Seit Jahren erwähnen wir die Gefahr: Die redaktionelle Freiheit kann nach und nach dadurch schwerwiegend eingeschränkt werden, dass bei Werbeverboten der Begriff der Werbung weit gefasst wird und journalistische Beiträge in den Sog der Werbeverbote geraten. Siehe beispielsweise unsere Meldungen vom 29. Juli und 2. Oktober 2003.
Der Europäische Gerichtshof hat nun in einem Vorabentscheidungsverfahren C-421/07 (Frede Damgaard) diese Gefahr bestätigt. Der EuGH hatte in einem Journalistenfall über die Auslegung des Begriffs der „Werbung für Arzneimittel“ nach Art. 86 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel zu entscheiden.
Der Fall: Ein dänischer Journalist hatte auf seiner Internetseite über die Wirkweise eines in Dänemark mangels Zulassung nicht erhältlichen Arzneimittels informiert sowie darüber, dass das Produkt in Norwegen und Schweden verkauft werde. Er wurde daraufhin wegen Zuwiderhandlung gegen die auf Art. 87 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG beruhende nationale Strafnorm, die Werbung für nicht zugelassene Arzneimittel verbietet, zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Journalist wandte ein, er habe nicht auf seiner Internetseite im Sinne von Art. 86 der Richtlinie 2001/83/EG geworben, da er im Rahmen seiner journalistischen Tätigkeit gehandelt, keine Vergütung vom Hersteller des Arzneimittels erhalten und auch sonst kein Interesse am Verkauf des Mittels habe. Die von unabhängigen Dritten übermittelten Informationen über ein Arzneimittel seien nicht als Werbung zu klassifizieren.
Der EuGH meint zu Lasten des Journalisten:
Art. 86 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG definiere die „Werbung für Arzneimittel“ als „alle Maßnahmen zur Information, zur Marktuntersuchung und zur Schaffung von Anreizen mit dem Ziel, die Verschreibung, die Abgabe, den Verkauf oder den Verbrauch von Arzneimitteln zu fördern.“ Gefördert werde der Vertrieb auch dann, wenn ein Dritter aus eigenem Antrieb und in völliger – rechtlicher und tatsächlicher – Unabhängigkeit vom Hersteller oder vom Verkäufer handele. Das nationale Gericht habe nun den Einzelfall entsprechend zu prüfen. Dabei habe das nationale Gericht auch die Stellung des Verfassers und sein Verhältnis zum herstellenden Unternehmen zu würdigen.
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