Sahra Wagenknecht, die Bundestagsabgeordnete und Stellvertretende Vorsitzende der Partei „Die Linke”, ließ es zu keinem abweisenden Berufungsurteil kommen. Die Zeitschrift „SUPERillu“ hatte – unmittelbar vor der letztjährigen Bundestagswahl – unter dem Titel „Das geheime Leben der roten Sahra“ einen investigativen Bericht veröffentlicht, der aufdeckte, dass die Linkspolitikerin gemeinsam mit ihrem der Öffentlichkeit weithin unbekannten Ehegatten ein irisches Landhaus bewohnt.
Das Landgericht Hamburg hatte dem Unterlassungsantrag mit Urteil vom 08.12.2009 (Az.: 324 O 570/09) noch stattgegeben. Es begründete seine Entscheidung praktisch damit, dass das Landhaus nicht „luxuriös“ genug sei, um eine Diskrepanz zwischen Wagenknechts politisch-funktioneller Darstellung als „Antikapitalistin“ und ihrem privatem Verhalten feststellen zu können. Ein öffentliches Interesse bestehe insofern nicht, als die Berichterstattung nicht dazu diene, gesellschafts- oder sozialkritische Überlegungen über den Lebenswandel Wagenknechts anzuregen.
Anders dagegen das OLG Hamburg in der am 15.06.2010 durchgeführten Berufungsverhandlung (7 U 41/10):
Als Spitzenpolitikerin des linken Spektrums und somit in herausragender Position stehe die Antragstellerin in besonderer Weise im Lichte der Öffentlichkeit. Das Publikum habe nicht nur ein berechtigtes Interesse daran, über das politische Wirken und die beruflichen Leistungen Wagenknechts informiert zu werden, sondern in gewissem Rahmen – ohne dass eine feststellbare Diskrepanz zum funktionellen Auftreten vorliegen muss – auch über ihre persönlichen Verhältnisse. Hierzu zähle auch der Umstand, dass sie verheiratet ist und mit ihrem der breiten Öffentlichkeit nicht bekannten Ehemann ein nahezu „spießbürgerliches Zweitleben“ in Irland führe. Anders als das Landgericht, sah das OLG auch die in Zusammenhang mit dem Bericht veröffentlichten Äußerungen, Wagenknecht führe ein „geheimes Leben“, ihr Ehegatte sei ihr „peinlich“ und das irische Landhaus sei ihr „romantisches Liebesnest“ , als zulässige Meinungsäußerungen an.
Ein Urteil können wir indes nicht präsentieren, denn aufgrund der in der Berufungsverhandlung erteilten Hinweise nahm der Vertreter Wagenknechts den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück.
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