnummer erst nach einer Reihe von Klicks auf der Internetseite verfügbar ist, bedeutet nicht, dass die zur Übermittlung der Information an den Verbraucher verwendete Art und Weise nicht klar und verständlich ist.
Anmerkung
Haben Sie schon einmal versucht, einen Fehler bei Google zu korrigieren? Dann verstehen Sie, was „Buchbinder Wanninger-Politik” ist. Nach dem, was der Verf. dieser Zeilen weiß, muss es unzählig viele Beispiele geben. Google zielt anscheinend darauf ab, zwar nach außen hin einen ungewöhnlich guten Eindruck zu vermitteln, aber in Wirklichkeit darauf, dass der Beschwerdeführer aufgibt. Wenn Sie diese Erfahrung gemacht haben und sich diesen Sketch mit Buchbinder Wanninger anhören, werden Sie mitfühlen und getröstet.
Der EuGH hat nicht die Politik von Google beurteilt, sondern die von Amazon und ist offenbar nicht von Erfahrungen mit Google geprägt.
Wikipedia erklärt sehr gut zu „Wanninger”:
Buchbinder Wanninger ist ein Sketch des Münchner Komikers Karl Valentin. In der Szene, die auch in einer Schallplattenaufnahme vorliegt, versucht der Buchbinder Wanninger vergeblich, telefonisch bei seinem Auftraggeber in Erfahrung zu bringen, ob er die Rechnung für die von ihm fertiggestellten Bücher der Lieferung gleich beilegen soll, wird dabei aber nur von einem zum anderen Ansprechpartner innerhalb der auftraggebenden Firma weiterverbunden, ohne die erhoffte Information zu erhalten. Der Versuch des Buchbinders endet mit der geknurrten Aussage des verzweifelten Buchbinders „Saubande, dreckade!“