Veranlagung der Sportunternehmen zu den Gefahrtarifstellen im Gefahrtarif

Gericht

SG München


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

20. 11. 2001


Tenor


  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Veranlagung des Klägers zu der Gefahrklasse 4,43 in den Jahren 1998 bis 2000 rechtmäßig ist.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein und betreibt einen Golfclub. Die Beklagte stellte dem Kläger einen Mitgliedsschein vom 25.07.1983 aus und trug ihn mit Wirkung vom 01.05.1983 in ihr Unternehmerverzeichnis ein.

Am 11. Dezember 1997 beschloss die Vertreterversammlung der Beklagten für den Tarifzeitraum vom 01.01.1998 bis 31.12.2000 einen neuen Gefahrtarif (Gefahrtarif 1998). Die Vertreterversammlung beschloss, bei Sportunternehmen zwischen den Gefahrtarifstellen 50, 51 und 52 zu differenzieren. Die Gefahrtarifstelle 50 erfasste dabei Sportunternehmen mit bezahlten Sportlern aus der ersten oder zweiten Fußballbundesliga oder der Fußballregionalliga, die Gefahrtarifstelle 51 Sportunternehmen mit sonstigen bezahlten Sportlern, wenn dieses Unternehmen nicht bereits zu der Gefahrtarifstelle 50 gehört und die Gefahrtarifstelle 52 Sportunternehmen, wenn dieses nicht bereits zur Gefahrtarifstelle 50 oder 51 gehört. Für die in der Gefahrtarifstelle 52 zusammengefassten Sportunternehmen wurde die Gefahrklasse auf 4,43 festgesetzt.

Mit Bescheid vom 31.03.1998 veranlagte die Beklagte den Kläger zur Gefahrtarifstelle 52 mit der Gefahrklasse 4,43 des ab 01.01.1998 gültigen Gefahrtarifs. Die Beitragsbescheide für die Jahre 1998 bis 2000 datieren vom 03.11.1999, 25.04.2000 und 25.04.2001.

