Das wünschen sich nach Umfragen Aberhunderttausende von Gläubigen. Am besten so: Der Gläubige zahlt nur freiwillig und zweckbestimmt oder gar nichts mehr und bleibt trotzdem noch Angehöriger der römisch-katholischen, der evangelischen oder einer anderen Kirche, für die der Staat die Kirchensteuer einzieht.
Wie das geht?
Ausgerechnet ein (im Jahre 2004 pensionierter) Professor für Kirchenrecht hat es vorgemacht. Er hat in das Austrittsformular eingefügt: „römisch-katholisch, Körperschaft des öffentlichen Rechts”.
Das Verwaltungsgericht Freiburg hat unter dem Aktenzeichen 2 K 1746/08 entschieden, dass dieser - auf die Körperschaft des öffentlichen Rechts beschränkte - Austritt nach dem Kirchensteuergesetz rechtswirksam ist.
Anmerkungen:
1. Ganz einfach zu interpretieren, ist dieses Urteil nicht.
2. Es kommt der - statistisch nachgewiesen - weit verbreiteten Vorstellung entgegen, man fühle sich durchaus noch - zum Beispiel - als Katholik, aber mit der Kirche wolle man nichts mehr zu tun haben.
3. Das Verwaltungsgericht Freiburg hat nach
§ 26 des Kirchensteuergesetzes von Baden-Württemberg entschieden. Soweit der Verf. dieser Zeilen die einzelnen Landesrechte geprüft hat, enthalten alle Landeskirchengesetze die gleiche Regelung.
4. § 26 KiStG bezieht sich auf alle Kirchen, für die der Staat die Kirchensteuer einzieht.
5. Das Erzbistum Freiburg hat angekündigt, gegen dieses Urteil Berufung einzulegen. Es wird aber für das Erzbistum schwierig sein, das Berufungsverfahren zu gewinnen. Immerhin räumt das Gesetz ein, dass „bürgerlich” aus der Religionsgemeinschaft ausgetreten werden darf.
6. Die Kirchen, die wie die katholische Kirche festgelegt haben, man könne aus der Kirche nach der Taufe eigentlich gar nicht mehr austreten, bekommen nun den Widerspruch zwischen kirchlichem und bürgerlichem Recht „vorgeführt”. Kirchlich bleibt nur die Bestrafung mit - wie es im Kirchenrecht heißt - „Ausschluss wegen Glaubenabfalls”.
7. Jedenfalls spornt das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg an, es dem Kirchenprofessor nachzutun.
8. Für diejenigen, die bereits ausgetreten sind, ist die sich nun bestimmt verstärkende Diskussion um den Kirchenaustritt und die Kirchenzugehörigkeit kaum weniger interessant. Schon deshalb: Eine Auslegung der Austrittserklärungen kann ja sogar ergeben, dass der Einzelne eben wie der Professor auch nur bürgerlich aus der „Körperschaft des öffentlichen Rechts” ausgetreten ist.
9. Vielleicht möchten sich früher Ausgetretene bei der Kirche erkundigen, ob sie (kirchlich) noch Mitglied der Religionsgemeinschaft sind, oder ob sie kirchlich (wegen Glaubensabfalls) ausgeschlossen wurden. Für den, der ohne Mitteilung ausgeschlossen wurde, ist der Ausschluss wohl bislang nicht wirksam und auch nicht heilbar.
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