Aufnahme von Gebäuden mittels Spezialfahrzeug

Gericht

LG Waldshut-Tiengen


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

28. 10. 1999


Aktenzeichen

1 O 200/99


Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Verfügungskl. (im Folgenden: Kl.) wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Aufnahme von Abbildungen seines Wohnhauses in eine von der Verfügungsbekl. (im Folgenden: Bekl.) geplante bzw. teilweise bereits eingerichtete digitale Gebäude-Bilddatenbank. Die Bekl., ein Verlagsunternehmen, das u.a. digitale Verzeichnisse der Telefonanschlüsse in der Bundesrepublik Deutschland auf CD-ROM vertreibt, befasst sich seit einiger Zeit mit dem Aufbau einer Straßen- bzw. Gebäude-Bilddatenbank. Zu diesem Zweck lässt sie bundesweit durch mehrere mit sechs bzw. acht Kameras ausgerüstete Kleintransporter vom öffentlichen Straßenraum aus digitale Abbildungen des Straßenverlaufs sowie der angrenzenden Gebäudeansichten aufnehmen, wobei diesen Abbildungen jeweils die geografische Position (geografische Länge, Breite und Höhe) zugeordnet wird, von der aus das Bild aufgenommen wurde. Zu diesem Zweck sind die Aufnahmefahrzeuge mit Satelliten-Receivern ausgestattet, die u.a. die von den amerikanischen GPS-Satelliten ausgestrahlten Signale aufzeichnen und - nach einer aufwendigen Nachbearbeitung - auf diese Weise eine möglichst punktgenaue Bestimmung des jeweiligen Kamerastandorts ermöglichen. In einem weiteren Verarbeitungsschritt werden die auf diese Weise mit den dazugehörigen geoterrestrischen Daten verbundenen Bildsequenzen - so weit möglich - einem bestimmten Straßennamen der jeweiligen Gemeinde zugeordnet. Eine gezielte Verknüpfung einzelner Gebäudeansichten mit den dazugehörigen Hausnummern erfolgt hingegen nicht.

Bislang hat die Bekl. auf diese Weise die Straßenzüge in insgesamt siebzehn der größten bzw. touristisch besonders interessanten deutschen Städte erfasst, nach ihren Planungen sollen bis in das Jahr 2001 sämtliche deutsche Städte mit mehr als 20.000 Einwohnern in die unter der Handelsbezeichnung “CityServer” vertriebene Datenbank aufgenommen werden. Einsatzmöglichkeiten ihrer mit digitalisiertem Kartenmaterial verknüpften Bilddatenbanken sieht die Bekl. hauptsächlich in Verkehrs- und Rettungsleitsystemen, Pkw-Pilotsystemen und elektronischen Planungssystemen. Unter dem Namen “Talkshow” hat sie aber auch schon ein elf CD-ROM umfassendes digitales Telefonverzeichnis herausgebracht, bei dem jedem Anschlussinhaber ein Kartenausschnitt zugeordnet ist, aus dem sich die ungefähre Lage des Anschlusses im jeweiligen Stadtbild ersehen lässt, wobei dieser Kartenausschnitt wiederum bezüglich zehn deutscher Städte mit den vom jeweiligen Standort aus aufgenommenen Straßen- bzw. Gebäudeansichten verbunden ist.

