Fehlende Klagebefugnis einer Inselgemeinde gegen einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid für einen Offshore-Windpark

Gericht

OVG Lüneburg


Art der Entscheidung

Beschluss


Datum

13. 09. 2010


Aktenzeichen

12 LA 18/09


Entscheidungsgründe


Aus den Gründen:

I. Die Klägerin, eine Inselgemeinde, wendet sich gegen einen der vormaligen Beigeladenen, der Fa. F., unter dem 15. November 2007 erteilten und für sofort vollziehbar erklärten immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid für die Errichtung und den Betrieb von maximal 25 Offshore-Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von maximal 163 m und jeweils maximal 6 Megawatt Leistung sowie einem Umspannwerk und der windparkinternen Kabel im Meeresboden. Der geplante Standort des Windparks befindet sich ca. 13 km nordöstlich des Gemeindegebiets der Klägerin innerhalb des niedersächsischen Küstenmeeres (12-Seemeilen-Zone). Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens (Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 11. Juni 2008) hat die Klägerin Klage erhoben. Mit Urteil vom 11. Dezember 2008 hat das Verwaltungsgericht diese Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klage sei bereits unzulässig, weil es der Klägerin an der gemäß § 42 Abs. 2 VwGO erforderlichen Klagebefugnis mangele. Da es sich im vorliegenden Fall um eine Drittanfechtungsklage handele, liege nach der Schutznormtheorie eine Klagebefugnis nur vor, wenn die Möglichkeit der Verletzung einer Rechtsnorm bestehe, die auch dem Schutz der Klägerin zu dienen bestimmt sei. Daran fehle es vorliegend. Die Geltendmachung von Grundrechten scheitere bereits daran, dass sich die Klägerin als öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft nicht auf Grundrechte berufen könne. Eine Klagebefugnis der Klägerin ergebe sich auch nicht aus dem auf Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG beruhenden Selbstverwaltungsrecht oder der gemäß Art. 57 Nds. Verfassung abgesicherten kommunalen Planungshoheit. Zwar könne eine Beeinträchtigung dieser Rechte grundsätzlich eine Klagebefugnis im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO begründen, im vorliegenden Fall erscheine aber weder eine Verletzung der Planungshoheit der Klägerin möglich, noch bestehe die Möglichkeit einer Rechtsverletzung unter dem Gesichtspunkt der nachhaltigen Betroffenheit des Gemeindegebietes oder einer Beeinträchtigung kommunaler Einrichtungen. Eine Verletzung ihrer (der Klägerin) Planungshoheit sei schon angesichts der Entfernung des Windparks von 13 km zu ihrem Gemeindegebiet nicht ersichtlich. Zudem sei auch eine hinreichend konkretisierte Planung weder dargelegt noch anderweitig ersichtlich und handele es sich bei Küstengewässern im Regelfall um dem Zugriff kommunaler Bauleitplanung entzogene, gemeindefreie Gebiete. Anders als die Klägerin meine, ergebe sich aus der teilweisen und zeitweiligen Sichtbarkeit einzelner Windenergieanlagen von ihrem Gemeindegebiet aus keine nachhaltige Betroffenheit. Angesichts des Abstandes von mindestens 13 km sei der Windpark nämlich nur teil- und zeitweise sowie allenfalls in äußerst geringer Größe und Höhe sichtbar (etwa in Höhe von 3 mm) und nehme vom Hauptstrand gesehen zudem nur einen sehr kleinen Ausschnitt des Blickfeldes ein. Ein Recht auf uneingeschränkte und zeitlich unbegrenzte Freihaltung der von ihr aus einsehbaren Seeflächen von technischen Anlagen stehe der Klägerin nicht zu und eine tief greifende Einwirkung und Prägung des das Gemeindegebiet nicht einmal unmittelbar berührenden Windparks auf die Ortslage und städtebauliche Struktur der Klägerin sei nicht anzunehmen. Zwar könne ggf. von einer Prägung des Landschaftsbildes als solches durch den Windpark die Rede sein, eine solche berühre aber nicht den Rechtskreis der Klägerin als Selbstverwaltungskörperschaft und könne daher von ihr auch nicht geltend gemacht werden. Die Wirtschaftstruktur und Leistungsfähigkeit der Klägerin werde durch das Vorhaben auch nicht gravierend und nachhaltig in einer Weise verschlechtert, dass dadurch eine Verletzung des Selbstverwaltungsrechtes in Betracht käme. Eine solche Verschlechterung durch die Errichtung des Windparks könne insbesondere nicht mit einem zu befürchtenden Rückgang der Touristenzahlen begründet werden. Die darin liegende Auswirkung sei nämlich allenfalls eine mittelbare, die ein Abwehrrecht der Klägerin nicht vermitteln könne. Zudem seien die von der Klägerin vorgelegten Zahlen wenig aussagekräftig und die Behauptung, ein hoher Prozentsatz der Touristen würde bei Errichtung des Windparks ausbleiben, erscheine überzogen. Ähnliche Befürchtungen hätten sich nach der Errichtung von zwei größeren Offshore-Windparks vor der dänischen Küste nämlich nicht bestätigt. Dass die Errichtung von Windenergieanlagen in 13 km Entfernung - bzw. 17 km vom Hauptbadestrand - zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung der Funktion der Klägerin als anerkannter Kurort führe, sei fernliegend. Die Anlagen veränderten weder das Bioklima nach entstünden Einwirkungen auf die Luftqualität oder die Infrastruktur. Der bloße Umstand, dass die Anlagen optisch sichtbar seien, führe nicht zum Entfallen von Anerkennungsvoraussetzungen nach der Verordnung über die staatliche Anerkennung von Kur- und Erholungsorten (Kurort-VO). Auch aus der von der Klägerin befürchteten Kollision von Schiffen mit den Windenergieanlagen erwachse ihr kein Abwehrrecht. Zwar umfasse Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG auch den Schutz vor Beeinträchtigungen des Rechts zum Betrieb öffentlicher Einrichtungen, es sei jedoch bereits zweifelhaft, ob der Strand einer Inselgemeinde eine kommunale Einrichtung darstelle, welche durch ein Schiffsunglück in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich in Mitleidenschaft gezogen werden könne. Selbst wenn man dieses aber bejahe, folge daraus keine Klagebefugnis für das vorliegende Verfahren, denn das Risiko einer Havarie und nachfolgender Verschmutzung der Gewässer und der Strände sei den Schiffen und nicht den Windenergieanlagen zuzuordnen. Die Ladung der Schiffe und nicht die Materialien der Windenergieanlagen führten bei einer Kollision nämlich zu der Verunreinigung. Der Windpark sei wegen fehlenden inneren Zusammenhangs auch kein Zweckveranlasser eines möglichen Unglücks, da die einzelnen Windenergieanlagen außerhalb des Fahrwassers für große Schiffe lägen. Zudem hätte eine Havarie nicht - wie die Klägerin geltend mache - das dauerhafte Erliegen des Touristenbetriebes zur Folge, sondern allenfalls eine kurzfristige, reversible Einschränkung der Strandbenutzbarkeit. Aus dem einfachgesetzlichen Verunstaltungsverbot des § 53 NBauO lasse sich eine Klagebefugnis schon deshalb nicht herleiten, weil dieses keinen Drittschutz vermittele. Gleiches gelte für die europäische Vogelschutz- sowie die FFH-Richtlinie. Da beide nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer folge, dem Einzelnen keine Rechte verliehen und daher eine Klagebefugnis der Klägerin nicht begründen könnten, könne für das vorliegende Verfahren dahinstehen, ob sie unmittelbare Wirkung entfalteten.

