Zur Grenze zwischen redaktionellem Inhalt und Werbung

Gericht

LG München


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

17. 03. 2009


Aktenzeichen

33 O 2958/08


Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die von der Klägerin angegriffene Verlinkung verstößt gegen § 4 Nr. 3 UWG a. F., da deren Werbecharakter verschleiert wird.

Bei den streitgegenständlichen Links "Lahme Downloads? Nicht mit mir!", "Renditestark Geld anlegen" und "Karibik-Feeling für zu Hause mit Malibu" handelt es sich um solche, die - unstreitig - auf Werbeseiten führen, und zwar aus einem redaktionellen Zusammenhang heraus.

Die konkrete Art der Einbindung der streitgegenständlichen Links in den redaktionellen Zusammenhang des Themenportals stellt eine Verschleierung i. S. des § 4 Nr. 3 UWG a. F. dar.

Es mag zutreffen, dass der Verbraucher im Internet mit einer stärkeren Vermischung von Werbung und redaktionellen Inhalten, als dies bei klassischen Medien der Fall ist, konfrontiert wird und unter Umständen auch damit rechnet. Dies heißt aber nicht, dass es sich beim Internetnutzer um einen anderen Verbrauchertyp als dem Konsumenten von Zeitschriften handelt.

Es ist daher nicht gerechtfertigt, den Internetnutzer in Abgrenzung zum Zeitschriftenleser zu definieren. Es kann allenfalls zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden, dass der Internetnutzer situationsadäquat im Internet mit mehr Werbung rechnet als in Zeitschriften. Dies führt aber nicht dazu, dass der Internetnutzer deshalb nicht den gleichen Anspruch wie der Zeitschriftenleser darauf hätte, klar und deutlich darüber informiert zu werden, ob ihm redaktionelle Berichte oder aber Werbung präsentiert werden.

Im konkreten Fall ist angesichts dessen festzustellen, dass dem Besucher der Seite der Beklagten nicht klar ist, dass er über. die streitgegenständlichen Links zu Werbeseiten gelangt. Der Umstand allein, dass der Internetnutzer mit einem Mehr an Werbung rechnet, führt nicht dazu, dass er nunmehr hinter jedem Link Werbung vermutet. Vielmehr kommt es auch insoweit auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. Wie aber oben dargestellt, sind die streitgegenständlichen Links in den redaktionellen Teil des Themen-Portals eingebettet; ihre Gestaltung entspricht denen der Links, die tatsächlich zu redaktionellen Beiträgen führen, bis hin zu einer gleichen Farbwahl der Bildüber- und unterschriften. Eine klare Abgrenzung wird gerade nicht vorgenommen, sondern noch durch die daneben angebrachte, als solche erkennbare Werbung bewusst aufgehoben. Dementsprechend wird der Nutzer durch die konkrete Darstellung über die werbliche Bedeutung der streitgegenständlichen Links getäuscht, sein in § 4 Nr.3 UWG a. F. ausdrücklich normiertes Informationsinteresse über den Charakter einer Wettbewerbshandlung missachtet.

In gleicher Weise stellen auch die streitgegenständlichen Werbeanzeigen selbst Verstöße gegen § 4 Nr. 3 UWG a. F. dar, denn auch insoweit handelt es sich um getarnte redaktionelle Werbung.

Die vorgelegten Ausdrucke der streitgegenständlichen Artikel wie auch die Screenshots der entsprechenden Seiten machen insbesondere im Vergleich zu dem vorgelegten ..echten" redaktionellen Beitrag deutlich, dass die angegriffenen Werbeartikel in nahezu identischer Weise aufgemacht sind wie die auf der Seite abrufbaren redaktionellen Beiträge, insbesondere was die Art, die Ausgestaltung und die Farbwahl der Überschriften sowie das äußere Erscheinungsbild der jeweiligen Artikel selbst anbelangt.

Angesichts dessen genügen die Hinweise oberhalb des Artikels wie auch in der rechten Spalte neben dem Artikel, dass es sich um ... ein Angebot von ..." handele, nicht, um dem auch hier zu beachtenden Gebot der klaren Trennung zwischen Werbung und redaktionellen Beiträgen Rechnung zu tragen. Gerade weil die Werbeartikel genauso gestaltet sind wie die sonstigen auf die gleiche Weise abzurufenden redaktionellen Beiträge, nimmt der angesprochene Verkehr diesen Hinweis überhaupt nicht wahr, sondern beginnt seine Lektüre unmittelbar mit der Überschrift. Daher wird er weder den sehr klein gehaltenen Hinweis über der Überschrift wahrnehmen noch denjenigen in der rechten Spalte. Jedenfalls wird er den Inhalt oder zumindest Teile des Artikels bereits zur Kenntnis genommen haben, bevor er den fraglichen Hinweis überhaupt erkennt. Und selbst nach Kenntnisnahme von diesem Hinweis wird der Nutzer immer noch nicht darüber aufgeklärt, ob der Artikel lediglich über ... ein Angebot von ... ." objektiv berichtet oder aber es sich - wie tatsächlich - um bezahlte Werbung handelt.

§ 4 Nr. 3 UWG a. F. will aber gerade diese Desinformation des Verbrauchers verhindern. Der Verbraucher soll nicht erst einen Werbebeitrag lesen müssen, um diesen dann als Werbung klassifizieren zu können, er soll nicht erst den Sinn eines Hinweises wie "ein Angebot von ..." hinterfragen müssen: Der Verbraucher soll von Anfang an klar und deutlich darauf hingewiesen werden, ob ihm Werbung oder ein redaktioneller Beitrag präsentiert wird, und zwar bevor er sich mit dem Inhalt des Beitrags beschäftigt. Er soll darüber entscheiden können, ob er umworben oder informiert werden möchte. Und dabei ist - wie bereits oben ausgeführt - wegen des gleichbleibenden Schutzanspruchs kein Unterschied zu machen zwischen einem Zeitschriftenleser und einem Internetnutzer.

Rechtsgebiete

Informations- und Telekommunikationsrecht; Werberecht

Normen

§ 4 Nr. 3 UWG a. F.