Das Oberlandesgericht Köln hat zu einer Fallgruppe mit dem Rechtsinstitut der Interessenabwägung bei irreführender Werbung ausgeholfen. Eine gefestigte Rechtsprechung fehlt zu dieser Fallgruppe bislang. Das OLG Köln wörtlich:
„Die Feststellung einer Irreführungsgefahr setzt sodann aber regelmäßig eine weitergehende Interessenabwägung voraus, in welche alle Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Auswirkungen eines Verbots einzubeziehen sind (folgt Hinweis auf Schrifttum). Im Streitfall führt diese Abwägung dazu, dass eine möglicherweise bestehende Täuschungsgefahr der angesprochenen deutschen Verkehrskreise über die konkrete Bedeutung des englischen Begriffs 'activity' hinzunehmen ist.”
Mit dieser Konstruktion kann jedes Gericht de facto stets nach seinen eigenen Vorstellungen entscheiden. Gegen richterlichen „Dezisionismus” bestehen zwar generell schwerwiegende Bedenken. Dennoch ist zumindest für die beurteilte Fallgruppe zu erwarten, dass sich die vom OLG Köln vertretene Ansicht im Ergebnis durchsetzen wird. Im Ergebnis folgt das OLG Köln dem „Herkunftslandprinzip”, das generell vordringt.
Ob zu deutscher Werbung entprechend umgekehrt deutsche oder ausländische Gerichte in gleichem Sinne entscheiden werden, ist äußerst fraglich. Die ausländischen Rechtsordnungen erlauben zwar genauso, auf die Interessen zu achten. Aber:
Zwischen den Zeilen läßt sich aus dem Urteil des OLG Köln wohl lesen, dass das OLG selbst nicht an eine vice versa-Anwendung denkt. Es betont nämlich anschließend an die zitierte Stelle, wesentlich sei, dass „der Internetauftritt der Bekl. unter dem Top-Level '.com' weltweit abrufbar und für den (englischsprachigen) Weltmarkt... konzipiert und deshalb vollständig in englischer Sprache verfasst ist”. Ein dem (englischsprachigen) Weltmarkt entsprechender (deutschsprachiger) Weltmarkt wird den deutschsprachigen Werbungtreibenden nicht zugebilligt werden.
Das Urteil des OLG Köln, Az.: 6 U 36/04, können Sie hier nachlesen.
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