Wächteramt der Presse gegenüber Unternehmen (Mody Bank)

Gericht

OLG Hamburg


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

09. 10. 2001


Aktenzeichen

7 U 50/00


Leitsatz des Gerichts

  1. Zur Abgrenzung von Tatsachenbehauptungen und Werturteilen: Titel: "Bank in Not. Kunden zittern um ihr Geld"; Spot: "Da können viele Menschen ihr Geld verlieren."

  2. Ob ein Werturteil vom Schutz des Grundrechts aus Artikel 5 Abs. 1 S. 1 GG umfasst ist, hängt nicht davon ab, ob die dem Werturteil zugrundeliegenden tatsächlichen Annahmen zutreffen. Die Frage nach der Bedeutung des Wahrheitsgehaltes der in den Meinungsäußerungen enthaltenen tatsächlichen Elemente ist erst bei der fallbezogenen Abwägung zu beachten.

  3. Bei der Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit und den Rechtsgütern des Betroffenen findet die Meinungsfreiheit eine Grenze, wenn die in einem Werturteil enthaltenen tatsächlichen Behauptungen ohne hinreichende Anknüpfungspunkte oder ohne sachbezogenen Anlass aufgestellt sind oder wenn eine Schmähkritik vorliegt.

  4. Erfährt die Presse von Missständen, so entspricht es ihrem Wächteramt, die Allgemeinheit darüber zu informieren und vor davon ausgehenden möglichen Gefahren zu warnen, und zwar auch mit scharfen, überspitzten oder gar polemischen Formulierungen. Die Schwelle ist in aller Regel erst bei diffamierender Schmähkritik überschritten.

  5. Ein Gewerbebetrieb muss sich einer Kritik seiner wirtschaftlichen Situation stellen, zumal dann, wenn sich daraus Gefahren für den Verbraucher ergeben können. Daher ist eine gewerbeschädigende Kritik grundsätzlich zulässig.

  6. Die Presse könnte ihre durch Art. 5 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleisteten Aufgaben bei der öffentlichen Meinungsbildung nicht durchweg erfüllen, wenn sie - falls der wirtschaftliche Ruf eines Unternehmens gefährdet ist - nur Informationen verbreiten dürfte, an deren Zuverlässigkeit im Zeitpunkt der Veröffentlichung kein ernstlicher Anlass zu Zweifeln besteht. Im Rahmen der hier durchzuführenden fallbezogenen Abwägung kommt es nur darauf an, ob die Anforderungen an die pressemäßige Sorgfalt beachtet wurden und ob der vorgenommenen Bewertung hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte zugrunde lagen.

  7. Bewertung einer Nichtaufnahme in den Einlagensicherungsfonds sowie der Schwellenwerte zu einem Einschreiten des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen nach § 35 Abs. 2 Nr. 4a und/oder Nr. 5 b KWG

Tenor


Auf die Berufungen der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 24, vom 31. März 2000 ( 324 O 968197) abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils DM 66.500,-- abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Beschwer der Klägerin beträgt DM 3.000.000,--.

Tatbestand

T a t b e s t a n d :


Die Klägerin, eine seit Februar 1990 als Aktiengesellschaft im Handelsregister eingetragene Privatbank, begehrt die Feststellung, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihr Schadensersatz zu leisten, weil sie - die Beklagten - (die Beklagte zu 1 verlegt das montags erscheinende Nachrichtenmagazin "FOCUS"; Geschäftsführer und Gesellschafter der Beklagten zu 1 ist der Beklagte zu 2, der zugleich auch Chefredakteur des Magazins ist) durch mehrmalige bundesweite Verbreitung eines Werbespots über private Fernsehsender einen sogenannten RUN der Bankkunden verursacht hätten mit der Folge, daß sie - die Klägerin - letztlich ihre Bankgeschäfte habe einstellen müssen, die Banklizenz zurückgegeben und Antrag auf Eröffnung das Vergleichsverfahrens über ihr Vermögen gestellt habe, welches noch nicht abgeschlossen sei.