II. Der gegen dieses Urteil gestellte Zulassungsantrag bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) sind bereits nicht hinreichend dargelegt bzw. liegen in der Sache nicht vor.

1. Die von der Klägerin erhobenen Einwände begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

Die Klägerin führt diesbezüglich aus, das Verwaltungsgericht habe fehlerhaft schon die Möglichkeit der Verletzung des in den Schutzbereich der Selbstverwaltungsgarantie fallenden Selbstverwaltungsrechts abgelehnt und ihre Klage deshalb zu Unrecht als unzulässig abgewiesen. Tatsächlich bestehe jedenfalls die - für die Zulässigkeit der Klage ausreichende - Möglichkeit einer Rechtsverletzung. Dieses Vorbringen trägt nicht.

Es begegnet insbesondere keinen Bedenken, dass das Verwaltungsgericht die Klagebefugnis nicht dem Umstand entnommen hat, dass der Windpark von dem Gemeindegebiet der Klägerin - jedenfalls teilweise und zeitweilig - zu sehen sein wird. Der Einwand der Klägerin, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass ihr Ortsbild als Inselgemeinde durch die freie Aussicht auf das Meer geprägt sei und der Besucher der Insel genau diesen (noch) charakteristisch unverbauten Blick über den Horizont genieße, verkennt die Anforderungen für die Annahme einer Klagebefugnis aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG. Die Klagebefugnis setzt bei Maßnahmen außerhalb des Gemeindegebietes aufgrund von Fernwirkungen, worauf bereits das Verwaltungsgericht unter Zitierung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 15.12.1989 - 4 C 36.86 -, BVerwGE 84, 209 = NVwZ 1990, 464) hingewiesen hat, die Möglichkeit einer nachhaltigen Betroffenheit voraus. Eine solche ist nur dann anzunehmen, wenn die in Frage stehende Maßnahme unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art für die Gemeinde bedingt (so auch: Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, 2009, S. 245; Palme/Schumacher, Zulässigkeit von Klagen gegen Offshore-Windparks in der Ausschließlichen Wirtschaftszone, NuR 2004, 773, 775; Keller, Rechtsschutzdefizite Dritter gegen Genehmigungserteilungen für Windenergieanlagen in der AZW?, ZUR 2005, 184, 188). Das Verwaltungsgericht hat zutreffend schon die Möglichkeit einer in diesem Sinne nachhaltigen Betroffenheit verneint. Dass die Klägerin die überzeugend - u. a. mit dem Abstand des Windparks von mindestens 13 km sowie der Sichtbarkeit vom Gebiet der Klägerin nur bei günstigen Witterungsbedingungen und allenfalls in äußerst geringer Höhe und Breite - begründete Einschätzung des Verwaltungsgerichts nicht teilt, ist für sich genommen nicht geeignet, ernstliche Zweifel daran zu wecken. Selbst wenn man mit der Klägerin annimmt, durch den Windpark werde die freie Aussicht auf das Meer und der für ihr Gebiet charakteristische (noch) unverbaute Blick über den Horizont verstellt und dadurch der Charakter der Landschaft dauerhaft verändert, folgt daraus schon deshalb keine nachhaltige Betroffenheit der Klägerin, weil diese, worauf schon das Verwaltungsgericht hingewiesen hat, keinen Anspruch auf uneingeschränkte und zeitlich unbegrenzte Freihaltung der von ihr aus einsehbaren Seeflächen hat. Auch der Vortrag der Klägerin, der nach der Umweltverträglichkeitsstudie vorhandene Sichtweiten-Jahresmittelwert von 45%, der für sich genommen schon hoch sei, werde - da gerade in den Sommermonaten die Sicht besser sei als in den Herbst- und Wintermonaten - im Sommer deutlich übertroffen, ist deshalb nicht geeignet, eine nachhaltige Betroffenheit zu begründen. Zudem hat das Verwaltungsgericht auf diesen sich aus der Umweltverträglichkeitsstudie ergebenden Wert nicht abgestellt, sondern allein darauf, dass der Windpark vom Gebiet der Klägerin nur zeitweise zu sehen sein werde. Diese Prämisse bleibt