Rundfunkgebühr bei nichtehelicher Lebensgemeinschaft für privat genutztes Autoradio
Gericht
VGH München
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
28. 02. 2011
Aktenzeichen
7 BV 09.692
2. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV ist in dem Fall, dass mehrere Personen gemeinsam ein (erstes) Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithalten, nicht einschränkend dahin auszulegen, dass die Zweitgerätefreiheit nur demjenigen Rundfunkteilnehmer zugute kommt, der das Erstgerät angemeldet hat und hierfür Rundfunkgebühren entrichtet (wie VGH Mannheim, BeckRS 2008, 38392 = DÖV 2009, 127 L; a. A. OVG Münster, BEckRS 2010, 47768 = DVBl 2010, 864 L = NWVBl 2010, 361).
Tatbestand:
[1] Der Kläger wendet sich gegen die Rundfunkgebührenpflicht seines privat genutzten Autoradios.
[2] Der Beklagte setzte mit Gebührenbescheid vom 1. Dezember 2006 gegenüber dem Kläger Rundfunkgebühren für den Zeitraum Januar 1996 bis September 2006 in Höhe von 653,19 Euro fest. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2007 als unbegründet zurück. Der Kläger halte seit Januar 1996 ein Hörfunkgerät (Autoradio) in seinem (allein) auf ihn zugelassenen Kraftfahrzeug zum Empfang bereit und sei hierfür gebührenpflichtig (§ 1 Abs. 3, § 2 Abs. 2 Satz 1 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags - RGebStV). Die Zweitgerätefreiheit (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV) gelte für das klägerische Autoradio nicht, weil der Kläger bisher nicht als Rundfunkteilnehmer gemeldet und das Autoradio somit für ihn kein Zweitgerät sei. Auf den Umstand, dass der Kläger in eheähnlicher Gemeinschaft mit Frau I. zusammenlebe, die seit 1990 als Rundfunkteilnehmerin für die Hörfunk- und Fernsehgeräte in der gemeinsamen Wohnung gemeldet sei, komme es nicht an. Denn § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV erweitere die Zweitgerätefreiheit nach seinem ausdrücklichen Wortlaut nur auf den Ehegatten des angemeldeten Rundfunkteilnehmers. Auf Verjährung könne sich der Kläger nicht berufen. Der Kläger habe trotz bestehender Anzeigepflicht (§ 3 Abs. 1 Satz 1 RGebStV) dem Beklagten das Bereithalten seines Rundfunkempfangsgeräts (Autoradio) zum Empfang nicht angezeigt. Der Verjährungseinrede stehe deshalb nach dem Grundsatz von Treu und Glauben der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen.
[3] Die vom Kläger am 27. September 2007 erhobene Anfechtungsklage gegen die streitgegenständlichen Bescheide hat das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 10. Dezember 2008 unter Wiederholung und Vertiefung der Gründe des Widerspruchsbescheids abgewiesen. Die Lebensgefährtin des Klägers habe die im gemeinsamen Haushalt vorhandenen und gemeinsam genutzten Geräte auf ihren Namen und ihre Rechnung angemeldet. Die Anmeldung sei nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs maßgeblich für die Bestimmung der Person des (gebührenpflichtigen) Rundfunkteilnehmers. Aufgrund ihrer Anmeldung sei demnach die Lebensgefährtin des Klägers in Bezug auf die in der Wohnung gemeinsam zum Empfang bereit gehaltenen Rundfunkempfangsgeräte alleinige Rundfunkteilnehmerin. Das Autoradio sei daher kein Zweitgerät, sondern Erstgerät des bisher nicht als Rundfunkteilnehmer gemeldeten Klägers. Auf die ferner in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV normierte Erweiterung der Zweitgerätefreiheit auf den Ehegatten des Rundfunkteilnehmers könne sich der Kläger ebenfalls nicht berufen, weil er mit seiner Lebensgefährtin nicht verheiratet sei. Der Gesetzgeber habe die Gebührenfreiheit weiterer Rundfunkempfangsgeräte bewusst nur auf den bereits gemeldeten Rundfunkteilnehmer und dessen Ehegatten erstreckt. Das Verwaltungsgericht hat die Berufung im Hinblick auf divergierende obergerichtliche Entscheidungen zugelassen.