Der Kl. behauptet, die Bekl. beabsichtige, auch sein von ihm selbst privat genutztes Wohnhaus auf diese Weise fotografisch zu erfassen und die Abbildungen nach Verknüpfung mit den dazugehörigen Adressdaten (Postleitzahl, Orts- und Straßennamen) zu vermarkten. Er ist der Ansicht, dass die Bekl. dadurch in unzulässiger Weise gegen sein auch grundgesetzlich geschütztes Eigentums- und Persönlichkeitsrecht verstoße und die Aufnahme und Veröffentlichung dieser Abbildungen daher zu unterlassen habe. Auch wenn der Eigentümer eines Gebäudes dessen fotografische Aufnahme aus dem öffentlichen Verkehrsraum für sich genommen grundsätzlich nicht verbieten könne, beinhalte die Veröffentlichung detaillierter Abbildungen seines Hausgrundstücks unter konkreter Angabe des Ortsnamens mit der dazugehörigen Postleitzahl, des Straßennamens sowie einer möglicherweise auch erkennbaren Hausnummer doch die Gefahr, dass die Nutzer der Datenbank der Bekl. zumindest unter Zuhilfenahme anderweitig bereitgestellter Telefon- oder Adressdateien in die Lage versetzt würden, von der Abbildung des einzelnen Hauses auf die Person seines Eigentümers oder Bewohners zu schließen und diese so zum Objekt einer gezielten Klassifizierung durch hieran interessierte Wirtschaftsuntemehmen oder gar Kriminelle zu machen. Deshalb seien gegen das Vorhaben der Bekl. auch gewichtige datenschutzrechtliche Bedenken erhoben worden. Durch die Möglichkeiten der automatisierten Datenverarbeitung seien mit der Aufnahme seines Gebäudes in die Bilddatenbank der Bekl. so massive Beeinträchtigungen oder zumindest Gefahren für sein Eigentum und seine Persönlichkeitssphäre verbunden, dass die rein kommerziellen Interessen der Bekl. dahinter zurückzustehen hätten.

Dem Antrag, der Bekl. bei Meidung näher genannter Ordnungsmittel zu verbieten, Abbildungen des Hausgrundstücks M-Straße in S. zum Zwecke der Verbreitung der Abbildung dieses Hausgrundstücks unter gleichzeitiger Angabe von Postleitzahl, Ortsname und Straßenname anzufertigen und/oder Abbildungen dieses Hausgrundstücks mit gleichzeitiger Angabe von Postleitzahl, Ortsname und Straßenname zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten, ist die Bekl. u.a. deshalb entgegengetreten, weil schon ein Verfügungsgrund nicht vorliege, da nach dem aktuellen Stand ihrer Planungen derzeit nur Städte mit mehr als 150.000 Einwohnern in der geschilderten Weise fotografisch erfasst würden, während für S. noch keine diesbezüglichen Planungen vorlägen. Vor dem Jahr 2001 könnten Städte in der Größenordnung von 20.000 Einwohnern bereits aus technischen Gründen nicht in die Bilddatenbank aufgenommen werden. I.Ü. hält sie den geltend gemachten Unterlassungsanspruch auch für rechtlich unbegründet. Der Antrag hatte keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

I. Der Kl. hat nicht glaubhaft gemacht, dass er zur vorläufigen Sicherung seiner Rechte bis zum rechtskräftigen Abschluss eines möglichen Hauptsacheverfahrens der gerichtlichen Hilfe in Form einer einstweiligen Verfügung bedarf. Insoweit ist bereits fraglich, ob eine fotografische Erfassung des Hausgrundstücks des Kl. durch die Aufnahmewagen der Bekl. überhaupt droht, nachdem auch der Kl. grundsätzlich davon ausgeht, dass die Bekl. im letzten Ausbauzustand ihrer Bilddatenbank lediglich die Straßen- und Gebäudeansichten von Städten mit mehr als 20.000 Einwohnern digital erfassen will. Dies trifft auf S., das gerichtsbekannt zuletzt ca. 17.100 Einwohner hatte, aber nicht zu. Die Bekl. hat zwar auf eine Anfrage des Haus- und Grundeigentümervereins W. mit Schreiben v. 21.5.1999 angegeben, auch die Gebäude in S. digital erfassen zu wollen. Dieser Auskunft lag aber die unrichtige Mitteilung des Prozessbevollmächtigten des Kl. in seiner Eigenschaft als erster Vorsitzender dieses Vereins zu Grunde, dass es sich bei S. um eine Stadt mit mehr als 20.000 Einwohnern handle. Dass die in Niedersachsen ansässige Bekl. über die Einwohnerzahl sämtlicher südbadischer Grenzstädte aber nicht genau informiert ist und sich vor ihrem Antwortschreiben auch keine exakte Kenntnis über die Einwohnerzahl von S. verschafft hat, ist ohne weiteres nachvollziehbar, so dass allein auf Grund des bejahenden Antwortschreibens v. 21.5.1999 nicht mit zumindest überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden muss, dass das Anwesen des Kl. überhaupt irgendwann einmal in die Bildatenbank der Bekl. aufgenommen wird.

