Landgericht Stuttgart Urteil vom 5.7.2023, Az. 10 S 39/21. Der Streit um das Konzept.

Leitsatz

Zwar kann ein einzelner Wohnungseigentümer gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 2 WEG einen Beschluss über das "Ob" des Einbaus von Elektroladestationen verlangen. Wie der Einbau aber erfolgt, liegt nach § 20 Abs. 2 Satz 2 WEG im Ermessen der Wohnungs­eigentümer­gemeinschaft. 

Der Fall

Im Wesentlichen waren sich die Parteien darüber einig, dass eine Ladeinfrastruktur für die Anlage errichtet werden soll. Der klagende Wohnungseigentümer wollte jedoch unbedingt sein Konzept durchsetzen, während die Gemeinschaft zunächst eine Firma mit der Erstellung eines Gesamtkonzepts für die Anlage beauftragte und dessen Ergebnisse abwarten wollte. Der Wohnungseigentümer erhob schließlich Klage.

Das Amtsgericht Tübingen wies die Klage ab. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Genehmigung der Errichtung der Ladestation zu. Denn der Beklagten habe es freigestanden, zunächst die Entwicklung des beauftragten Gesamtkonzepts abzuwarten. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Berufung des Klägers.

Das Landgericht Stuttgart bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts. Begründung:

Dem Kläger steht nach § 20 Abs. 2 Nr. 2 WEG zwar grundsätzlich ein Anspruch auf Gestattung baulicher Veränderungen, welche dem Laden elektrisch betriebene Fahrzeuge dienen, zu. Der Anspruch umfasst jedoch nicht die Gestattung des von ihm vorgelegten Ladeinfrastrukturkonzepts.

Anders ausgedrückt:
Jeder Wohnungseigentümer kann über § 20 Abs. 2 Nr. 2 WEG einen Beschluss über das „Ob" solcher baulichen Veränderungen verlangen, dies beinhaltet jedoch keinen Anspruch auf eine „bestimmte Art und Weise der Durchführung”. Darüber entscheiden nach § 20 Abs. 2 Satz 2 WEG vielmehr die Wohnungseigentümer im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung nach eigenem Ermessen. Der Wohnungseigentümer hat damit keinen Anspruch auf eine bestimmte Durchführung der betreffenden baulichen Veränderung.

Anmerkung, der Wortlaut des § 20 

(1) Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen (bauliche Veränderungen), können beschlossen oder einem Wohnungseigentümer durch Beschluss gestattet werden.
(2) Jeder Wohnungseigentümer kann angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die
1.
dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen,
2.
dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge,
3.
dem Einbruchsschutz und
4.
dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität
dienen. Über die Durchführung ist im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu beschließen.
(3) Unbeschadet des Absatzes 2 kann jeder Wohnungseigentümer verlangen, dass ihm eine bauliche Veränderung gestattet wird, wenn alle Wohnungseigentümer, deren Rechte durch die bauliche Veränderung über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden, einverstanden sind.
(4) Bauliche Veränderungen, die die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligen, dürfen nicht beschlossen und gestattet werden; sie können auch nicht verlangt werden.

Andrea Schweizer

Andrea Schweizer

Rechtsanwältin
zertifizierte Datenschutzauditorin (DSA-TÜV)
zertifizierte Datenschutzbeauftragte (DSB-TÜV)
Hochschullehrbeauftragte für IT-Recht sowie IT-Compliance (in den Studiengängen Informatik, Wirtschaftsinformatik und BWL)

TELEFON:

+49.89.9280850

E-MAIL:

as@schweizer.eu

Zum Profil