[4] Im Berufungsverfahren verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter. Er führt aus, das Autoradio sei tatsächlich ein Zweitgerät. Er sei zusammen mit seiner Lebensgefährtin Rundfunkteilnehmer bezüglich der in der Wohnung gemeinsam zum Empfang bereitgehaltenenen Rundfunkempfangsgeräte. Wenn mehrere Personen gemeinsam ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithielten, sei jede von ihnen Rundfunkteilnehmer, unabhängig davon, welche Person sich (zufälligerweise) als Rundfunkteilnehmer anmelde und die Rundfunkgebühren zahle.
[5] Der Kläger beantragt,
[6] unter Änderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 10. Dezember 2008, den Gebührenbescheid des Beklagten vom 1. Dezember 2006 und den Widerspruchsbescheid vom 24. August 2007 aufzuheben und die Zuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
[7] Der Beklagte beantragt,
[8] die Berufung zurückzuweisen.
[9] Er tritt dem klägerischen Begehren unter Wiederhoung und Vertiefung der Gründe des Widerspruchsbescheids und der angefochtenen gerichtlichen Entscheidung entgegen. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV diene der Entlastung privater Gebührenpflichtiger. Die vom Gesetzgeber angestrebte Entlastung setze denknotwendig die Belastung mit einer Gebührenpflicht voraus. Der Rundfunkteilnehmer müsse deshalb ein (erstes) Rundfunkempfangsgerät angemeldet haben und hierfür Rundfunkgebühren entrichten, bevor er dem Anwendungsbereich der Bestimmung unterfalle.
[10] Die Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses unterstützt das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts.
[11] Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
[12] Die Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 101 Abs. 2, § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO), hat Erfolg. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist abzuändern. Die angefochtenen Bescheide sind aufzuheben, weil sie den Kläger in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 VwGO).
[13] 1. Der Kläger ist nach der Systematik des Rundfunkgebührenstaatsvertrags (RGebStV) in der für den streitgegenständlichen Zeitraum (Januar 1996 bis September 2006) jeweils maßgeblichen Fassung der Bekanntmachungen vom 31. August 1991 (GVBl S. 451, BayRS 2251S) und vom 27. Juli 2001 (GVBl S. 561, BayRS 2251S) Rundfunkteilnehmer und damit grundsätzlich gebührenpflichtig sowohl in Bezug auf sein Autoradio als auch im Hinblick auf die weiteren in der Wohnung gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin zum Empfang bereitgehaltenen Rundfunkempfangsgeräte. Er hat für sein Autoradio jedoch nach der Ausnahmebestimmung des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV eine Rundfunkgebühr nicht zu leisten.
[14] a) Rundfunkteilnehmer ist, wer ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithält (§ 1 Abs. 2 Satz 1 RGebStV). Für das in ein Kraftfahrzeug eingebaute Rundfunkempfangsgerät gilt derjenige als Rundfunkteilnehmer, für den das Kraftfahrzeug zugelassen ist (§ 1 Abs. 3 Satz 1 RGebStV). Jeder Rundfunkteilnehmer hat vorbehaltlich der Regelungen der §§ 5 und 6 RGebStV für jedes von ihm zum Empfang bereitgehaltene Rundfunkempfangsgerät eine Grundgebühr und für das Bereithalten jedes Fernsehgerätes jeweils zusätzlich eine Fernsehgebühr zu entrichten (§ 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV). Die Rundfunkgebührenpflicht beginnt mit dem ersten Tag des Monats, in dem ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereitgehalten wird (§ 4 Abs. 1 RGebStV).
