Rüge in der letzten Sitzung des Deutschen Presserats vom 6. bis 8. September, Hervorhebungen von uns.

Die SÄCHSISCHE ZEITUNG wurde für ein Interview mit den Inhabern einer lokalen IT-Firma unter der Überschrift „‚In anderthalb Stunden 10.000 Euro abgeräumt‘“ gerügt. Die Interviewten bekamen dabei die Gelegenheit, ihre Leistungen und deren Preise ausführlich darzustellen, ohne dass hierfür ein hinreichender Anlass oder ein erkennbares Alleinstellungsmerkmal bestanden hätte, welche die porträtierte Firma von anderen, lokalen Anbietern nachvollziehbar herausgehoben hätte. Die Berichterstattung ging daher in dieser Form über das öffentliche Interesse hinaus und überschritt damit deutlich die Grenze zur Schleichwerbung nach Ziffer 7, Richtlinie 7.2 des Pressekodex.

Anmerkungen, Hervorhebungen von uns

Ziff. 7 im Wortlaut

Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden. Verleger und Redakteure wehren derartige Versuche ab und achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken. Bei Veröffentlichungen, die ein Eigeninteresse des Verlages betreffen, muss dieses erkennbar sein.

 

Richtlinie 7.1 – Trennung von redaktionellem Text und Anzeigen
Bezahlte Veröffentlichungen müssen so gestaltet sein, dass sie als Werbung für den Leser erkennbar sind. Die Abgrenzung vom redaktionellen Teil kann durch Kennzeichnung und/oder Gestaltung erfolgen. Im Übrigen gelten die werberechtlichen Regelungen.

Richtlinie 7.2 – Schleichwerbung
Redaktionelle Veröffentlichungen, die auf Unternehmen, ihre Erzeugnisse, Leistungen oder Veranstaltungen hinweisen, dürfen nicht die Grenze zur Schleichwerbung überschreiten. Eine Überschreitung liegt insbesondere nahe, wenn die Veröffentlichung über ein begründetes öffentliches Interesse oder das Informationsinteresse der Leser hinausgeht oder von dritter Seite bezahlt bzw. durch geldwerte Vorteile belohnt wird.

Die Glaubwürdigkeit der Presse als Informationsquelle gebietet besondere Sorgfalt beim Umgang mit PR-Material.

Der Unterschied zwischen Rechts- und ethischen Normen

Rechts- und ethische Normen können übereinstimmen. Sie können jedoch auch voneinander abweichen. Der Presserat und der von ihm erlassene Pressekodex mit seinen Richtlinien zu jeder Kodex-Ziffer baut lediglich auf ethischen Bestimmungen auf. Der Presserat ist kein Gesetzgeber. Der Presserat ist kein Gericht.

Eine Besonderheit, die sich nicht von selbst versteht: Der deutsche Pressekodex schließt in seiner Präambel ausdrücklich Rechtsnormen in folgendem Rahmen als ethische Normen mit ein. Diese Regelung wurde erst im Laufe einer Überarbeitung des Pressekodex in den Pressekodex aufgenommen:

„Die publizistischen Grundsätze konkretisieren die Berufsethik der Presse. Sie umfasst die Pflicht, im Rahmen der Verfassung und der verfassungskonformen Gesetze das Ansehen der Presse zu wahren und für die Freiheit der Presse einzustehen.” 

Auf Wunsch erläutern wir gerne die Entstehungsgeschichte dieser Verknüpfung von Ethik und Recht. Unser Senior war an dieser Geschichte als Mitglied des Deutschen Presserats unmittelbar beteiligt.

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
zertifizierte Datenschutzauditorin (DSA-TÜV)
zertifizierte Datenschutzbeauftragte (DSB-TÜV)
Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

TELEFON:

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E-MAIL:

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