Selbst wenn man aber davon ausginge, dass die Bekl. entgegen ihrer generellen Planung entsprechend ihrer Auskunft v. 21.5.1999 tatsächlich auch das Straßenbild von S. digital erfassen will, so würde dies allenfalls die für eine vorbeugende (Hauptsache-)Unterlassungsklage notwendige Erstbegehungsgefahr begründen. Die für das einstweilige Verfügungsverfahren zusätzlich noch notwendige besondere Dringlichkeit einer vorläufigen Entscheidung lässt sich hieraus jedoch nicht ableiten. Insoweit ist vielmehr von Bedeutung, dass die Bekl. bislang unstreitig lediglich siebzehn deutsche Städte durch ihre Kamerawagen hat erfassen lassen, bei denen es sich entweder um besonders große oder zumindest um touristisch besonders interessante größere Gemeinden handelt. Beides trifft auf S. jedoch nicht zu. Weiterhin ist auch die Angabe der Bekl., sich zunächst auf Städte mit mehr als 150.000 Einwohnern beschränken zu wollen, bereits aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten ohne weiteres nachvollziehbar, da es in kleineren Gemeinden ersichtlich an ausreichenden Absatzmöglichkeiten für das unstreitig sowohl technisch als auch finanziell sehr aufwändige Bilderfassungsprojekt der Bekl. fehlt. ...

II. Die Kammer sieht aber auch keine ausreichende rechtliche Grundlage für das Unterlassungsbegehren des KI., so dass es darüber hinaus auch an einem Verfügungsanspruch fehlt. Denn weder aus seinem Eigentums- noch aus seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht lässt sich ein auf §§ BGB § 823, BGB § 1004 BGB gestütztes Verbot der digitalen Erfassung seines Hausgrundstücks und der weiteren Verwertung dieser Abbildungen im Rahmen der Gebäude-Bilddatenbank der Bekl. ableiten, und zwar auch dann nicht, wenn der Gebäudeabbildung innerhalb der Datenbank der dazugehörige Straßenname nebst Ortsnamen und Postleitzahl zugeordnet wird.

1. Insoweit ist zunächst festzuhalten, dass nach dem weitgehend übereinstimmenden Tatsachenvortrag beider Parteien nicht davon ausgegangen werden kann, dass innerhalb der Datenbank der Bekl. eine Verknüpfung einzelner Gebäudeansichten mit konkreten Einzelanschriften (also einschließlich der jeweiligen Hausnummer) oder gar mit den Einzeladressen der Eigentümer oder Bewohner dieses Hauses erfolgt. Nach den unwiderlegt gebliebenen Angaben der Bekl. ist vielmehr davon auszugehen, dass der jeweilige Standort des Kamerafahrzeugs zunächst lediglich mit dessen - durch Satellitennavigation ermittelten - geoterrestrischen Position verknüpft ist und erst in einem weiteren Arbeitsschritt diese geografischen Daten einem bestimmten Straßennamen innerhalb der jeweiligen Gemeinde zugeordnet werden. Ein direkter Zugriff auf die Abbildung eines konkreten Einzelgebäudes durch die Eingabe konkreter Adressdaten einer bestimmten Person ist somit ebenso wenig beabsichtigt wie umgekehrt der Abruf bestimmter personenbezogener Daten nach Eingabe der Abbildung eines bestimmten Einzelgebäudes. Da der Kl. zumindest nicht glaubhaft gemacht hat, dass auch Hausnummern von der Bekl. als Suchkriterium erfasst werden, können der weiteren Beurteilung lediglich die Ausführungen der Bekl. zu Grunde gelegt werden, wonach man durch Eingabe eines - i.R.e. Adress- oder Telefondatenbank möglicherweise auch mit bestimmten Einzelnamen verknüpften - Straßennamens zwar am Bildschirm des Computers einen Eindruck vom Verlauf dieser Straße aus der Sicht der von der Bekl. eingesetzten Kamerafahrzeuge erlangen kann, dass man sich an ein konkretes Einzelgebäude aber lediglich durch manuell gesteuertes “Abfahren” dieses Straßenverlaufs herantasten kann und somit zu einer konkreten Zuordnung der Abbildung eines bestimmten Gebäudes zu bestimmten Adressdaten einzelner Personen nur dann gelangt, wenn man das Gebäudeäußere bereits aus anderen Quellen kennt oder ausnahmsweise die am Gebäude angebrachte Hausnummer auf der Abbildung hinreichend deutlich erkennbar ist. Eine automatisierte Verknüpfung einer einzelnen Gebäudeabbildung mit konkreten Adressdaten der Bewohner ist zumindest derzeit bereits technisch nicht möglich.

