Hätten Sie geglaubt, dass es so etwas gibt? Das Bundesverfassungsgericht hatte über diesen Sachverhalt zu entscheiden:

  • Im Juli 2000 beantragte ein Strafgefangener beim Landgericht Hamburg, ihm einen sog. Schülerstatus zur Aufnahme eines Fernstudiums zu erteilen.
  • Das LG lehnte ab, das Oberlandesgericht hob als Rechtsbeschwerdegericht am 11. September 2001 die Entscheidung des LG auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an das LG zurück.
  • Im Oktober 2001 vermerkte die damals zuständige Richterin, sie sei überlastet und könne nicht entscheiden.
  • Dann wechselte mehrmals die Besetzung der betreffenden Richterstelle. Getan hat das Landgericht in der Sache nichts.
  • Am 6. September 2002 legte der Antragsteller beim LG eine Untätigkeitsbeschwerde ein. Das LG leitete diese Beschwerde pflichtwidrig nicht an das OLG weiter.
  • Auch auf eine Sachstandsanfrage des Antragstellers hin unternahm das LG nichts.
  • Der Antragsteller fragte schließlich direkt beim OLG nach dem Sachstand.
  • Das OLG forderte nun beim Landgericht die Akten an.
  • Das LG reagierte nicht, obwohl es nur die Akten an das benachbarte OLG hätte weiterleiten müssen.
  • Das LG ließ auch eine zweite Aufforderung des OLG unerledigt liegen.
  • Nach der dritten Aufforderung übermittelte schließlich das LG die Akten an das OLG.
  • Am 2. Januar 2003 stelte das OLG fest, die Untätigkeit des LG sei rechtswidrig!
  • Dennoch hat das Landgericht weiterhin nicht entschieden.
  • Schließlich legte der Antragsteller eine Verfassungsbeschwerde ein.
  • Das Bundesverfassungsgericht fragte beim LG an, ob mittlerweile entschieden worden sei.
  • Keine Reaktion.
  • Das BVerfG forderte nun schriftlich die Akten an. Keine Reaktion des LG.
  • DasBVerfG forderte ein zweites Mal die Akten beim LG an. Erneut keine Reaktion.
  • Das BVerfG rief den zuständigen Richter beim LG an.
  • Die Akten übermittelte das LG immer noch nicht.
  • Über den Antrag, den Schülerstatus zuzubilligen, entschied das Landgericht die ganze Zeit genau so wenig.
  • Das BVerfG telefonierte noch mehrmals mit dem zuständigen Richter.
  • Dann erst wurden die Akten vom LG dem Bundesverfassungsgericht zugeleitet.
  • Die Justizbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg erklärte gegenüber dem Bundesverfassungsgericht, sie wolle nicht Stellung nehmen.
  • Nun entschied am 29. März 2005 das BVerfG, die Untätigkeit verletze den Beschwerdeführer in seinem Recht auf effektiven Rechtsschutz.
  • Jetzt müssen die Akten erst zurück zum Landgericht Hamburg. Vielleicht wird nun „beschleunigt” über den Antrag selbst geurteilt.
Das Az. des Bundesverfassungsgerichts-Beschlusses: 2 BvR 1610/03. Dieses Beispiel offenbart, dass das gesamte System nicht stimmt. Der Antragsteller hatte allein im Jahre 2002 beim LG Hamburg 54 Vollzugsverfahren anhängig gemacht. Also: Ohnmacht des Gerichts als Antwort. Die notwendigen Auslagen muss dem Antragsteller die Freie und Hansestadt Hamburg erstatten.