Der am Wochenende des 14./15. Januar 1995 wiederholt verbreitete Fernseh-Werbespot für die "FOCUS"-Ausgabe vom 16. Januar 1995 hat zum Inhalt, dass der Beklagte zu 2 u.a. äußert: "Exklusiv haben wir die Geschichte von der Hamburger Bank" und nach Einblendung eines Fotos, welches den Geschäftssitz der Klägerin zeigt, weiter äußert: "Da können viele Menschen Ihr Geld verlieren". Sodann wird die Titelseite der "FOCUS"-Ausgabe vom 16. Januar 1995 eingeblendet, wobei de dort abgedruckte Schlagzeile "Exklusiv Hamburger Privatbank in Not: Kunden zittern um ihr Geld" deutlich zu lesen ist.

Die Parteien streiten in erster Linie über die rechtliche Einordnung der in dem Werbespot enthaltenen Aussagen. Während die Klägerin der Ansicht ist, bei den Äußerungen, Bank in Not - da können viele Menschen ihr Geld verlieren - Kunden zittern um ihr Geld, handele es sich um Tatsachenbehauptungen, vertreten die Beklagten den Standpunkt, es seien zulässige Meinungsäußerungen.


Die Klägerin hat vorgetragen, die tatsächliche Behauptung im Werbespot und auf der Titelseite, sie - Klägerin - sei in wirtschaftlicher Not, weswegen Kunden um ihr Geld zittern müßten, sei unwahr. Das wird von ihr näher begründet. Der durch diese unwahre Behauptung schuldhaft herbeigeführte "RUN" habe letztendlich zu ihrer - Klägerin - Zahlungsunfähigkeit geführt und dadurch einen noch nicht bezifferbaren Schaden verursacht.

Demgemäß hat die Klägerin beantragt,

festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr allen Schaden zu ersetzen, der durch die Werbung für "FOCUS" vom 16. Januar 1995 (Nr. 3/95) im Fernsehen und/oder durch die Ankündigung auf der Titelseite und/oder durch die Ankündigung im Inhaltsverzeichnis jener "FOCUS"-Ausgabe entstanden ist und/oder entstehen wird, mit Ausnahme des in der Sache zum Aktenzeichen 324 O 657/97 des Landgerichts Hamburg geltend gemachten Schadens.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie vertreten die Ansicht, daß es sich bei den von der Klägerin beanstandeten Aussagen um zulässige Meinungsäußerungen handele. Selbst wenn man aber mit der Klägerin von einer Behauptung über einen tatsächlichen Zustand ausgehe, sei diese Tatsachenbehauptung zutreffend. Die Beweislast der Unwahrheit treffe indes die Klägerin, denn sie - die Beklagten - hätten in Wahrnehmung berechtigter Interessen im Sinne von Art. 5 Abs. 1 GG, § 193 StGB gehandelt. Das alles wird von den Beklagten näher begründet.

Mit Urteil vom 31. März 2000, auf dessen Inhalt verwiesen wird, hat das Landgericht festgestellt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der durch die Werbung für die Zeitschrift "FOCUS" vom 16. Januar 1995 (Nr. 3/95) im Fernsehen und/oder durch die Ankündigung auf der Titelseite und/oder durch die Ankündigung im Inhaltsverzeichnis jener "FOCUS"-Ausgabe entstanden ist und/oder entstehen wird, mit Ausnahme des in der Sache zum Aktenzeichen 324 O 657/97 des Landgerichts Hamburg geltend gemachten Schadens.

Die weitergehende Klage hat das Landgericht als unzulässig abgewiesen.

Gegen dieses Urteil haben die Beklagten form- und fristgerecht Berufung eingelegt.

Sie beanstanden. daß das Landgericht die streitgegenständlichen Äußerungen als Tatsachenbehauptungen eingestuft, sie - Beklagten - für die Wahrheit als darlegungs- und beweispflichtig gehalten habe und zum Ergebnis gelangt sei, sie - Beklagten - hätten nicht einmal ihrer Darlegungslast bezüglich der Wahrheit ihrer Behauptungen genügt, die Klägerin habe sich in Not befunden, da hätten viele Menschen ihr Geld verlieren können und hätten um ihr Geld zittern müssen.

Die Beklagten vertreten weiterhin den Standpunkt, daß sie nur ihre Meinung über den Zustand der Klägerin, über tatsächliche Vorkommnisse geäußert und ihre Einschätzung dazu abgegeben hätten. Das wird von ihnen vertiefend begründet.

