Entschieden hat das Landgericht Hamburg in einem neuen Beschluss Az.: 308 O 388/12.
Der Fall:
Die FDP hatte ohne Erlaubnis einen vom „Stern“ zugesandten Fragenkatalog zu Recherchen über Tochterunternehmen der Partei auf ihrer Webseite veröffentlicht (und gleich die eigenen Antworten mit). Der „Stern“ beantragte eine einstweilige Verfügung gegen die Verbreitung im Internet.
Die Entscheidung
Die Entscheidung überrascht nicht, wird jedoch viele allein schon wegen ihrer Seltenheit interessieren. Die Interviewfragen können als Sprachwerke urheberrechtlichen Schutz genießen. Voraussetzung ist allerdings, dass sie Raum für eine individuelle Gestaltung bieten und deswegen individuelles Schaffen erfordern. Dazu das Gericht:
„Ein Sprachwerk kann seine Prägung als individuelle geistige Schöpfung nicht nur durch die sich in der Sprachgestaltung ausdrückenden Gedankenführung und -formung gewinnen, sondern auch durch die schöpferische Sammlung, Auswahl, Einteilung und Anordnung des vorhanden Stoffs“.
Das LG Hamburg bezieht sich auf ein Urteil des BGH vom 27.02.1981 (Az.: I ZR 29/79), Damals hatte der BGH geurteilt, dass dann, wenn der Fragenkatalog über eine bloße mechanische und routinemäßige Zusammenstellung vorgegebener Fakten in Frageform hinausgehe, er eine eigene individuelle schöpferische Leistung darstelle und Urheberrechtsschutz genieße.
Diese Voraussetzungen sah das LG Hamburg schon bei den einzelnen Fragen des Fragenkatalogs des „Stern“ als zweifelsfrei erfüllt an.
Da der Urheber bestimmen kann, ob sein „Werk“ vervielfältigt und/oder verbreitet werden darf, konnte der „Stern“ ein Verbot der unerlaubten Verbreitung des Fragenkataloges durch die FDP erwirken.
Anmerkung zur Markt- und Sozialforschung
Wir befassen uns täglich mit dem Recht der Markt- und Sozialforschung. Dennoch: Soweit ersichtlich, gibt es aus der neueren Zeit keine vergleichbare Entscheidung eines Gerichts über die Urheberrechtschutzfähigkeit von Fragebogen, die der Markt-, Meinungs- und Sozialforschung dienen. Für sie gelten aber die gleichen Grundsätze. So können Fragebogen, deren Fragen erstmals zur Ermittlung von Informationen über einen bestimmten Forschungsgegenstand formuliert und in bestimmter Beziehung zueinander zusammengestellt sind, Urheberrechtsschutz genießen. Es muss freilich jede Frage und jede Fragenzusammenstellung einzeln geprüft werden, um die Urheberrechtsschutzfähigkeit festzustellen.
Weiteres Material
Bitte beachten Sie auch die Ergebnisse, die sie finden, wenn Sie links oben in die Suchmaske „Fragenkatalog“ eingeben, insbesondere den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 09.10.1991, nach dem Fragen den Schutz des Art. 5 I 1 GG (Meinungsfreiheit) gleichermaßen genießen wie Werturteile.
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