Bundesgerichtshof Urteil von heute, 20.4.2023, Az. I ZR 113/22. Anmerkung - von grundsätzlicher Bedeutung: AGB-Gesetz zur rechtlichen Inhaltskontrolle lässt sich nicht mit gesondertem Vertragsdokument umgehen.

Leitsatz, mit den Worten des Gerichts

Nach dem Inhalt der getroffenen Abreden zur Reservierung handelt es sich nicht um eine eigenständige Vereinbarung, sondern um eine den Maklervertrag ergänzende Regelung. Dass der Reservierungsvertrag in Form eines gesonderten Vertragsdokuments geschlossen wurde und später als der Maklervertrag zustande kam, steht dem nicht entgegen.

Rechtliche Begründung der Rechtsunwirksamkeit der Reservierungsgebühr

„Der Reservierungsvertrag benachteiligt die Maklerkunden im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unangemessen und ist daher unwirksam, weil die Rückzahlung der Reservierungsgebühr ausnahmslos ausgeschlossen ist und sich aus dem Reservierungsvertrag weder für die Kunden nennenswerte Vorteile ergeben noch seitens des Immobilienmaklers eine geldwerte Gegenleistung zu erbringen ist. Außerdem kommt der Reservierungsvertrag der Vereinbarung einer erfolgsunabhängigen Provision zugunsten des Maklers gleich. Das widerspricht dem Leitbild der gesetzlichen Regelung des Maklervertrags, wonach eine Provision nur geschuldet ist, wenn die Maklertätigkeit zum Erfolg geführt hat."

Anmerkungen zum Fall

Die Kläger beabsichtigten den Kauf eines von der Beklagten als Immobilienmaklerin nachgewiesenen Grundstücks mit Einfamilienhaus. Die Parteien schlossen einen Maklervertrag und im Nachgang dazu einen Reservierungsvertrag, mit dem sich die Beklagte verpflichtete, das Grundstück gegen Zahlung einer Reservierungsgebühr bis zu einem festgelegten Datum exklusiv für die Kläger vorzuhalten. Die Kläger nahmen vom Kauf Abstand und verlangten von der Beklagten die Rückzahlung der Reservierungsgebühr.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der [Rückzahlung verlangenden] Kläger zurückgewiesen. Der Reservierungsvertrag sei wirksam. Er stelle eine eigenständige Vereinbarung mit nicht nach den §§ 307 ff. BGB kontrollfähigen Hauptleistungspflichten dar. Der BGH hat nun ebenso gegen den Makler [Beklagte] entschieden.

Anmerkung

Das BGH-Urteil überrascht nicht. Der V. Senat folgt juristischen Raffinessen nicht und zugunsten von Maklern sowieso nicht, auch wenn Reservierungsgebühren Sinn machen können.

 

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
zertifizierte Datenschutzauditorin (DSA-TÜV)
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Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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