2. Unter diesen technischen Voraussetzungen stellt die fotografische Erfassung der Außenansicht des Gebäudes des Kl. vom öffentlichen Straßenraum aus aber ebensowenig einen nach §§ BGB § 823 Abs. BGB § 823 Absatz 1, BGB § 903 Satz 1, BGB § 1004 Abs. BGB § 1004 Absatz 1 Satz 2 BGB abwehrfähigen Eingriff in sein Eigentumsrecht dar wie die weitere Veröffentlichung solch einer Abbildung i.R.d. Gebäude-Bilddatenbank der Bekl. Denn die in § BGB § 903 BGB umschriebene umfassende Herrschaftsmacht des Sacheigentümers schließt zwar die rechtliche Verfügungsmacht und die sich insb. im Besitzen und Benutzen der Sache äußernde tatsächliche Herrschaft über die Sache ein; diese Verfügungsbefugnis des Eigentümers wird durch den Fotografiervorgang als Realakt aber nicht berührt, und zwar unabhängig davon, ob die Abbildung in herkömmlicher Weise oder mit digitalen Aufnahmemethoden erfolgt. In beiden Fällen fehlt es auch an einer tatsächlichen Einwirkung auf das Eigentum. Denn beim Fotografieren eines Hauses von einer allgemein zugänglichen Stelle aus wird weder dessen Sachsubstanz in irgendeiner Weise verletzt, noch wird der Eigentümer hierdurch in der Nutzung der Sache und seinem Recht, mit dieser nach seinem Belieben zu verfahren, in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht irgendwie beeinträchtigt (BGH NJW 1989, NJW Jahr 1989 Seite 2251, NJW Jahr 1989 Seite 2252).

Die vom Kl. insoweit vertretene Auffassung liefe vielmehr auf die Anerkennung eines Ausschließlichkeitsrechts an dem in der Sache verkörperten immateriellen Gut hinaus und würde dadurch den grundsätzlichen Unterschied zwischen dem Eigentum an einer körperlichen Sache und dem Urheberrecht als Immaterialgüterrecht verwischen. Eine so umfassende Ausstrahlung des Sacheigentums wird aber weder von der grundgesetzlichen Eigentumsgarantie gefordert noch durch die Zivilrechtsordnung anerkannt. Die Verwertung des äußeren Abbilds einer Sache ist vielmehr von der eigentumsrechtlichen Sachherrschaft getrennt und ausschließlich dem geistigen Urheber des Werkes innerhalb der durch §§ URHG § 11 ff. UrhG gezogenen Grenzen zugeordnet. Insoweit hat der Gesetzgeber in § URHG § 59 UrhG aber die fotografische Verbreitung der äußeren Ansicht eines Gebäudes selbst dem Urheberrechtsschutz entzogen, so dass der Kl. nicht einmal als geistiger Schöpfer des Bauwerks berechtigt wäre, der Bekl. dessen fotografische Vervielfältigung zu untersagen. Weitergehende Ausschließlichkeitsrechte billigt die Zivilrechtsordnung aber auch dem Sacheigentümer nicht zu.

