Bundesgerichtshof Urteil vom 17.10.2019, Az. I ZR 44/19. Die im Café verabreichten Brötchen und Brote dürfen nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 des Gaststättengesetzes außerhalb der gaststättenrechtlichen Sperrzeiten und ohne Bindung an die gesetzlichen Bestimmungen über den Ladenschluss im Straßenverkauf abgegeben werden.

Nach der vom OLG München rechtsfehlerfrei festgestellten Verkehrsanschauung handelt es sich bei Brötchen und Broten um zubereitete Speisen, also um - durch den Backvorgang - essfertig gemachte Lebensmittel. Dass in der Bäckerei das Brot im Café in geschnittener Form angeboten wird, im Straßenverkauf aber ganze Brotlaibe veräußert werden, und die Gäste des Cafés die Brötchen und die Brotscheiben selbst bestreichen oder belegen, ändert an dieser Beurteilung nichts.

Da die Zulässigkeit eines Straßenverkaufs nicht voraussetzt, dass die Speisen in der Gaststätte zubereitet worden sind, kommt es ferner nicht darauf an, wo die Brötchen und Brote gebacken wurden. Eine zulässige Abgabe zum alsbaldigen Verzehr liegt zwar nur vor, wenn der Betreiber der Gaststätte annehmen darf, dass die abgegebenen Waren im Wesentlichen zum sofortigen Verbrauch erworben werden. Davon darf die Bäckerei aber im Blick auf Art und Menge der abgegebenen Backwaren ausgehen.

Anmerkung

Dieses Urteil wird den meisten Verbrauchern Recht sein, auch der Verfasserin dieser Zeilen. Aber, es handelt sich wohl doch anschaulich um ein Beispiel für richterlichen Dezisionismus. Wenn die Richter ein gegenteiliges Ergebnis bevorzugt hätten:

Hätten sie dann nicht - wie oft bei anderen Rechtsthemen - geurteilt, maßgeblich sei in einem solchen Falle, was prägt. Prägend sei jedoch: Wer beim Bäcker einkauft, besucht keine keine Gaststätte. Deshalb dürfe sich der Bäcker oder sonstwer nicht auf das Gaststättengesetz berufen. Siehe zum „Dezisionismus” in unserer Suchfunktion: „Dezisionismus”. Kurz zu ihm:

Ein Richter hat schon vor Jahrzehnten in der Deutschen Richterzeitung (DRiZ) berichtet: „Nur in der Begründung wird so getan, als sei das Ergebnis aus dem Gesetz abgeleitet worden.” Als Richter am OLG München hat einmal ein erfahrener und anerkannter Jurist in der bekanntesten juristischen Fachzeitschrift „Neue Juristische Wochenschrift" (NJW) erläutert: „Ach der Richter ist so frei!”. - Rechtsstaatlich besteht das Problem in der Gewaltenteilung. Die Rechtsprechung (Judikative) darf sich nicht an die Stelle der Gesetzgebung (Legislative) stellen, jedenfalls im Prinzip nicht.

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
zertifizierte Datenschutzauditorin (DSA-TÜV)
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Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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