[15] b) Der Kläger gilt für das Rundfunkempfangsgerät (Autoradio), das in dem (allein) auf ihn zugelassenen Kraftfahrzeug eingebaut ist, kraft Gesetzes als Rundfunkteilnehmer (§ 1 Abs. 3 Satz 1 RGebStV). Er ist außerdem Rundfunkteilnehmer im Hinblick auf die weiteren in der Wohnung befindlichen Rundfunkempfangsgeräte, weil er diese gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin zum Empfang bereithält (§ 1 Abs. 2 Satz 1 RGebStV). Halten mehrere Personen ein Rundfunkempfangsgerät gemeinsam zum Empfang bereit, so ist jede von ihnen Rundfunkteilnehmer. Für die Begründung der Rundfunkteilnehmereigenschaft und der damit verbundenen Gebührenpflicht ist die Anzeige (Anmeldung) des Bereithaltens des Rundfunkempfangsgeräts zum Empfang (§ 3 RGebStV) unerheblich. Auf den Umstand, dass (nur) die Lebensgefährtin des Klägers diese Rundfunkempfangsgeräte beim Beklagten angemeldet hat, kommt es deshalb nicht an.
[16] aa) Ein Rundfunkempfangsgerät hält nach allgemeiner Ansicht derjenige zum Empfang bereit (§ 1 Abs. 2 Satz 1 RGebStV), der die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Rundfunkempfangsgerät innehat und rechtlich verbindliche Benutzungsregelungen etwa über seinen Einsatz und die Programmwahl treffen kann (vgl. z.B. OVG NRW vom 2.3.2010 Az. 8 A 2217/09
[17] bb) Bei ehelichen wie nichtehelichen Lebensgemeinschaften ist regelmäßig - wie unstreitig auch im vorliegenden Fall - davon auszugehen, dass beide Partner hinsichtlich der in der gemeinsamen Wohnung befindlichen Rundfunkempfangsgeräte die tatsächliche Verfügungsgewalt innehaben und rechtlich verbindliche Benutzungsregelungen über Einsatz und Programmwahl treffen können (vgl. OVG NRW vom 2.3.2010 a. a. O. RdNr. 42; OVG Hamburg vom 25.2.2010 a. a. O. RdNr. 11; VGH BW vom 21.8.2008 a. a. O. RdNr. 21; Naujock a. a. O. RdNr. 37 zu § 1 RGebStV). Beide Partner halten die Rundfunkempfangsgeräte in der Wohnung demnach gemeinsam zum Empfang bereit. Sie sind beide Rundfunkteilnehmer und haften für die zu entrichtenden Rundfunkgebühren als Gesamtschuldner (§ 421 BGB). Der Beklagte kann die Rundfunkgebühren somit zwar von jedem Gesamtschuldner fordern, er hat auf sie jedoch insgesamt nur einmal Anspruch (vgl. OVG NRW vom 2.3.2010 a. a. O. RdNr. 40 ff.; OVG Hamburg vom 25.2.2010 a. a. O. RdNr. 10 ff.; VGH BW vom 21.8.2008 a. a. O. RdNr. 21 f.; Naujock a. a. O. RdNr. 36 f. zu § 1 RGebStV).
[18] cc) Der Senat hält an seiner bisherigen Ansicht (BayVGH vom 14.8.1997 Az. 7 ZB 97.1785 S. 4 f.), bei mehreren Personen, die gemeinsam ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithalten, sei nur derjenige (gebührenpflichtiger) Rundfunkteilnehmer, der das Rundfunkempfangsgerät beim Beklagten angemeldet habe, nicht fest. Diese Ansicht, auf die sich der Beklagte und das angefochtene gerichtliche Urteil stützen, ist mit der Systematik des Rundfunkgebührenstaatsvertrags nicht vereinbar.
