Wir berichten über dieses Thema etwas ausführlicher, weil es nur verhältnismäßig schwer zu überblicken ist.
Hintergrund zum ersten Urteil:
Geklagt hatte der Mitarbeiter eines tariffreien Klinikbetriebs, dessen „Altvertrag“ aus dem Jahre 1991 mit der tarifgebundenen Rechtsvorgängerin eine dynamische Bezugnahmeklausel auf den Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) enthielt. Durch die formularmäßige Bezugnahme auf den BAT bzw. die jeweils einschlägigen Tarifverträge im Arbeitsvertrag sollte die grundsätzliche Gleichstellung auch eines nicht tarifgebundenen Arbeitnehmers mit tarifgebundenen Arbeitnehmern sichergestellt werden (sogenannte „Gleichstellungsabrede“).
Im Jahre 2002 ging das Arbeitsverhältnis durch Betriebsübergang nach Urteil Az,: 4 AZR 811/09 bestätigt das BAG seine Rechtsprechung, wonach bei Arbeitsverträgen nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 (sogenannten „Neuverträgen“) die Auslegungsregel der Gleichstellungsabrede nicht mehr zur Anwendung kommt. Die Auslegung von Verweisungsklauseln in “Neuverträgen“ hat sich vielmehr allein an deren Wortlaut zu orientieren, so dass vertraglich regelmäßig eine dynamische Verweisung auf Tarifverträge vorliegen wird, die nur durch eine vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien aufgehoben wird. Bei Änderungen eines „Altvertrags“ differenziert das BAG aber: „Kommt es in Arbeitsverhältnissen mit einer Bezugnahmeklausel, die vor dem 1. Januar 2002 vereinbart worden ist („Altvertrag“), nach dem 31. Dezember 2001 zu einer Arbeitsvertragsänderung, hängt die Beurteilung, ob es sich hinsichtlich dieser Klausel um einen Alt- oder Neuvertrag handelt, darauf an, ob die Klausel zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Parteien des Änderungsvertrages gemacht worden ist.“
Anmerkung
1. Da im vorliegenden Fall die Änderungsvereinbarungen einen Lohnverzicht sowie Verzicht auf Weihnachts- und Urlaubsgeld zum Inhalt hatten, nicht aber eine Neuregelung der Bezugnahmeklausel des Altvertrags, legte das BAG diese Vereinbarungen nicht als „Neuvertrag“ aus. Die beantragte Feststellung der Anwendbarkeit des Nachfolge-Tarifvertrags zum BAT (TVöD/VKA) auf das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde abgelehnt.
2. In seinem neuen Urteil Az.: 4 AZR 79/10, zu dem bislang nur eine Pressemitteilung Nr. 94/11 vorliegt, bekräftigt der Vierte Senat, dass Bezugnahmeklauseln in „Altverträgen” aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin als Gleichstellungsabreden auszulegen sind.