Gestern hat der Europäische Gerichtshof ein Urteil zum Sport gefällt, das zwar nicht voll an die Bedeutung des berühmten Bossmann-Urteils dieses Gerichts heranreicht, aber doch besonders schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen wird. So wird das Urteil erschweren, den Nachwuchs für die Nationalmannschaften der Länder der Europäischen Union zu fördern. Das Urteil wirkt sich nicht nur im Fussball und nicht nur auf Sportler russischer Staatsangehörigkeit aus. Es reicht sogar über den Sport hinaus; - vor allem auch wegen der vom EuGH vertretenen einengenden Auslegung gegen nationales Recht.
Regelungen, nach denen Vereine bei Wettkämpfen auf nationaler Ebene nur eine begrenzte Anzahl von Spielern aus nicht-EU-Ländern aufstellen dürfen, sind nach dem neuen Urteil grundsätzlich rechtswidrig. Erfolgreich war der russische Fussballprofi Igor Simutenkov. Gespielt hatte er zu Beginn des Verfahrens bei Deportivo Tenerife. Die EU hat mit Russland und vielen anderen Staaten „Partnerschaftsabkommen” vereinbart. Diese Abkommen verpflichten die EU-Mitgliedsstaaten die Angehörigen der Abkommensländer wie eigene Staatsangehörige zu behandeln, soweit es die Arbeitsbedingungen, die Entlohnung und die Entlassung betrifft.
Der EuGH wendet diese Abkommen auch auf Sportverbands-Regelungen zur Begrenzung der Spieler an.
Er entscheidet so, obwohl diese Abkommen einschränken: „Vorbehaltlich der in den Mitgliedsstaaten geltenden Rechtsvorschriften, Bedingungen und Verfahren ...”. Er legt diese Einschränkung - Europaskeptiker werden sich bestätigt fühlen - gegen ihren Wortlaut und nationale Interessen aus, „da sonst die Bestimmung ausgehöhlt und jeder praktischen Wirksamkeit beraubt würde.”
Als Vorbild bezieht sich der EuGH in seinem Urteil auf seine Entscheidung „Deutscher Handballbund”.
Nach dem nun für Spieler der Abkommens-Staaten als rechtsunwirksam beurteilten deutschen Recht darf jeder Klub nur fünf Nicht-Europäer verpflichten, in der Saison 2005/2006 nur vier und 2006/2007 lediglich drei. In der Fussball-Bundesliga sind übrigens gegenwärtig insgesamt 475 und in der 2. Liga 422 Lizenzspieler aktiv, unter ihnen in der Bundesliga 53 und in der 2. Liga 39 Nicht-Europäer.
Hier haben wir Ihnen dieses neue Urteil des Gerichtshofes (Große Kammer), Rechtssache C-265/03 ins Netz gestellt.