Demgemäß beantragen die Beklagten,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hamburg vom 31. März 2000 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufungen der Beklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigt mit vertiefenden und ergänzenden Ausführungen das angefochtene Urteil und weist nochmals darauf hin, daß es im vorliegenden Rechtsstreit nicht um die wirtschaftlichen Verhältnisse des Bankiers Mody gehe, sondern um die der Klägerin selbst. Sie sei aber seinerzeit ein rundum wirtschaftlich gesundes Unternehmen gewesen.

Zwecks Vermeidung unnötiger Wiederholungen wird wegen der Darstellung des umfangreichen Sach- und Streitstandes im einzelnen gemäß § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf den ausführlichen Tatbestand im angefochtenen Urteil sowie auf die zur Akte gereichten vorbereitenden Schriftsätze der Parteien nebst den darin in Bezug genommenen Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e


Die - zulässigen - Berufungen der Beklagten sind begründet


1. Die Feststellungsklage ist in dem vom Landgericht erkannten Umfange zulässig. Insoweit kann zwecks Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen werden, die sich der Senat zu eigen macht.


2. Die Feststellungsklage ist aber unbegründet, denn der Klägerin steht gegen die Beklagten weder gemäß §§ 823 Abs. 1, 824, 826, 840 BGB noch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 186 StGB der geltend gemachte Schadensersatzanspruch zu.

Bei der dem Fernsehzuschauer vom Beklagten zu 2) im Zusammenhang mit der Äußerung "Exklusiv haben wir die Geschichte von der Hamburg Bank" erfolgten Mitteilung "Da können viele Menschen ihr Geld verlieren" und der Aussage auf der dem Zuschauer gezeigten Titelseite der "FOCUS"-Ausgabe vom 16. Januar 1995 "exklusiv Hamburger Privatbank in Not: Kunden zittern um Ihr Geld" handelt es sich um die Wiedergabe von Meinungsäußerungen, von Werturteilen.

Der Senat verkennt nicht, daß die Abgrenzung zwischen Tatsachenbehauptungen und Werturteilen im Einzelfall - so auch hier - schwierig ist, weil beide Äußerungsformen nicht selten miteinander verbunden werden und erst gemeinsam den Sinn einer Äußerung ausmachen, In solchen Fällen ist der Begriff der Meinung im Interesse eines wirksamen Grundrechtsschutzes weit zu verstehen; sofern eine Äußerung, in der Tatsachen und Meinungen sich vermengen, durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt wird, wird sie als Meinung von dem Grundrecht geschützt (vgl. BVerfG in NJW 1993, 1845). Dies gelte, so das Bundesverfassungsgericht, insbesondere dann, wann eine Trennung der wertenden und der tatsächlichen Gehalte den Sinn der Äußerung aufhöbe oder verfälschte. Würde in einem solchen Fall das tatsächliche Element als ausschlaggebend angesehen, so könnte der grundrechtliche Schutz der Meinungsfreiheit wesentlich verkürzt werden.

Andererseits kann sich auch eine Äußerung, die auf Werturteilen beruht, als Tatsachenbehauptung erweisen, wenn und soweit bei dem Empfänger zugleich die Vorstellung von ganz konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen oder Zuständen hervorgerufen wird, wenn also die Äußerung auf ein tatsächliches Geschehen oder auf einen tatsächlichen Zustand hinweist, eine dem Beweis zugängliche Tatsacheninformation enthält.

Dies vorausgeschickt ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei den Äußerungen um Meinungsäußerungen, um Werturteile handelt.