Der Widerspruch gegen den Veranlagungsbescheid vom 31.03.1998 und den Beitragsbescheid 1998 vom 03.11.1999 wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 25.01.2000). Im Widerspruchsbescheid wurde ausgeführt, der Kläger sei Mitglied des Deutschen Golfverbandes. Die Verbandsvertreter bezweifelten zum einen, dass die Veranlagung der Golfclubs als Sportunternehmen der Gefahrtarifstelle 52 rechtmäßig sei, weil die Unfallgefährdung nachweislich wesentlich niedriger sei als in den übrigen Breitensportvereinen. Zum anderen werde seitens des Deutschen Golfverbandes angestrebt, eine eigene Gefahrtarifstelle für die Golfclubs zu bilden. Soweit die Bildung einer eigenen Gefahrtarifstelle nicht erreicht werden könne, käme alternativ eine Veranlagung als Unternehmensart "Verein und Einrichtung zur Entspannung, Erholung, Belehrung, Unterhaltung, Geselligkeit" der Gefahrtarifstelle 44 oder "Bewirtschaftung, Vermietung von Sportanlagen" der Gefahrtarifstelle 36 des seit 01.01.1998 geltenden Gefahrtarifs in Betracht. Die Zuordnung zu diesen Unternehmensarten sei nach Auffassung der Verbandsvertreter sachgerechter und würde zugleich den Grad der Unfallgefahr der Golfclubs Rechnung tragen. Der Widerspruch sei in der Sache unbegründet. Die Aufstellung des von 1998 bis 2000 geltenden Gefahrtarifs sei aufgrund der gesetzlichen Neuregelungen mit der Einführung des Sozialgesetzbuches (SGB) VII nach versicherungsmathematischen Anforderungen erforderlich geworden. Das SGB VII hebe für die gesetzliche Unfallversicherung deutlich das Erfordernis hervor, versicherungsmathematische Aspekte bei der Gefahrtarifaufstellung zu berücksichtigen (vgl. § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII) . Bei dem Gefahrtarif 1998 bis 2000 handle es sich um einen nach Unternehmensarten gegliederten Tarif. Entscheidend für die Zuordnung zu einer bestimmten Unternehmensart sei Art und Gegenstand eines Unternehmens insgesamt. Die Unfallgefahr des einzelnen Unternehmens spiele keine Rolle. Auch bei dem ab 01.01.1998 gültigen Gefahrtarif würden die Gefahrklassen nicht für einzelne Unternehmen, sondern für Gefahrengemeinschaften (Gefahrtarifstellen) festgestellt, in denen Unternehmen gleicher oder ähnlicher Art und gleicher oder ähnlicher Gefährdungsrisiken zusammengefasst seien. Der Gefahrtarif ab 01.01.1998 habe mehr Gefahrtarifstellen als bisher. Die einzelnen Unternehmensarten seien in ihrer Bezeichnung und Zusammensetzung - bis auf wenige Ausnahmen wie z.B.. im Bereich Sport - unverändert geblieben. Unter Sportunternehmen seien vorrangig Sportvereine aber auch Unternehmen zu verstehen, die Personen per Vertrag oder tatsächlich zur Sportausübung verpflichteten. Das Gefährdungsrisiko jeder Tarifstelle werde durch die Belastungsziffer ausgedrückt. Die Belastungsziffer einer Tarifstelle ergebe sich aus dem Verhältnis aller gezahlten Leistungen sämtlicher Versicherungsfälle (Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten) zu den Arbeitsentgelten aller Unternehmen dieser Tarifstelle. Die Gefahrklasse sei die auf zwei Stellen gerundete Belastungsziffer. Der Beobachtungszeitraum sei im SGB VII gesetzlich nicht festgelegt. Er solle jedoch lang genug sein, um Zufallsschwankungen möglichst auszugleichen. Er dürfe aber nicht zu lang sein, damit die Unternehmen entsprechend ihren aktuellen Gefährdungsrisiken veranlagt werden könnten. Der hier gewählte Beobachtungszeitraum umfasse die Jahre 1994 bis 1996. Auch bei den Golfvereinen stehe die sportliche Zielsetzung im Vordergrund, so dass die Veranlagung als Sportunternehmen gerechtfertigt sei. Unstreitig handle es sich danach bei den Golfvereinen um Sportvereine, und damit sei die Zuordnung zur Gefahrtarifstelle 52 rechtlich nicht zu beanstanden. Der Versicherungsträger sei nicht verpflichtet, innerhalb einer Unternehmensart weitere Untergliederungen vorzunehmen, weil dies eine Durchbrechung des Versicherungsprinzips bedeuten würde. Allein der Umstand, dass sich aufgrund der geringeren Unfallbelastung des Golfsports eine wesentlich niedrigere Gefahrklasse für diesen Bereich errechne, verpflichte die Beklagte ebenfalls nicht, die Veranlagung zu einer anderen im Gefahrtarif genannten Unternehmensart vorzunehmen. Durch die Dreiteilung des Sportbereichs mit der separaten Einstufung der Breitensportvereine profitierten letztendlich auch die Golfvereine. Der mit Widerspruch angefochtene Beitragsbescheid basiere auf der in dem Veranlagungsbescheid festgesetzten Gefahrklasse. Die weiteren Grundlagen der Beitragsberechnung seien nicht angegriffen worden. Andere Fehler in der Berechnung, die zur Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheides führen könnten, seien nicht ersichtlich.

Dagegen wurde am 24.02.2000 Klage zum Sozialgericht München erhoben (Klageschrift vom 22.02.2000).