selbst dann richtig, wenn der Windpark in den Sommermonaten tatsächlich zu mehr als 50% der Zeit wahrnehmbar sein sollte. Soweit die Klägerin geltend macht, das Verwaltungsgericht habe nicht auf die Sichtbarkeit des Windparks in einer Höhe von 3 mm abheben dürfen, weil Längenangaben keine Beurteilung der optischen Wirkung im vorliegenden Verfahren erlaubten und eine Visualisierung nicht ersetzten, verkennt sie, dass das Verwaltungsgericht insoweit in erster Linie darauf abgestellt hat, der Windpark sei selbst bei optimalen Witterungsbedingungen allenfalls in „äußerst geringer Größe und Breite“ sichtbar. Lediglich als Klammerzusatz ist dann angefügt „(nach den Berechnungen der Beigeladenen im Parallelverfahren 5 A 2653/08 etwa in Höhe von 3 mm)“. Dass die Anlagen vom Gemeindegebiet der Klägerin nur mit geringer Höhe und Breite sichtbar sind, hat die Klägerin nicht in Abrede gestellt. Ihre Darlegung, es reiche für die Klagebefugnis aus, dass „unabhängig davon, ob die einzelnen Anlagen von weitem 3 mm oder etwa 3 cm hoch wirken mögen“, „der Betrachter allein schon durch die dauerhafte Unterbrechung des uneingeschränkten Blickes auf den Horizont in einem erheblichen Ausmaß negativ beeinträchtigt wird“, stellt die überzeugenden, dies verneinenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht durchgreifend in Frage. Die Klägerin ersetzt insoweit lediglich die Wertung des Verwaltungsgerichts durch ihrer eigene abweichende Einschätzung. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend die - angesichts der eingeschränkten Sichtbarkeit ohnehin nur zeitweilige - Unterbrechung des uneingeschränkten Blicks auf den Horizont als für die Annahme einer Klagebefugnis, die - wie dargelegt - die Möglichkeit voraussetzt, dass die in Frage stehende Maßnahme unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art für die Gemeinde mit sich bringt, nicht ausreichend erachtet. Auch die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, eine die nachhaltige Betroffenheit der Klägerin begründende Veränderung der Ortslage und städtebaulichen Struktur durch die Windenergieanlagen liege angesichts der Entfernung nicht vor, begegnet keinen ernstlichen Zweifeln. Soweit die Klägerin insoweit auf Feststellungen im angefochtenen Vorbescheid selbst verweist, wonach durch die Baumaßnahmen die sehr großen Sichtweiten eingeschränkt werden und die Maßnahmen zu einer dauerhaften Verschlechterung des bisher weitgehend frei von störenden Objekten vorhandenen Naturraums führt, und meint, mithin werde deutlich, dass der bislang unbeschränkte Blick auf den Horizont das Gesamtbild der Insel ausmache und dieses durch den Windpark auf Dauer zerstört werde, verkennt sie die Bedeutung dieser Feststellungen. Diese im Rahmen der Bewertung der Umweltauswirkungen nach § 12 UVPG erfolgten Darlegungen befassen sich nicht mit der Frage, ob der Windpark das Ortsbild und die städtebauliche Struktur der in 13 km Entfernung gelegenen Klägerin verändert, sondern damit, ob ein Eingriff in den Naturhaushalt gemäß § 7 NNatG vorliegt, und damit mit dem Schutzgut Landschaft allgemein. Aus einer objektiven Beeinträchtigung der Landschaft oder des Landschaftsbildes allein kann die Klägerin aber kein subjektives Recht und damit keine Klagebefugnis herleiten. Dass die beantragten Baumaßnahmen Auswirkungen auf den Naturhaushalt haben und die Errichtung von Windenergieanlagen in dem bisher weitgehend objektfreien Bereich des Meeres die Sichtweiten (insbesondere in unmittelbarer Nähe der Anlagen) einschränkt, lässt nicht den - von der Klägerin wohl beanspruchten - Schluss zu, damit sei eine nachhaltige Betroffenheit einer mehr als 13 km von der Maßnahme entfernt gelegenen Gemeinde möglich und weckt somit keine Zweifel an den Darlegungen des Verwaltungsgerichts.

