Landessozialgericht Hessen, Urteil vom 28.03.2023, Az. - L 8 BA 52/19 - Pressemitteilung des Landessozialgerichts Darmstadt sozialgerichtsbarkeit.hessen.de 

Leitsatz mit den Worten des Landessozialgerichts Darmstadt

Die redaktionelle Tätigkeit eines Journalisten kann sowohl im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung wie auch als Selbstständiger ausgeübt werden. Bei der Feststellung des sozial­­versicherungsrechtlichen Status ist auch die grundrechtlich geschützte Pressefreiheit zu berücksichtigen. Dies entschied das Landessozialgericht Hessen.

Aus der Pressemitteilung

„Aufgrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben könne ein grundsätzlicher Bedarf an Beschäftigung in freier Mitarbeit insbesondere bei redaktionell verantwortlichen Mitarbeitern bestehen. Hierzu gehörten insbesondere die Mitarbeiter, „die in nicht unwesentlichem Umfang am Inhalt des redaktionellen Teils der Zeitung gestaltend mitwirken“.

Bei einem Chefredakteur könne eine abhängige Beschäftigung vorliegen. So sei es auch bei dem Journalisten vor der Änderung seiner Tätigkeit gewesen, als er noch für mehrere Verlagsprodukte zuständig und überwiegend in den Geschäftsräumen des Verlags tätig gewesen sei.

Mit der vertraglichen Änderung sei der Journalist jedoch nicht mehr als Chefredakteur tätig gewesen. Vielmehr sei er seither lediglich für die Erstellung redaktioneller Beiträge für ein 6-mal jährlich erscheinendes Magazin zuständig und arbeite überwiegend außerhalb der Redaktionsräume des Verlags. Die Vergütung richte sich auch nicht nach einem festen Stundenlohn. Vielmehr habe man eine Pauschale vereinbart. Reisekosten seien zudem nicht vergütet worden. Schließlich sei der Journalist weitgehend weisungsfrei tätig und nur in dem Umfang in die Betriebsabläufe des Verlags eingegliedert gewesen, „wie dem für die Nutzung der von ihm gelieferten Beiträge zur Zeitschrift zwingend erforderlich war.

Anmerkungen

Die Revision wurde nicht zgelassen. 

Zur Vorgeschichte führt die Pressemitteilung des Landessozialgerichts aus:

Nachdem ein 1967 geborener Journalist aus Frankfurt am Main mehrere Jahre als Chefredakteur bei einem Verlag angestellt war, schloss er mit diesem einen Vertrag über eine „Anstellung als freier Mitarbeiter“. Er sollte als freier Redakteur bei der Erstellung eines 6-mal jährlich erscheinenden Magazins mitwirken. Als monatliches Honorar wurden 2.800 Euro vereinbart.

Der in Frankfurt ansässige Verlag beantragte eine Statusfeststellung. Der Journalist sei nunmehr selbstständig tätig.

Die Deutsche Rentenversicherung entschied hingegen, dass weiterhin ein abhängiges sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliege.

Die hiergegen von dem Verlag und dem Journalisten erhobenen Klagen wies das Sozialgericht ab. Für eine abhängige Beschäftigung sprächen insbesondere das fehlende unternehmerische Risiko und die Honorarvereinbarung. Zudem habe der Journalist nur hinsichtlich des Inhalts der Magazinbeiträge einen Freiraum gehabt.

Auswirkung auf weitere Fallgruppen

Die Entscheidung kann sich bedeutend auf die Markt- und Sozialforschungsinstitute auswirken, für welche einschließlich für deren Interviewer, die bei der Realisierung von Studien mitwirken, die Forschungsgarantie des Grundgesetzes gilt. Die Presse und ihre Journalisten mit ihrem Recht auf Pressefreiheit unterscheiden sich grundrechtlich nicht von der Forschung und den Interviewern mit ihrer Forschungsgarantie.

Das Urteil wird unter www.lareda.hessenrecht.hessen.de ins Internet eingestellt.

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
zertifizierte Datenschutzauditorin (DSA-TÜV)
zertifizierte Datenschutzbeauftragte (DSB-TÜV)
Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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