Der Kläger beantragt,

den Veranlagungsbescheid der Beklagten vom 31.03.1998 und den Beitragsbescheid vom 03.11.1999 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2000 sowie die Beitragsbescheide vom 25.04.2000 und 25.04.2001 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Bei der Klage handelt es sich um eine Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG. Mit ihr begehrt der Kläger die Entscheidung, den Bescheid über die Veranlagung bzw. die Beitragshöhe teilweise aufzuheben oder abzuändern. Allein auf die Anfechtungsklage hin kann über ein derartiges Begehren in vollem Umfang entschieden werden. Das gilt auch, wenn es nur teilweise begründet ist. Dann ist der Bescheid aufzuheben, soweit die Veranlagung bzw. die Beitragsforderung über die rechtmäßige Höhe hinausgeht, und die Klage im Übrigen abzuweisen. Eines weiteren Klageantrags bedarf es nicht (vgl. BSG, SGb 2001, 254, 255).

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ? BSG ? ist der Gefahrtarif seiner Rechtsnatur nach autonomes Recht des betreffenden Unfallversicherungsträgers; dies ist nunmehr in § 157 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ausdrücklich normiert. Im Rahmen der dem Versicherungsträger gesetzlich verliehenen Autonomie wird der Gefahrtarif von dem zuständigen Organ der Selbstverwaltung mit Rechtswirksamkeit für die in einer Berufsgenossenschaft zusammengeschlossenen Unternehmer erlassen; er ist somit objektives Recht (vgl. BSG SozR 2200 § 734 Nr. 5 S. 19). Gemäß § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII wird der Gefahrtarif nach Tarifstellen gegliedert, in denen Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs gebildet werden. Gemäß § 157 Abs. 3 SGB VII werden die Gefahrklassen aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten berechnet.

Bei der Erfüllung der Verpflichtung, durch einen Gefahrtarif Gefahrklassen zu bilden, steht der Vertreterversammlung ein größerer Regelungsspielraum zu, der durch die Wertentscheidungen des Gesetzes begrenzt ist und folglich nicht im Widerspruch zu den tragenden Grundsätzen des Unfallversicherungsrechts stehen darf (BSG, SGb 1995, 253, 255). Nützlichkeits- oder Zweckmäßigkeitserwägungen spielen bei einer Überprüfung durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit keine entscheidende Rolle, ebenso wenig wie die Frage, ob der Gefahrtarif die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung trifft (BSG, SGb, aaO). Der Gefahrtarif und die dazu gebildeten Gefahrklassen stellen insgesamt kein bloßes Rechenwerk, sondern einen Zusammenfluss rechnerischer, wertender und gewichtender Faktoren dar; die Gefahrklasse muss nicht nachrechenbar, wohl aber nachvollziehbar sein (BSG, SGb, aaO).

Im Rahmen dieser sich daraus ergebenden eingeschränkten Überprüfungsbefugnis ist die Kammer der Auffassung, dass die hier maßgeblichen Regelungen des Gefahrtarifs rechtmäßig sind.

Nach den üblichen Risikomerkmalen können bei der Bildung der Risikogemeinschaften grundsätzlich zwei Wege eingeschlagen werden: Es werden in ihren Versicherungsrisiken ähnliche Tätigkeiten der Versicherten zu Risikogemeinschaften zusammengefasst ("Tätigkeitstarif") oder die Tarifstellen werden nach Gewerbezweigen gebildet ("Gewerbezweigtarif"). Im Laufe der Zeit sind alle gewerblichen Berufsgenossenschaften auf Gewerbezweigtarife übergegangen; wesentlicher Grund hierfür war, dass das für Gefahrklassenberechnungen erforderliche statistische Zahlenmaterial bei der Vielzahl der Tätigkeiten der Versicherten in einer arbeitsteiligen Wirtschaft nicht mehr fassbar ist und die Meldungen der Unternehmen von den Versicherungsträgern nur sehr begrenzt kontrolliert werden konnten (vgl. Wannagat/Schulz, Kom. z. Recht des Sozialgesetzbuches, § 157 SGB VII, Rnr. 9). Die Gewerbezweigbildung nach Risiken obliegt den berufsgenossenschaftlichen Organen, wobei im Rahmen der Zielsetzung der gerechten Beitragsabstufung ein weiter Gestaltungsspielraum besteht.