Ernstliche Zweifel bestehen auch nicht, soweit das Verwaltungsgericht die Möglichkeit einer gravierenden und nachhaltigen Verschlechterung der Wirtschaftsstruktur und Leistungsfähigkeit der klagenden Gemeinde verneint und auch unter diesem Gesichtspunkt eine Klagebefugnis als nicht gegeben angesehen hat. Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, soweit die Klägerin einen Rückgang der Touristenzahlen befürchte, könne sie daraus kein Abwehrrecht herleiten, weil es sich insoweit um eine nur mittelbare Auswirkung des Windparks handele (so auch: Gatz, a. a. O., S. 245; Fest, Die Errichtung von Windenergieanlagen in Deutschland und seiner Ausschließlichen Wirtschaftszone, 2010, S. 465; Palme/Schumacher, a. a. O., S. 776). Der dagegen erhobene Einwand, das Verwaltungsgericht verkenne die Bedeutung der Landschaft für die primär vom Tourismus lebende Inselgemeinde, geht an der insoweit maßgeblichen Frage der Un- bzw. Mittelbarkeit der Auswirkungen des Windparks vorbei und ist schon deshalb nicht geeignet, ernstliche Zweifel zu wecken. Die Frage, ob das Verwaltungsgericht die von der Klägerin vorgelegten Zahlen, wonach sich 11,8% bzw. 28% der Befragten negativ über einen von der Insel aus sichtbaren Offshore-Windpark geäußert und z. T. angekündigt haben, sich bei einem Bau einen anderen Urlaubsort zu suchen, als wenig aussagekräftig werten und schon die Möglichkeit einer gravierenden Verschlechterung der Wirtschaftsstruktur verneinen durfte, kann daher letztlich dahinstehen. Die diesbezügliche Argumentation des Verwaltungsgerichts hält der Senat jedoch für überzeugend begründet; sie wird durch den (pauschalen) Einwand der Klägerin, es erscheine angesichts der bestehenden Unsicherheiten in diesem Bereich jedenfalls nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder denkbaren Betrachtungsweise unmöglich, dass eine nachhaltige Verschlechterung ihrer (der Klägerin) wirtschaftlichen Lage und Leistungsfähigkeit bewirkt werde, nicht durchgreifend in Zweifel gezogen. Soweit die Klägerin geltend macht, ihre Klagebefugnis ergebe sich jedenfalls angesichts der Möglichkeit des faktischen Verlustes des Status als Kurort, überzeugt dies nicht. Den Ausführungen des Verwaltungsgerichtes hält sie entgegen, dieses habe verkannt, dass es ihr nicht um die Gefahr einer förmlichen Aberkennung des Kurortstatus gehe, sondern um die Möglichkeit, dass Kurgäste, die die Insel bisher wegen des mit dem herausragenden Landschaftsbild verbundenen Erholungseffekts besucht hätten, nach dem Bau des Windparks ausblieben und sie dadurch ihre Funktion als Kurort verlöre. Das von der Klägerin befürchtete Ausbleiben von zahlreichen Kurgästen ist aber - wie das Ausbleiben sonstiger Touristen - letztlich allenfalls eine mittelbare Folge des Windparks und kann schon deshalb keine Klagebefugnis vermitteln. Darüber hinaus teilt der Senat insoweit die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass die diesbezüglichen Behauptungen der Klägerin überzogen erscheinen, und verweist auf die entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Urteil.

