Oberlandesgericht München, Urteil vom 14.2.2019, Az. 6 U 2188/18, es kann jedoch beim Bundesgerichtshof Revision eingereicht werden. Das OLG hat nämlich die Revision zugelassen, weil über die maßgeblichen Vorschrift im Gaststättengesetz noch nicht höchstrichterlich entschieden worden ist. Das ist die Frage, ob ein Brötchen eine zubereitete Speise ist. Nun aber von vorne:

Die Verkäufe von unbelegten Brötchen und Broten begründen nach Auffassung des OLG keinen Verstoß gegen die Regelungen des Ladenschlussgesetzes (§§ 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 12 LadSchlG) und der Sonntagsverkaufsverordnung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SonntVerkV), weil sie - so das OLG - nach dem Gaststättengesetz (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 GastG) erlaubt sind.

§ 7 Abs. 2 bestimmt:
(2) Der Schank- oder Speisewirt darf außerhalb der Sperrzeit zum alsbaldigen Verzehr oder Verbrauch
1.
Getränke und zubereitete Speisen, die er in seinem Betrieb verabreicht,
2.
Flaschenbier, alkoholfreie Getränke, Tabak- und Süßwaren
an jedermann über die Straße abgeben.

Diese Bestimmung ist erfüllt, so das Gericht, „weil in den Filialen Sitzgelegenheiten vorhanden sind, an denen die Kunden vor Ort Speisen und Getränke zu sich nehmen können. Es handelt sich um sog. Mischbetriebe aus Ladengeschäft und Cafébetrieb, wobei es nicht darauf ankommt, welcher Teil überwiegt. Ausreichend ist, dass die Bewirtungsangebote mit Sitzgelegenheiten in Bäckereibetrieben mit angeschlossenen Cafés auch tatsächlich genutzt werden.”
Die weiteren Voraussetzungen für die Ausnahmeregelung des Gaststättengesetzes bejahte der entscheidende Senat. „Insbesondere könne sich der Kläger [Wettbewerbszentrale] nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es sich bei den an der Verkaufstheke verkauften Backwaren nicht um „zubereitete Speisen" i.S.d. Gaststättengesetzes handelt. Der Senat meint dazu:
Bei den von der Bäckerei hergestellten Brote und Brötchen handele es sich um verzehrfertige Nahrungsmittel, deren Rohstoffe durch den Backvorgang zum Genuss verändert worden seien. Die Brote und Brötchen würden auch im jeweiligen Betrieb der Beklagten verabreicht. Es entspreche der Lebenserfahrung, dass die Gäste eines Cafés mit angeschlossener Bäckerei dort auch unbelegte Brötchen und/oder Brot und sonstige Backwaren bestellen können, etwa im Rahmen eines Frühstücks. Solange es sich bei dem Straßenverkauf nicht um größere Mengen handle, sei davon auszugehen, dass die verkaufte Ware auch zum alsbaldigen Verzehr bzw. Verbrauch bestimmt sei.
Anmerkung
1.
Bei anderen Themen wird in der Rechtsprechung darauf abgestellt, wovon die Tätigkeit „geprägt” wird. Für denjenigen der am Wochenende zum Bäcker geht, ist klar: Geprägt ist der Betrieb am Wochenende durch den Verkauf von Backwaren (was der Verf. dieser Zeilen sehr gerne nutzt).
2.
Bei dieser Entscheidung offenbaren sich wieder einmal klar Schwächen der Gesetzgebung. Hat der Gesetzgeber daran gedacht, dass mit seiner Gesetzesformulierung ein derart weitreichendes Thema entschieden wird? Wenn ja, dann hätte dies der Gesetzgeber dem Gewicht des Themas entsprechend im Sinne des rechtsstaatlichen Grundsatzes der Rechtssicherheit zum Ausdruck bringen müssen. Wenn nein, dann sollte in einem Rechtsstaat nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung bei einer grundlegend wichtigen Frage möglichst nicht der Justiz die politische Entscheidung überlassen werden. Das Problem ist vielfach bekannt; oft unter dem Schlagwort „Richterrecht”. Für das Arbeitsrecht wird darüber geklagt, dass der Justiz zu viele politische Entscheidungen übertragen werden. Sicher, der Gesetzgeber kann selbstverständlich nicht alle Probleme vorhersehen und ausdiskutieren. Schon gar nicht die unzählig vielen Probleme, welche in die juristischen Generalklauseln wie Treu und Glauben und gute Sitten gepackt werden. Prof. Andreas Heldrich, damals Rektor der LMU München, hat in seinem Vorwort zur Festschrift Schweizer geschrieben: „Jedenfalls ist das unbeirrbare Streben nach einer größeren Objektivierung der richterlichen Entscheidungsfindung ein wichtiges Anliegen."