Äußerungen über (mögliche) Absichten, Motive und Vorstellungen gehören zu den heikelsten Themen des Äußerungsrechts. Was ein Politiker oder sonstiger Prominenter sich bei einer bestimmten Handlung „gedacht“ hat, ist oft von erheblichem Interesse, lässt sich aber meist nicht objektiv feststellen. Manche Betroffene wehren sich, wenn Ihnen (angeblich) unrichtige innere Tatsachen unterstellt werden, mit den Mitteln des Gegendarstellungsrechts.
Mit einem neuen Beschluss hat das Landgericht München I (Az.: 9 O 3738/11) die engen Grenzen solcher Bestrebungen konkretisiert.
Der Fall:
Der (äußerst prominente) Antragsteller versuchte mit insgesamt drei Gegendarstellungen (Inhaltsverzeichnis, Innenteil und Internetmeldung) insbesondere die Verbreitung der Darstellung durchzusetzen, zwischen ihm und seinem Bruder habe es im Zusammenhang mit einer geschäftlichen Trennung keinen Streit gegeben.
Die Entscheidung:
Das Gericht wies die Anträge zurück: „Bei einer Berichterstattung über Vorgänge hinter den Kulissen, liegt schwerpunktmäßig dann eine Interpretation vor, wenn der Leser aufgrund der Darstellung davon ausgeht, dass der Autor aufgrund bestimmter Umstände einen möglichen, aber nicht zwingenden Schluss zieht. Daher werden Äußerungen zu Absichten, Motiven und Vorstellungen in der Regel Meinungsäußerungen sein, nicht Mitteilungen sogenannter innerer Tatsachen. (…) Erweckt der Autor den Eindruck, er habe Insider-Informationen oder berichtet er Fakten, welche seine These als zwingenden Rückschluss erscheinen lassen, dann sind solche Berichte Tatsachenbehauptungen.“ - Dass es im vorliegenden Fall um eine Interpretation des Autors geht, leitet das Gericht sodann noch aus gewissen Formulierungen ab, etwa der Verwendung des Wortes „offenbar“.
Anmerkungen:
1. Das Landgericht wies das gesondert geltend gemachte Gegendarstellungsverlangen gegen die Angabe im Inhaltsverzeichnis (in dem der Inhalt des Artikels äußerst kurz zusammengefasst war) auch aus dem Grund zurück, weil der Antragsteller mehr geltend mache, als ihm zustehe. Dieser könne lediglich verlangen, dass auf den Abdruck der Gegendarstellung im redaktionellen Teil im Inhaltsverzeichnis hingewiesen wird, wobei dies auch mit einer Kernaussage der Gegendarstellung als Unter-Überschrift unter der Hauptüberschrift „Gegendarstellung“ erfolgen könne.
2. Zu einem weiteren kürzlich ergangenen Beschluss des Landgerichts München in einem Gegendarstellungsverfahren geht es hier.
3. Unsere früheren Berichte über Gegendarstellungsverfahren finden Sie hier.
4. Über eine Entscheidung, welche aus dem Wortlaut „offenbar” auf eine Meinungsäußerung rückschloss, haben wir am 27. 12. 2006 berichtet.
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