Auch die von der Klägerin befürchtete Kollision von Schiffen mit den Windenergieanlagen und das daraus ggf. resultierende Verschmutzungsrisiko der Strände, ist nicht geeignet, eine Klagebefugnis zu begründen. Mit dem Argument, das Risiko einer Havarie und einer nachfolgenden Verschmutzung der Strände durch potentiell schädliche Fracht sei den Schiffen und nicht den Windenergieanlagen zuzuordnen, hat das Verwaltungsgericht insoweit eine Klagebefugnis der Klägerin verneint. Entgegen der Auffassung der Klägerin widerspricht diese in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung (vgl. neben dem vom VG zit. Beschl. d. OVG Hamburg v. 15.9.2004 - 1 Bf 128/04 -, NVwZ 2005, 347, auch: VG Hamburg, Urt. v. 1.12.2003 - 19 K 3585/03 -, NuR 2004, 547) und der Literatur (vgl. Gatz, a. a. O., S. 245; Palme/Schumacher, a. a. O., S. 775; Fest, a. a. O., S. 465) stehende Einschätzung nicht der Entscheidung des 1. Senats des erkennenden Gerichts vom 27. April 2001 (- 1 L 3065/00 -, juris). In dem zitierten Beschluss hat das Gericht die Versagung einer Baugenehmigung für einen an einer stärker befahrenen Landstraße gelegenen Kiosk jedenfalls bis zur Schaffung eines sicheren Überweges zu der benachbarten Schule mit der Begründung für gerechtfertigt erachtet, weder eine Schule noch ein an der Landstraße stehender Kiosk seien für sich genommen gefahrenträchtig, wenn beide jedoch zusammenkämen und sich daraus eine im Rahmen des § 1 Abs. 1 Satz 2 BauGB zu berücksichtigende Gefährdung des Straßenverkehrs ergäbe, so werde die letzte Ursache von demjenigen gesetzt, der als letzter hinzutrete. Da dieses der Kiosk sei, könne dieser vor der Schaffung eines sicheren Überwegs nicht genehmigt werden. Anders als in diesem Fall geht es vorliegend jedoch nicht um eine Risikoverteilung zwischen zwei für sich genommen gefahrlosen Ursachen einer entstehenden Gefährdung, die der 1. Senat anhand der zeitlichen Priorität vorgenommen hat. Vielmehr würde sich im Falle der Kollision eines ggf. mit Gefahrgut beladenen Schiffes mit einer Windenergieanlage - wie etwa bei einer Kollision zweier Schiffe oder einem „Auf-Grund-Laufen“ eines Schiffes - gerade das spezifische Risiko des Schiffsverkehrs realisieren (vgl. Palme/Schumacher, a. a. O., S. 773, 775 ). Deshalb sind die daraus resultierenden etwaigen negativen Umweltfolgen allein den kollidierenden Schiffen zuzurechnen, die als sich bewegende Objekte in der Kausalkette zudem die letzte Ursache für Umweltschäden durch eine Kollision mit den standortgebundenen Windenergieanlagen darstellen (vgl. Gatz, a. a. O., S. 245), und können nicht dem Windpark zugerechnet werden.