Der Sport stellt einen Gewerbezweig sui generis dar (vgl. Schulz, Der Gefahrtarif der gewerblichen Berufsgenossenschaften, März 1999, S. 135). Im Vorfeld des Gefahrtarifs 1995 erzielte man in einer Arbeitsgruppe, die sich aus Vertretern des Bundesversicherungsamts, des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung, der Beklagten und des Deutschen Sportbundes zusammensetzte, darüber Einvernehmen, dass es wünschenswert wäre, die Gefahrtarifstelle für Sportvereine nach Tätigkeiten grundsätzlich dreizuteilen und zwischen Berufssportlern, bezahlten Sportlern im Nebenberuf und Beschäftigten, die keine bezahlten Sportler sind, zu unterscheiden (vgl. Gitter, NZS 1996, 247, 248). Durch die erfolgte Dreiteilung im Gefahrtarif 1998 wurde somit der unterschiedlichen Beschäftigtenstruktur der Sportvereine besser Rechnung getragen (vgl. Gitter, aaO).

Beim Kläger handelt es sich um ein Sportunternehmen, das nicht bereits zur Gefahrtarifstelle 50 oder 51 gehört, so dass die Zuordnung zur Gefahrtarifstelle 52 grundsätzlich zutreffend ist. Die von Gitter (vgl. NZS 1996, 250) zum Gefahrtarif 1995 vertretene abweichende Auffassung, Freizeitsportvereine seien nicht als Sportvereine im Sinne der Gefahrtarifstellen anzusehen, lässt sich nicht auf den Gefahrtarif 1998 übertragen, weil der Gefahrtarif 1998 durch die Dreiteilung der Sportunternehmen bereits eine stärkere Differenzierung vorgenommen hat. Im Übrigen ist nach dem eindeutigen Wortlaut des Gefahrtarifs 1998 und dem allgemein gebräuchlichen Inhalt des Begriffs "Sportunternehmen" die Zuordnung des Klägers als Verein des Golfsports zum Gewerbezweig "Sportunternehmen" und somit zur Gefahrtarifstelle 52 nicht zu beanstanden (vgl. auch Schreiben des Bundesversicherungsamts v. 07. 09.1999, Bl. 206 der Klageakte) .

Die Zuordnung des Klägers zu Sportunternehmen im Gefahrtarif 1998 ist auch nicht willkürlich (Art. 3 Abs. 1 GG) . Vielmehr entspricht diese Zuordnung des Klägers als Verein des Golfsports der Systematik des Gefahrtarifs. Vereine des Golfsports stellen keinen eigenen Gewerbezweig dar; es handelt sich bei ihnen lediglich um eine Unternehmensgruppe innerhalb des Gewerbezweigs Sportunternehmen. Das Gewerbezweigprinzip erlaubt es mithin nicht, den Kläger zur Gefahrtarifstelle 36 "Bewirtschaftung, Vermietung von Sportanlagen" zu veranlagen. Auch bei der Beitragsbemessung nach Gefahrklassen bleibt das solidarische Einstehen der in einer Berufsgenossenschaft zusammengeschlossenen Unternehmer die Dominante im Finanzierungssystem der Unfallversicherung. Dem Wesen der Unfallversicherung als einem Zusammenschluss der Unternehmen zu Solidargemeinschaften widerspricht der Gedanke einer Finanzierung nach Haftungsgrundsätzen (Schulz, aaO, S. 131 unter Hinweis auf Küpper-Fahrenberg, Das Prinzip der Solidarhaftung, S. 55 f.). Die Beitragsbemessung nach der Unfallgefährlichkeit stellt daher eine Abwägung des Solidaritäts? bzw. Genossenschaftsgedankens gegenüber dem Gedanken einer gerechten Beitragsbemessung dar (Schulz, aaO, S. 131 unter Hinweis auf Küpper-Fahrenberg, aaO, S. 52). Die besondere Problematik liegt hier darin, dass sich für Vereine des Golfsports eine Gefahrklasse von 1,19 ergeben würde, die deutlich niedriger ist, als die Gefahrklasse 4,43 aller Breitensportvereine der Gefahrtarifstelle 52. Im Rahmen der Gespräche mit dem Deutschen Golfverband e.V., die die Beklagte geführt hat und auf die der Kläger in seiner Klagebegründung Bezug nimmt, sind Datenerhebungen durchgeführt worden, um speziell für Golfvereine die Unfallgefahr zu ermitteln. Auf der Grundlage des Beobachtungszeitraumes 1994 bis 1996, auf dem der streitgegenständliche Gefahrtarif basiert, ergab sich für die Vereine des Golfsports eine Gefahrklasse von 1,19.