Der im Zusammenhang mit der Aussage "Da können viele Menschen ihr Geld verlieren" gemachten Äußerung, eine Bank sei in Not, wohnt sicherlich auch ein Tatsachengehalt inne. Damit wird für den unbefangenen Rezipienten zum Ausdruck gebracht, die betreffende Bank sei in Zahlungsschwierigkeiten, befinde sich in wirtschaftlicher Notlage oder - wie es das Landgericht u.a. ausgedrückt hat - es lägen Umstände vor, die nach der Lebenserfahrung besorgen lassen, dass die Bank ihre Verbindlichkeiten im erheblichen Umfange nicht werde erfüllen können. Wird der Begriff "Not" in diesem Kontext über eine werbend tätige Bank benutzt, so ist ein derartiges Wortverständnis für den Durchschnittsrezipienten jedenfalls naheliegend. Der Begriff in "Not" wird hier indes auch bei wirtschaftlicher Betrachtung in einem Zusammenhang verwendet, in welchem wertende Betrachtungen der Gesamtaussage derart ihr Gepräge geben, dass insgesamt von einer Meinungsäußerung auszugehen ist. Denn ob ein wirtschaftlicher bzw. finanzieller Zustand oder die Gesamtsituation eines werbend tätigen Unternehmens sich tatsächlich als Notlage darstellt oder als solche bezeichnet werden kann, hängt vom jeweiligen Standpunkt des Betrachters ab und ist letztlich eine Frage der Bewertung, des Meinens und Dafürhaltens, und stellt sich nicht als objektive Aussage dar, wie auch der Aussagegehalt der nachfolgenden Äußerung verdeutlicht. Denn mit der Äußerung, da können viele Menschen ihr Geld verlieren, wird nur eine Prognose gestellt, die Möglichkeit eines zukünftigen Geschehens aufgezeigt. Dem Rezipienten wird mit dieser Aussage keine verdeckte Tatsachenbehauptung "untergeschoben", ihm wird nicht gleichsam suggeriert, der Verlust des Geldes sei unausweichlich, stehe schon fest. Wenn aber nur die Möglichkeit des Geldverlustes geäußert wird, weil die Bank in Not sei, dann wird mit dieser Aussage der Zweifel zum Ausdruck gebracht, ob diese Bank eine als bestehend bewertete wirtschaftliche Krise längerfristig überstehen wird. In diesem Gesamtkontext wird mit "Bank in Not" nicht eine definitive tatsächliche Aussage dahin gemacht, es stehe bereits fast, dass tatsächlich eine derartige Notlage vorliege, die zum Verlust des Geldes führe. Der Begriff "Not" wird hier auch in seiner wirtschaftlichen Bedeutung nur als pauschale, nicht konkretisierte und gänzlich substanzarme Aussage verwendet, zumal tatsächliche Elemente nicht mitgeteilt werden, und zwar in einem Zusammenhang, in welchem wertende Betrachtungen der Gesamtaussage derart ihr Gepräge geben, dass insgesamt von einer Meinungsäußerung auszugehen ist. Die Bewertung der wirtschaftlichen Tätigkeit, des wirtschaftlichen Zustandes der Bank steht im Vordergrund, nicht die Behauptung eines exakten Ist-Zustandes. Die oben aufgezeigte Tatsachensubstanz wird von der pauschalen wirtschaftlichen Bewertung der Klägerin derart überlagert, dass sie in dem insgesamt getroffenen Werturteil (Kunden können ihr Geld verlieren, Kunden zittern um ihr Geld) aufgeht.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass ein Großteil der Kunden der Klägerin an den Folgetagen ihr Geld abgehoben haben. Allein die Warnung, es bestehe die Möglichkeit, dass Kunden ihr Geld verlieren können, reicht aus, um einen sog. RUN auf die Bank auszulösen.

Handelt es sich mithin bei den umstrittenen Äußerungen und Textpassagen um von Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG geschützte Meinungsäußerungen, so muss im Rahmen der Auslegung und Anwendung der dann nur noch in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen §§ 823, 826 BGB eine Abwägung zwischen den von diesen Vorschriften geschützten Rechtsgütem der Klägerin und dem Grundrecht der Beklagten auf Meinungsfreiheit vorgenommen werden. Denn bei Haltlosigkeit der in den Meinungsäußerungen enthaltenen tatsächlichen Elemente - wie oben ausgeführt - kann dem Schutz des Grundrechts regelmäßig kein Vorrang vor den kollidierenden Rechtsgütern der Klägerin zukommen, wobei unrichtige Informationen als Bestandteil einer Meinungsäußerung nicht vorn herein dem Schutz des Grundrechts entzogen sind (BVerfG in NJW 1992, 1439 (1442)).