3. Auch unter Berufung auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht und dessen Ausgestaltungen im Recht auf angemessenen Schutz der Privatsphäre, dem Recht am eigenen Bild und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung steht dem Kl. kein Anspruch auf Untersagung der Aufnahme einer Abbildung seines Wohnhauses in die Gebäude-Bilddatenbank der Bekl. zu. Denn auch insoweit hat der Kl. die Gefahr konkreter Beeinträchtigungen seines Persönlichkeitsrechts in einer für ihn nicht mehr hinnehmbaren und damit auch rechtswidrigen Weise zumindest nicht glaubhaft gemacht.

a) Durch die Aufnahme und gewerbliche Weiterverbreitung von Abbildungen der Außenansicht des Wohngebäudes des Kl. wird dabei nur der Teilbereich seines Persönlichkeitsrechts berührt, der ohnehin der Öffentlichkeit zugewandt ist und deshalb von vornherein allenfalls einen sehr begrenzten deliktischen Schutz genießen kann. Denn dass aus den sich im normalen Verkehrsfluss bewegenden Aufnahmewagen der Bekl. Abbildungen aufgenommen werden können, die über die äußere Gebäudefassade hinaus tiefer gehende Einblicke in die Privat- oder gar Intimsphäre des Kl. erlaubten, hat dieser selbst nicht behauptet. Die Öffentlichkeitssphäre als der Bereich des menschlichen Lebens, von dem jedermann Kenntnis nehmen kann, genießt aber von vornherein keinen Schutz gegen Indiskretionen. Allenfalls gegen unrichtige oder ehrverletzende Darstellungen kann sich der Betroffene auch in diesem Teilbereich seiner Persönlichkeit mit Erfolg zur Wehr setzen. Solche Eingriffe drohen dem Kl. von dem völlig objektiven und wertneutralen Aufnahmeverfahren der Bekl. aber nicht. Angesichts des Massencharakters der Gebäudeerfassung seitens der Bekl. besteht ersichtlich auch nicht die Gefahr, dass der Kl. bei seinen Bekannten in den von ihm unerwünschten Verdacht geraten könnte, sich in besonderer Weise mit dem Vorhaben der Bekl. zu identifizieren und für dieses - z.B. werbemäßig - einzustehen (vgl. dazu BGH NJW 1971, NJW Jahr 1971 Seite 1359; NJW 1989, NJW Jahr 1989 Seite 2251, NJW Jahr 1989 Seite 2253). Auch die mit den technischen Möglichkeiten einer digitalen Bilderfassung und weitgehend automatischen Abrufbarkeit und Reproduzierbarkeit der Gebäudeabbildungen in der Bilddatenbank der Bekl. verbundenen erweiterten Verwertungschancen begründen insoweit keinen erweiterten Persönlichkeitsschutz. Dem Kl. ist zwar darin Recht zu geben, dass die Abbildung seines Gebäudes auf diese Weise dem Zugriff eines zumindest von ihm nicht mehr überschaubaren Personenkreises offen steht. Dies ändert jedoch nichts daran, dass es sich bei den veröffentlichten Gebäudeansichten doch nur um einen sehr marginalen Ausschnitt aus seinem Persönlichkeitsbild handelt, dessen Aussagekraft andere öffentlich zugängliche personenbezogene Daten nicht übersteigt.

Angesichts des auch vom Kl. angegebenen Preises der Datenbank der Bekl., der für eine mittlere Großstadt bei mehreren 100.000 DM liegen soll, erscheinen die vom Kl. befürchteten Missbrauchsmöglichkeiten durch Kriminelle im Hinblick auf diesen begrenzten Aussagegehalt der Übersichtsaufnahme einer Gebäudeaußenseite ebenfalls eher abstrakt. Abwehrfähige Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht des Kl. lassen sich daher auch aus den technischen Aspekten einer digitalen Bildverarbeitung nicht ableiten.

b) Das Recht am eigenen Bild eröffnet dem Kl. ebenfalls keine weiter gehenden Abwehrrechte. Denn die fotografische Abbildung allein des Wohngebäudes des Kl. greift in diese Ausgestalten seines Persönlichkeitsrechts gar nicht ein. Insoweit weist die Bekl. vielmehr zu Recht darauf hin, dass sogar eine Aufnahme des Kl. selbst vor seinem in erster Linie fotografisch erfassten Wohnhaus gem. § KUNSTURHG § 23 Abs. KUNSTURHG § 23 Absatz 1 Nr. 2 KunstUrhG nicht verboten wäre. Die ausschließliche fotografische Erfassung der Gebäudeaußenseite begründet daher auch unter diesem Aspekt keine weiter gehenden Schutzrechte.