[19] Für die Begründung der Rundfunkteilnehmereigenschaft, die sich allein danach bestimmt, wer ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithält (§ 1 Abs. 2 Satz 1 RGebStV), und die damit verbundene Gebührenpflicht ist die Anzeige (Anmeldung) des Bereithaltens des Rundfunkempfangsgeräts zum Empfang (§ 3 RGebStV) unerheblich. Die in § 3 RGebStV geregelte Anzeigepflicht (Anmeldung) bei Beginn des Bereithaltens eines Rundfunkempfangsgeräts zum Empfang hat für den Beklagten erhebliche tatsächliche Bedeutung, weil er nur hierdurch von der Erfüllung des gesetzlichen Tatbestands der Rundfunkgebührenpflicht erfährt. Sie ist jedoch lediglich eine Rechtsfolge der durch das Bereithalten des Rundfunkempfangsgeräts zum Empfang bereits kraft Gesetzes (§ 1 Abs. 2 Satz 1, § 2 Abs. 2 Satz 1, § 4 Abs. 1 RGebStV) entstandenen Rundfunkteilnehmereigenschaft und Gebührenpflicht. Die tatsächliche Anmeldung des Rundfunkempfangsgeräts hat deshalb weder auf die Person des Rundfunkteilnehmers noch den Beginn seiner Gebührenpflicht Einfluss (vgl. OVG NRW vom 2.3.2010 a. a. O. RdNr. 40 ff.; OVG Hamburg vom 25.2.2010 a. a. O. RdNr. 10 ff.; VGH BW vom 21.8.2008 a. a. O. RdNr. 21 f.; Gall in Beck´scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl. 2008, RdNr. 8 zu § 3 RGebStV).
[20] c) Der Kläger hat als grundsätzlich gebührenpflichtiger Rundfunkteilnehmer für sein Autoradio nach der Ausnahmebestimmung des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV eine Rundfunkgebühr nicht zu leisten.
[21] aa) Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV ist eine Rundfunkgebühr nicht zu leisten für weitere Rundfunkempfangsgeräte (Zweitgeräte), die von einer natürlichen Person oder ihrem Ehegatten in ihrer Wohnung oder ihrem Kraftfahrzeug zum Empfang bereitgehalten werden, wobei für Rundfunkempfangsgeräte in mehreren Wohnungen für jede Wohnung eine Rundfunkgebühr zu entrichten ist.
[22] bb) Der Kläger erfüllt den Wortlaut dieser Bestimmung. Er hält als natürliche Person sein Autoradio als weiteres Rundfunkempfangsgerät (Zweitgerät) zum Empfang bereit, weil er für die mit seiner Lebensgefährtin gemeinsam zum Empfang bereitgehaltenen Rundfunkempfangsgeräte in der Wohnung ebenfalls Rundfunkteilnehmer und gebührenpflichtig ist. Soweit der Senat in seiner früheren Entscheidung vom 14. August 1997 die Ansicht vertreten hat, es bestehe keine „Personenidentität“ zwischen dem Rundfunkteilnehmer des Autoradios (hier: Kläger) und der „Personenmehrheit“, welche Rundfunkteilnehmer bezüglich der Rundfunkempfangsgeräte in der Wohnung sei, hält er hieran nicht fest. Der Kläger ist eine natürliche Person im Sinn des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV auch dann, wenn er mit seiner Lebensgefährtin gemeinsam Rundfunkempfangsgeräte zum Empfang bereithält. Denn der Kläger und seine Lebensgefährtin verfolgen mit den in der Wohnung gemeinsam zum Empfang bereitgehaltenen Rundfunkempfangsgeräten keinen besonderen gesellschaftsrechtlichen Zweck, der über ihr Zusammenleben in nichtehelicher Lebensgemeinschaft hinausgeht. Sie haben deshalb insoweit auch nicht etwa eine gesondert zu beurteilende Rechtsgemeinschaft, etwa in Gestalt einer (teilrechtsfähigen) Gesellschaft bürgerlichen Rechts, gegründet (vgl. Sprau in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 70. Aufl. 2011, RdNr. 1 ff. zu § 705 BGB).
