Der Deutsche Presserat hat am 11. Juli 2023 in einem nachgelagerten Sitzungstermin vier Rügen ausgesprochen. Insgesamt standen 15 Beschwerden auf der Tagesordnung, die aus zeitlichen Gründen nicht in der regulären Sitzung am 15. Juni behandelt werden konnten.

Die ersten beiden erteilten Rügen, wie sie der Presserat schildert:

Die B.Z. und BILD.DE erhielten jeweils eine Rüge für die Berichterstattung über die Tötung eines Berliner Taxifahrers.

Unter den Überschriften „Killer nahm das 4. Taxi – das Todesurteil für Mustafa“ und „Trauer um erstochenen Taxi-Fahrer“ zeigten die Redaktionen jeweils unverpixelte Fotos des späteren Opfers. Die für eine Veröffentlichung notwendige Einwilligung der Angehörigen hatten die Redaktionen jedoch offenbar nicht eingeholt. Die Identität von Opfern ist laut Ziffer 8, Richtlinie 8.2 des Pressekodex besonders zu schützen.

Anmerkungen

Von einem ehemaligen Mitglied des Presserats wissen wir, dass er diese prinzipiell geübte Spruchpraxis in Fällen dieser Art zwar mangels anderer Sachverhaltskenntnisse zum Verhältnis  der Angehörigen zum Opfer hingenommen hat. Warum lehnen die Angehörigen eine Publikation ab? Er fragte sich stets, ob das Opfer selbst im Sinne eines Nachrufs eine Veröffentlichung bevorzugt hätte, - gerade in Publikationen, die Kolleginnen und Kollegen des Opfers lesen, hier BILD und B.Z.  

Hier nun die in der Pressemitteilung erwähnten presse-ethischen Bestimmungen des Pressekodex

Ziff. 8

Die Presse achtet das Privatleben des Menschen und seine informationelle Selbstbestimmung. Ist aber sein Verhalten von öffentlichem Interesse, so kann es in der Presse erörtert werden. Bei einer identifizierenden Berichterstattung muss das Informationsinteresse der Öffentlichkeit die schutzwürdigen Interessen von Betroffenen überwiegen; bloße Sensationsinteressen rechtfertigen keine identifizierende Berichterstattung. Soweit eine Anonymisierung geboten ist, muss sie wirksam sein.

Die Presse gewährleistet den redaktionellen Datenschutz.

Richtlinie 8.1 zu Kodex Ziff. 8 – Kriminalberichterstattung
(1) An der Information über Straftaten, Ermittlungs- und Gerichtsverfahren besteht ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit. Es ist Aufgabe der Presse, darüber zu berichten. ...

Richtlinie 8.2 – Opferschutz
Die Identität von Opfern ist besonders zu schützen. Für das Verständnis eines Unfallgeschehens, Unglücks- bzw. Tathergangs ist das Wissen um die Identität des Opfers in der Regel unerheblich. Name und Foto eines Opfers können veröffentlicht werden, wenn das Opfer bzw. Angehörige oder sonstige befugte Personen zugestimmt haben, oder wenn es sich bei dem Opfer um eine Person des öffentlichen Lebens handelt.

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
zertifizierte Datenschutzauditorin (DSA-TÜV)
zertifizierte Datenschutzbeauftragte (DSB-TÜV)
Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

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