c) Gleiches gilt schließlich für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das seit dem Volkszählungsurteil des BVerfG ebenfalls als eine besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts anerkannt ist (vgl. BVerfGE 65, BVERFGE Jahr 65 Seite 141 ff.). Danach muss zwar auch i.R.d. §§ BGB § 823, BGB § 1004 BGB die Befugnis des Einzelnen gewährleistet bleiben, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen, weshalb die Regelungen des BDSG auch als Schutzgesetze i.S.d. § BGB § 823 Abs. BGB § 823 Absatz 2 BGB anzusehen sind (vgl. z.B. OLG Hamm NJW 1996, NJW Jahr 1996 Seite 131). Auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist aber nicht schrankenlos gewährleistet, der Einzelne hat also nicht ein Recht i.S.e. absoluten, uneinschränkbaren Herrschaft über “seine” Daten; er ist vielmehr als eine sich innerhalb der sozialen Gemeinschaft entfaltende, auf Kommunikation angewiesene Persönlichkeit verpflichtet, eine ihn nicht unangemessen stark belastende Preisgabe und Verwertung personenbezogener Daten im überwiegenden Allgemeininteresse oder auch im gleichrangigen Interesse Dritter hinzunehmen.

Auch nach diesen Grundsätzen stellt die digitale Erfassung einer Abbildung der Gebäudeaußenseite des Wohnhauses des Kl. aber keinen unzulässigen Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht dar. Insoweit räumt letztlich auch der Kl. selbst ein, dass das Vorhaben der Bekl. zumindest nach derzeitiger Rechtslage nicht gegen die Bestimmungen des § BDSG § 29 BDSG verstoßen dürfte. So ist bereits zweifelhaft, ob es sich bei der Abbildung eines Gebäudes bei isolierter Betrachtungsweise überhaupt um Einzelangaben über sachliche Verhältnisse einer bestimmten natürlichen Person und damit um personenbezogene Daten i.S.d. § BDSG § 3 Abs. BDSG § 3 Absatz 1 BDSG handelt, auch wenn nicht zu verkennen ist, dass die Gebäudeabbildung zu solchen personenbezogenen Daten zumindest in Beziehung gesetzt werden kann. Weiterhin dürfte davon auszugehen sein, dass es sich bei der Bilddatenbank der Bekl. nicht um eine Datei i.S.d. § BDSG § 3 Abs. BDSG § 3 Absatz 2 BDSG handelt, was Voraussetzung einer Anwendbarkeit der für die Datenverarbeitung durch nicht-öffentliche Stellen geltenden Vorschriften der §§ BDSG § 27 ff. BDSG wäre. Denn angesichts dessen, dass die einzelnen Gebäudeabbildungen lediglich mit den jeweiligen Koordinaten des Standorts des Aufnahmefahrzeugs bzw. stattdessen mit dem jeweiligen Straßennamen und dem dazugehörigen Ortsnamen nebst Postleitzahl verknüpft sind, ohne dass die Einzelabbildungen noch sinnvoll nach anderen Ordnungskriterien ausgewertet werden können, dürfte es an einer Mehrzahl von Auswertungsmerkmalen fehlen, die tatbestandliche Voraussetzung des Dateibegriffs des § BDSG § 3 Abs. BDSG § 3 Absatz 2 BDSG ist.

Selbst im Falle einer Anwendbarkeit des § BDSG § 29 BDSG wäre die geschäftsmäßige Speicherung der öffentlich ohne weiteres zugänglichen Gebäudeabbildungen nach § BDSG § 29 Abs. BDSG § 29 Absatz 1 Nr. 2 BDSG aber nur dann unzulässig, wenn dem offensichtlich überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegenstünden. Auch hiervon kann angesichts des eher begrenzten Aussagegehalts der Abbildung einer Gebäudefassade nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Dass die für eine Verwertung dieser Daten sprechenden Interessen der Bekl. rein kommerzieller Natur sind, ändert hieran nichts, da auch die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit grundgesetzlichen Schutz (Art. GG Artikel 14 Abs. GG Artikel 14 Absatz 1 GG) genießt und bei der Abwägung der gegenläufigen Interessen der datenspeichernden Stelle und des Betroffenen somit durchaus zu berücksichtigen ist.

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