[23] cc) § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV ist entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 2.3.2010 a. a. O.) in dem Fall, dass mehrere Personen gemeinsam ein (erstes) Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithalten, auch nicht einschränkend dahin auszulegen, dass die Zweitgerätefreiheit nur demjenigen Rundfunkteilnehmer zugute kommt, der das Erstgerät angemeldet hat und hierfür Rundfunkgebühren entrichtet.
[24] (1) Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (im Folgenden: OVG NRW) führt in seiner Entscheidung aus, der Gesetzgeber habe bei seiner Regelung außer acht gelassen, dass ein Rundfunkempfangsgerät auch von mehreren Personen gemeinsam zum Empfang bereitgehalten werden könne. Er habe - vom Wortlaut der Vorschrift abweichend - die Zweitgerätefreiheit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV tatsächlich nur auf den bereits gemeldeten Rundfunkteilnehmer und dessen Ehegatten erstrecken und nichteheliche Lebensgemeinschaften oder sonstige Wohngemeinschaften in die Regelung nicht einbeziehen wollen. Es sei deshalb in dem Fall, dass mehrere Personen gemeinsam ein (erstes) Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithalten, geboten, § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV einschränkend dahin auszulegen, dass die Zweitgerätefreiheit nur demjenigen Rundfunkteilnehmer zugute komme, der das Erstgerät angemeldet habe und hierfür Rundfunkgebühren entrichte.
[25] (2) Der Senat folgt diesen Überlegungen im Ergebnis nicht und schließt sich der dem Wortlaut und der Systematik des Rundfunkgebührenstaatsvertrags folgenden Auslegung des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV durch den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Urteil vom 21.8.2008 a. a. O.) an (ihm folgend OVG Hamburg vom 25.2.2010 a. a. O.), die das Bundesverwaltungsgericht als mit Bundesrecht vereinbar und „rechtsstaatlich unbedenkliche gerichtliche Auslegung“ beurteilt hat (vgl. BVerwG vom 29.4.2009 Az. 6 C 28.08
[26] d) Nachdem der Kläger Rundfunkteilnehmer eines Erstgeräts ist und hinsichtlich seines Autoradios dem Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV bereits als „natürliche Person“ unterfällt, kommt es auf die Frage, ob der Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft dem „Ehegatten“ eines Rundfunkteilnehmers gleichzustellen ist, nicht an.
[27] 2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Der Senat hat die Zuziehung des Bevollmächtigten des Klägers im Vorverfahren für notwendig erklärt (§ 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO), weil es dem Kläger nach seinen persönlichen Verhältnissen und der Schwierigkeit der Sache nicht zuzumuten war, das Vorverfahren selbst zu führen (vgl. z.B. BVerwG vom 29.1.2009 BVerwGE 133, 118/129). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.
[28] 3. Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), weil die entscheidungserheblichen Rechtsfragen höchstrichterlich bereits geklärt sind. Der Rechtsstreit betrifft - wie im gleichgelagerten Fall des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Urteil vom 21.8.2008) - irrevisibles Landesrecht, weil die Bestimmungen des Rundfunkgebührenstaatsvertrags erst seit dem 1. März 2007 (Einfügung des § 10 RGebStV mit Inkrafttreten des Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrages) revisibel sind und der streitgegenständliche Sachverhalt (für den Zeitraum Januar 1996 bis September 2006) vollständig vor diesem Zeitpunkt liegt (vgl. BVerwG vom 29.4.2009 a. a. O. RdNr. 14). Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 29. April 2009 bereits geklärt, dass die vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Urteil vorgenommene Auslegung des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RGebStV, welcher der Senat folgt, mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Sonstige klärungsbedürftige Fragen wirft die Rechtssache nicht auf.
Rechtsmittelbelehrung
[29] Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
[30] Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten
und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.
[31] ...
[32] Beschluss:
[33] Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 653,19 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 3 GKG).
Rechtsgebiete
Verbraucherschutzrecht; Verwaltungsrecht
Normen
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