Nach der Rechtsprechung des BSG sind in einer Tarifstelle Gewerbezweige bzw. Unternehmensgruppen mit annähernd gleichen Unfallrisiken zusammenzufassen; was annähernd gleiche Unfallrisiken sind, sagt das BSG nicht (vgl. Schulz, aaO, S. 137). Die Diskussion über annähernd gleiche Unfallrisiken entbrannte nach einer Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14.12.1983 (Az. L 17 U 145/82, HV-Info 10/1984, S. 92 ff.) Das LSG setzt in seinem Urteil "Unfallgefahr = Unfallbelastung" und gibt einen Wert, bei dem nach seiner Auffassung annähernd gleiche Belastungen nicht mehr vorliegen, indem es die Zuordnung eines Gewerbezweiges zu einer Tarifstelle, dessen Belastung um - 36,6 v.H. unter dem Tarifstellendurchschnitt lag, als rechtswidrig im Sinne des Gebots der Beitragsabstufung ansah (vgl. Schulz, aaO, S. 137). In seiner Entscheidung vom 29.04.1985 hat das LSG Nordrhein-Westfalen (Az. L 5 U 152/84) klargestellt, dass Belastungsabweichungen von mehr als plus/minus 36,6 v.H. nicht zwingend einer Zusammenfassung von Gewerbezweigen in Tarifstellen entgegenstehen, sondern noch andere - vor allem auch versicherungsmathematische - Gesichtspunkte maßgebend sein können (vgl. Schulz, aaO, S. 138 f.). Bei der Einstufung bestimmter Unternehmensgruppen in dieselbe Gefahrklasse sind jeweils die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen (vgl. Schulz, aaO, S. 138). Das BSG hat im Urteil vom 12.12.1985 (Az. 2 RU 40/85, SGb 1986, 340 ff.) hinsichtlich des Belastungsunterschieds von 36,6 v.H. im konkreten Fall die Auffassung des LSG Nordrhein-Westfalen geteilt (vgl. Schulz, aaO, S. 139). Nach der Entscheidung des BSG lassen nur solche Belastungsziffern, die "auffällig voneinander abweichen", den Schluss zu, dass in ihnen ein rechtlich erheblicher Unterschied der Unfallgefahren ausgedrückt ist. Wenn das BSG auch nicht mitteilt, was unter "auffällig voneinander abweichend" zu verstehen ist, so wird man diese Feststellung im Rahmen der statistisch-mathematischen Berechnungen von Gefahrklassen als "statistisch signifikant" zu deuten haben (vgl. Schulz, aaO, S. 140); die statistische Signifikanz wäre nach einer Formel zu ermitteln (vgl. Schulz, aaO, S. 145). Im vorliegenden Fall unterschreitet die Gefahrklasse für die Vereine des Golfsports die Gefahrklasse der Gefahrtarifstelle 52 um 73,14 %. Dies spricht nach Auffassung der Kammer für eine auffällige Abweichung im Sinne der Rechtsprechung des BSG. Die Berechnung der statistischen Signifikanz nach der von Schulz (aaO) vorgesehenen Formel kann hier jedoch unterbleiben. Denn auch wenn diese Abweichung der Gefahrklasse um 73,14 % einen Mangel des Gefahrtarifs 1998 darstellt, so ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte als Normgeber einen angemessenen Zeitraum zur Verfügung haben muss, um weitere Erfahrungen zu sammeln, Klarheit zu
gewinnen und Mängel an Regelungen abzuhelfen (vgl. Schulz, aaO, S. 142 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des BSG). Auch unangenehme Ergebnisse einer autonomen Rechtsetzung, die sich erst im Nachhinein herausstellen, müssen von den beitragspflichtigen Mitgliedern vorübergehend hingenommen werden, wenn der Rechtszustand bei nächster Gelegenheit beseitigt wird (BSG, Beschluss vom 18.03.1997, Az. 2 BU 313/96, HVBG-Info 1997, 1728 bis 1730).