Erst wenn bei einer Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung der Person im Vordergrund steht, hat eine solche Äußerung als Schmähung regelmäßig hinter dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen zurückzutreten (BVerfG in NJW 1993, 1846 (1846)); desgleichen, wenn die Meinungsäußerung bereits erwiesen falsche oder bewusst unwahre tatsächliche Elemente enthält, wobei im letzten Fall an die Wahrheitspflicht im Interesse der Meinungsfreiheit keine Anforderungen gestellt werden dürfen, die die Bereitschaft zum Gebrauch des Grundrechts herabsetzen und so auf die Meinungsfreiheit insgesamt wirken können (BVerfG a.a.O.). Denn nach den aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG abgeleiteten Grundsätzen ist ein Werturteil vom Schutz dieses Grundrechts umfasst, und zwar grundsätzlich unabhängig davon, ob die dem Werturteil zugrundeliegenden tatsächlichen Annehmen zutreffen oder dieses zu tragen vermögen. Diese Frage ist erst bei der erforderlichen fallbezogenen Abwägung von Bedeutung, ob also die Bewertung ohne sachbezogenen Anlass, ohne hinreichende Anknüpfungspunkte erfolgt ist.

Für Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB - wegen Verletzung des sog. Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - gilt nichts anderes. Die Frage, ob bei der Anspruchsprüfung nach § 823 Abs. 1 BGB wegen schädigender Meinungsäußerungen sich der Äußernde auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen entsprechend § 824 Abs. 2 BGB berufen kann, braucht hier nicht abschließend beantwortet zu worden, weil es einer entsprechenden Anwendung nur bedürfte, wenn eine angemessene Lösung nicht schon auf andere Weise gewährleistet wäre. Das ist aber bei gewerbeschädigenden Meinungsäußerungen, so der Bundesgerichtshof in BGHZ 65, 326 (338), im Rahmen des § 823 Abs. 1 BGB dann der Fall, wenn der Grundsatz der Meinungsäußerungsfreiheit ernst genommen und dem Recht des Art. 5 GG im Verhältnis zum Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb die ihm zukommende Stellung eingeräumt wird. Bei dieser Sicht - so der BGH - stelle sich die Frage der Haftungsbegrenzung bereits im Bereich der objektiven Verletzungshandlung.

Auch ein Gewerbebetrieb muss sich einer Kritik seiner wirtschaftlichen Situation stellen, zumal dann, wenn sich daraus Gefahren für den Verbraucher ergeben können. Daher ist eine gewerbeschädigende Kritik - jedenfalls außerhalb von Wettbewerbsverhältnissen wie hier - grundsätzlich zulässig. Dass sie bei bewussten Fehlurteilen und bewussten Verzerrungen, insbesondere auch bei bewusst unrichtigen Angaben unzulässig ist, muss nicht vertieft werden, zumal dann schon die Voraussetzungen für die Anwendung des § 826 BGB erfüllt sein dürften.

Dies vorausgeschickt, ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die beanstandeten Meinungsäußerungen, Werturteile keinen unzulässigen Eingriff in den Gewerbebetrieb der Klägerin darstellen, weil hinreichende tatsächliche Anknüpfungspunkte vorliegen, die es rechtfertigen, die Gesamtsituation der Klägerin mit der Bewertung zu belegen, die Klägerin sei in Not, und die Prognose zu stellen, da können viele Kunden ihr Geld verlieren, jedenfalls die Bewertung und die Prognose als vertretbar, diskutabel erscheinen zu lassen, so dass von einer Schmähkritik oder ausfallenden gewerbeschädigenden wertenden Kritik keine Rede sein kann.

Auszugehen ist von dem Grundsatz, dass die Presse eine öffentliche Aufgabe insbesondere dadurch erfüllt, dass sie nicht nur Nachrichten beschafft und verbreitet, Stellung nimmt, sondern auch Kritik übt, Missstände aufzeigt, vor Gefahren warnt und dergl. mehr, wenn sie dabei die pressemäßige Sorgfalt walten lässt. Erfährt mithin die Presse von Missständen, so entspricht es ihrem "Wächteramt", die Allgemeinheit darüber zu informieren und vor davon ausgehenden möglichen Gefahren zu warnen, und zwar auch mit scharfen, überspitzten oder gar polemischen Formulierungen. Die Schwelle ist in aller Regel erst bei diffamierender Schmähkritik überschritten.

An einer solchen Diffamierung der Klägerin fehlt es hier, weil die Beklagten hinreichende Anknüpfungspunkte für ihre geäußerte Meinung recherchiert hatten und ihnen der Vorwurf einer Schmähkritik auch dann nicht gemacht werden kann, wenn sich z.B. aufgrund von Beweiserhebungen herausstellen sollte, dass der in ihrer Aussage enthaltene Tatsachenkern letztlich sachlich unzutreffend war.