Ob die Klägerin, wie sie geltend macht, sich zusätzlich auf europäisches Habitatschutzrecht berufen kann, sofern ihr nach nationalen Vorschriften eine Klagebefugnis einzuräumen wäre, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, da gegen die Verneinung der Klagebefugnis (nach nationalen Vorschriften) durch das Verwaltungsgericht - wie dargelegt - keine durchgreifenden Bedenken bestehe. Eine sich unabhängig von den nationalen Vorschriften direkt aus der Möglichkeit der Verletzung der Vorschriften des Gemeinschaftsrechts (Vogelschutz- und FFH-Richtlinie) ergebende Klagebefugnis reklamiert auch die Klägerin nicht und ist nach den zutreffenden und mit Zitaten aus der Rechtsprechung versehenen Begründung des Verwaltungsgerichtes, auf die der Senat verweist, nicht anzunehmen. Vor dem Hintergrund, dass die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Klage sei mangels Klagebefugnis bereits unzulässig, keinen ernsthaften Zweifeln begegnet, bedarf es ebenfalls keiner Auseinandersetzung mit den Argumenten, die die Klägerin zur Darlegung der Begründetheit der Klage vorgetragen hat.

2. Die Berufung kann auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zugelassen werden. Die Klägerin hat mit der Begründung ihres Zulassungsantrages nicht dargelegt, dass der Streitfall besondere, d. h. überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht aufweist. Diese lassen sich nicht allein aus dem Begründungsaufwand des Verwaltungsgerichts ableiten, da der Umfang der Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils nicht unüblich ist und insbesondere dem Umfang der von der Klägerin mit der Klagebegründung vorgebrachten Argumentation geschuldet ist. Der Umstand, dass die Kammer den Rechtsstreit nicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO auf den Einzelrichter übertragen hat, begründet für sich genommen - anders als die Klägerin offenbar meint - ebenfalls keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO und stellt dafür auch kein Indiz dar (vgl. Senat, Beschl. v. 10.9.2010 - 12 LA 302/08 -; Bay. VGH, Beschl. v. 16.2.2009 - 12 ZB 07.2158 -, juris; OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 10.7.2008 - 2 L 397/05 -, juris). Ob sich die Klägerin - wie geltend gemacht - auf eine Verletzung des europäischen Naturschutzrechts berufen kann, wenn ihr unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von gemeindlichen Hoheitsrechten eine Klagebefugnis zukommt, ist schon deshalb nicht geeignet, den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zu begründen, weil es darauf für die Entscheidung nicht ankommt. Wie dargelegt begegnet die Verneinung der Klagebefugnis durch das Verwaltungsgericht keinen durchgreifenden Bedenken. Vor diesem Hintergrund wäre im Berufungsverfahren auf diesen von der Klägerin angeführten Aspekt angesichts der Unzulässigkeit ihrer Klage nicht einzugehen.

3. Angesichts der fehlenden Klagebefugnis und daraus folgenden Unzulässigkeit ihrer Klage würde sich auch die von der Klägerin für grundsätzlich bedeutsam im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO erachtete Frage, ob das europäische Habitatschutzrecht für die von einer Planung tatsächlich betroffenen juristischen oder natürlichen Personen jedenfalls dann rügefähig ist, wenn diese einen nach nationalem Recht im Übrigen zulässigen Rechtsbehelf erhoben haben, im Berufungsverfahren nicht stellen, und sind die darauf bezogenen Ausführungen daher nicht geeignet, die Zulassung der Berufung zu begründen.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Rechtsgebiete

Verwaltungsrecht; Garten- und Nachbarrecht; Nachbarrecht

Normen

GG Art. 28 II 1, 57; VwGO 42 II §§ 6, 124; BauGB § 1