BAG Beschluss vom 23. 5.2023, Az. 10 AZB 18/22

Amtlicher Leitsatz:
Ein Syndikusrechtsanwalt, der für einen Verband nach den Bestimmungen des ArbGG und der BRAO erlaubte Rechtsdienstleistungen gegenüber den Verbandsmitgliedern erbringt, ist berechtigt und verpflichtet, den elektronischen Rechtsverkehr aktiv zu nutzen, wenn er gegenüber einem Gericht tätig wird und beispielsweise ein Rechtsmittel einlegt.

Die Vorgeschichte, wörtlich aus dem Beschluss zur Eingewöhnung, Hervorhebngen von uns 

Die Parteien streiten über Provisionsansprüche aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Urteil ist der Beklagten am 28. Januar 2022 zugestellt worden. Mit einem beim Landesarbeitsgericht am 24. Februar 2022 vorab per Telefax und später im Original eingegangenen Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten hat die Beklagte gegen das arbeitsgerichtliche Urteil Berufung eingelegt. Die Berufungsschrift war dabei wie folgt unterzeichnet:

„Arbeitgeberverband

Emscher-Lippe e.V.

- handschriftliche Unterschrift -



Syndikusrechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht“

Eine Übermittlung der Berufungsschrift unter Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs (ERV) ist nicht erfolgt.

Nachdem die Beklagte die Berufung mit vorab per Telefax und sodann im Original übermittelten Schriftsatz vom 28. April 2022 begründet hatte, hat der Kläger mit Schriftsätzen vom 4. Mai 2022 und 15. Juni 2022 im Hinblick auf eine fehlende Nutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) die Zulässigkeit der Berufung gerügt.

Das Landesarbeitsgericht hat die Parteien unter dem 12. Mai 2022 darauf hingewiesen, dass derzeit umstritten sei, ob für Rechtsanwälte, die als Vertreter des Verbands aufträten, eine aktive Nutzungspflicht/ein aktives Nutzungsrecht des beA bestehe. Unter dem 30. August 2022 hat das Landesarbeitsgericht mitgeteilt, es beabsichtige, durch Beschluss über die Zulässigkeit der Berufung zu entscheiden, und neige der Rechtsauffassung zu, dass eine ERV-Nutzungspflicht für den Syndikusrechtsanwalt bestehe. Den Parteien ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

Mit Beschluss vom 27. September 2022 hat das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revisionsbeschwerde will die Beklagte erreichen, dass der Verwerfungsbeschluss aufgehoben und das Berufungsverfahren fortgesetzt wird.

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
zertifizierte Datenschutzauditorin (DSA-TÜV)
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Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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