Weichen die Belastungsziffern einzelner Gewerbezweige oder Unternehmensgruppen in einer Tarifstelle also über einen längeren als angemessenen Zeitraum auffällig (statistisch signifikant) vom Tarifstellendurchschnitt ab, so ist eine Umgruppierung erforderlich. Unter einem angemessenen Zeitraum kann man nach dem dem BSG?Urteil vom 12.12.1985 (aaO) zugrundeliegenden Sachverhalt eine Zeitspanne von drei bis vier Beobachtungszeiträumen annehmen; er muss auf jeden Fall die Entwicklungstendenzen der Beiastungsziffern erkennen lassen (vgl. Schulz, aaO, S. 140).

Einen angemessenen Zeitraum für die Umgruppierung des Klägers hat die Beklagte nicht überschritten. Denn erst als der Deutsche Golfverein an die Beklagte herantrat, wurde 1999 aufgrund der von der Beklagten durchgeführten Datenerhebungen bekannt, wie hoch die Unfallgefahr speziell für Golfvereine ist. Die Beklagte war nicht von Amts wegen verpflichtet, bereits vor Aufstellung des Gefahrtarifs 1998 die Gefahrklassespeziell für die Vereine des Golfsports ?zu ermitteln. Denn es kann nicht Aufgabe der Beklagten sein, die Gefahrklassen für Sportunternehmen getrennt nach allen möglichen Sportarten zu ermitteln.

Der beanstandete Mangel des Gefahrtarifs 1998 ist durch den Gefahrtarif 2001 in angemessener Zeit behoben worden. Durch den Gefahrtarif 2001 wird die Veranlagung der Sportunternehmen neu geregelt. Es wird das Gewerbezweigprinzip durchbrochen und jedes Sportunternehmen dreigeteilt danach veranlagt, ob es bezahlte Sportler aus der ersten oder zweiten Fußballbundesliga oder der Fußballregionalliga, sonstige bezahlte Sportler oder nur übrige Versicherte hat. Für Sportunternehmen mit nur übrigen Versicherten wie den Kläger ist nach Gefahrtarifstelle 54.3 eine Gefahrklasse von 1,98 relevant. Damit wurde für die Zeit ab 2001 der beanstandete Mangel des Gefahrtarifs behoben.

Die angefochtenen Beitragsbescheide vom 03.11.1999, 25.04.2000 und 25.04.2001 beruhen somit auf einer rechtmäßigen Veranlagung des Klägers zur Gefahrtarifstelle 52 im Gefahrtarif 1998 und sind mithin ebenfalls nicht zu beanstanden.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Rechtsgebiete

Sozialrecht; Arbeitsrecht