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Gesellschafter: Univ.-Prof. Rechtsanwalt Dr. Robert und Rechtsanwältin Andrea Schweizer

Geschäftsführerin: Rechtsanwältin Andrea Schweizer

Wer zu Nachbarschaftsfragen hinzugezogen wird, soll immer wieder die Fragen beantworten: „Wie ist es möglich, dass jemand im Streit sogar seinen Nachbarn umbringt? Wie lassen sich solche Unglücke verhindern?”.
Der Fall von Gifhorn bildet ein Musterbeispiel für einen dieser Extremfälle. Vermutlich wird alle Welt auf den heute geständigen dreifachen Angeschuldigten „einprügeln”. Man wird lesen und hören, dass der Angeschuldigte immer wieder depressiv, narzistisch persönlichkeits-gestört, reizbar und mit sich und der Welt im Unreinen war. Bei genauer Prüfung werden sich aber doch Umstände herausstellen, die fragen lassen, was andere zu dem Unglück beigetragen haben, und ob moralisch nicht auch andere mit auf der Anklagebank sitzen müssten. So insbesondere diese Umstände:
1. Den Beamten der Polizeiinspektion Gifhorn war seit Jahren bekannt, wie sehr in der Kleingartenkolonie gestritten wurde. Bis heute entsteht der Eindruck, dass die Beamten sich nicht bemüht haben, die Streitigkeiten dauerhaft zu schlichten.
2. Unmittelbar ausgelöst hat die Tat ein Dritter, der dem Täter drei volle Karren Strauchwerk vor dessen Gartenpforte ablud. Der Name dieses Mannes ist dem Verf. dieser Zeilen bekannt. Er wird im Prozess als „Zeuge” vernommen werden. Moralisch kann er - auch aufgrund früheren Verhaltens - als der Hauptschuldige angesehen werden. Der Angeschuldigte hatte angenommen, die schließlich umgebrachten Nachbarn hätten das Strauchwerk bei ihm abgeladen.
3. Im Juli 2004 wurde der Angeschuldigte von einem Nachbargrundstück aus grundlos mit Steinen beworfen. Das Verfahren gegen einen Verdächtigen wurde nach § 153 Abs. 1 StPO eingestellt.
4. Es gab weitere strafrechtliche Ermittlungs- sowie ordnungsbehördliche und zivilgerichtliche Verfahren gegen Nachbarn und gegen den Angeschuldigten.
5. Im Juli 2007 brannte die Gartenlaube des Angeschuldigten ab. Das Verfahren gegen einen Verdächtigen wurde nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, so wie andere Verfahren „mangels öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung” eingestellt wurden.
6. All diese Verfahren haben offenbar niemanden veranlasst, sich darum zu bemühen, die Streitigkeiten nicht weiter eskalieren zu lassen. Bis jetzt ist davon auszugehen, dass die Richter eben immer nur den Einzelfall abgehakt haben.
7. Insgesamt kann der Eindruck entstehen, dass sich nach und nach Nachbarn gegen den Angeschuldigten zusammen getan und eine Freude daran hatten, den Angeschuldigen zu isolieren und zu ärgern.
8. Mehrere Zeugen, von denen einige den 1942 geborenen Angeschuldigten seit der Schulzeit kennen, schildern, dass der Angeschuldigte an sich nicht streitsüchtig, in der Regel ausgeglichen, umgänglich sowie freundlich gewesen sei und nie körperlich Streit gesucht habe.
9. In der Familie erklärte der Angeschuldigte, er fühle sich von den Nachbarn so schikaniert und gereizt, dass er sich einmal vergesse und alle tot schlage.
10. Schlichtungs- und Fürsorgestellen wurden und haben sich nicht eingeschaltet. Es fragt sich, ob hier eine zu große Lücke im sozialen Staat klafft.

Der Verfasser dieser Zeilen wird sich heute um 11.05 Uhr im DeutschlandRadio zu Streitigkeiten unter Nachbarn äußern.