Die unzähligen Medien-Berichte über den vom Europäischen Konvent am 13. Juni 2003 verabschiedeten gemeinsamen Entwurf für eine EU-Verfassung sparen sparen sich selbst aus. Die brandgefährliche Regelung zu den Medien und die Kollission mit anderen Rechtsgütern ist offenbar zu sehr versteckt.
Der Konvent hat es sich leicht gemacht. Er hat die bereits beim EU-Gipfel von Nizza im Jahre 2000 verabschiedete Charta der Grundrechte unverändert in die Verfassung integriert. Die vielen Einwände blieben somit unberücksichtigt. Vor allem blieb es bei der abschwächenden Regelung für die Medien, auf der die deutschen Bundesländer aus Kompetenzgründen bestanden hatten. Zu den Medien wird in der Verfassung - außer dass jeder Mensch ein Recht auf freie Meinungsäußerung hat - lediglich in Artikel II-11 Absatz 2 bestimmt:
„Die Freiheit der Medien und ihre Pluralität werden geachtet.”
In Artikel II-7 und 8 wird demgegenüber zu den Personen, über welche die Medien berichten wollen, schlechthin festgelegt:
„Artikel II-7: Achtung des Privat- und Familienlebens. Jeder Mensch hat das Recht auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung sowie seiner Kommunikation.
Artikel II-8: Schutz personenbezogener Daten. (1) Jeder Mensch hat das Recht auf Schutz der ihn betreffenden personenbezogenen Daten.
(2) Diese Daten dürfen nur nach Treu und Glauben für festgelgegte Zwecke und mit Einwilligung der betroffenenPerson oder auf einer sonstigen gesetzlich geregelten legitimen Grundlage verarbeitet werden. Jeder Mensch hat das Recht, Auskunft über die ihn betreffenden erhobenen Daten zu erhalten und die Berichtigung der Daten zu bewirken.
(3) Die Einhaltung dieser Vorschriften wird von einer unabhängigen Stelle überwacht.”
Welche Argumente in der Praxis folgen werden, läßt sich vorhersehen, - bis hin zu dem Argument, sogar der Wortlaut der Verfassung sage es doch:
Jede Redaktion muss jedem, der es will, Auskunft darüber erteilen, was sie über ihn erhoben hat. Zu dem, was über den Anfragenden erhoben worden ist, gehört auch die Quelle; denn es betrifft ihn, wer etwas über ihn gesagt hat. Die Verfassung hat auch die Überwachung der Redaktionen angeordnet. Eine unabhängige Stelle muss überwachen, ob die Redaktion die Verpflichtung zur Auskunft gewahrt hat.
Der Unterzeichner hat im Jahrbuch 2001 des Deutschen Presserats ausführlich auf die Gefahren hingewiesen; damals zu der (jetzt wörtlich übernommenen) Grundrechts-Charta. Schriftlich und mündlich wurde die Bundesregierung informiert. In einem Gespräch des Presserats mit der Bundesregierung im Bundeskanzleramt wurde die Problematik erkannt, und es wurde dem Presserat vom Kulturstaatsminister beim Bundeskanzler zugesichert, die Bundesregierung werde sich dafür einsetzen, dass die Medienfreiheit besser abgesichert werden wird. Getan oder erreicht wurde aber offenkundig überhaupt nichts.
Honi soit qui mal y pense. Hier können Sie den Text des Entwurfs, der jedenfalls in dem beschriebenen Teil mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von der Regierungskonferenz verabschiedet werden wird, nachlesen.
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