Die Beklagten hatten sich, wie die Korrespondenz vom 12.1.1995 (Anl. B 8 - 12) belegt, zunächst bemüht, die von ihnen recherchierten Fakten auf. ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, zumal ihnen offenbar bis dahin im wesentlichen nur Wiedemann als Informant zur Verfügung stand. Denn bei Vorgängen in wenig oder nicht transparenten Bereichen - wie hier - ist es der Presse regelmäßig nicht möglich, Beweise oder Belegtatsachen aufgrund eigener Nachforschungen beizubringen. Sie ist insoweit vielmehr auf Auskünfte oder das zur Verfügungstellen von Dokumenten aus seriösen Quellen angewiesen. Allein die schlichte Erwiderung der Klägerin, daß die der Beklagten zugegangenen Informationen unwahr seien, erhöhte nicht die Sorgfaltspflicht der Beklagten, nun weitere Beweise oder Belegtatsachen zur Stützung ihrer Meinung beizubringen, zumal z.B. die Information, dass ein von den Eheleuten Mody gezeichneter Wechsel über 21 Mio. DM mit einem "nicht bezahlt" - Vermerk versehen wurde, entgegen der Äußerung Modys urkundlich belegt zutreffend war. Auch die übrigen zur Rechtfertigung der geäußerten Meinung angeführten Belegtatsachen sind - davon ist prozessual auszugehen - zutreffend: Das Gründungskapital in Höhe von 12 Mio. DM wurde dem Namensgeber und Gründer der Klägerin, der zunächst Aufsichtsratsvorsitzender und ab Oktober 1994 Vorstandsvorsitzender war, überwiegend von Wiedemann zur Verfügung gestellt, der als Sicherheit einen von dem Ehepaar Mody gezeichneten Blankowechsel erhielt, wobei nur ungeklärt blieb, ob es sich bei dem zur Verfügung gestellten Kapita1 um sog. Schwarzgeld gehandelt hat. Aktionäre der nicht börsennotierten Aktien der Klägerin waren u.a. die Eheleute Mody. Anträge der Klägerin, in den Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes Deutscher Banken e.V. aufgenommen zu werden, wurden zurückgewiesen. Seit Gründung der Klägerin musste diese, mit Ausnahme des Geschäftsjahrs 1991, jährliche Verluste bilanzieren. Ein von Wiedemann mit über 21 Mio. DM ausgefüllter Blankowechsel wurde im Dezember 1994 von den Eheleuten Mody nicht eingelöst; diese wurden in dem von Wiedemann angestrengten Wechselprozess über einen Teilbetrag von 3 Mio. DM mit Vorbehaltsurteil vom 12.1.1995 zur Zahlung verurteilt. Darüber hinaus wird oder wurde jedenfalls seinerzeit Arendt G. Mody von der Donnerbank AG gerichtlich auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen. Schließlich nahm das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen insbesondere den Wechselprozess zum Anlass, mit der Landeszentralbank für den 19.1.1995 einen Beratungstermin anzuberaumen.

Allein diese - unstreitigen - Fakten sprechen für die Richtigkeit der in der Meinungsäußerung - wie oben ausgeführt - enthaltenen tatsächlichen Elemente; jedenfalls kann keine Rede davon sein, dass die in den Werturteilen enthaltenen tatsächlichen Behauptungen ohne jeden Anhaltspunkt aufgestellt worden sind.

Wenn demgegenüber die Klägerin meint, die Behauptungen, sie - Klägerin - sei in Not gewesen, Kunden hätten ihr Geld verlieren können oder Kunden hätten um ihr Geld zittern müssen, seien unwahr, weil sie sich in guten wirtschaftlichen Verhältnissen befunden habe, denn der Umstand, dass sie in den ersten Jahren ihrer Geschäftstätigkeit Verluste habe bilanzieren müssen, sei ein normaler Vorgang, so verkennt sie, dass die Verluste, gemessen am jeweiligen Grundkapital, immerhin per 31.12.1990 ca. 15 %, per 31.12.1992 ca. 9,3 %, per 31.12.1993 ca. 9,5 % und per 31.12.1994 ca. 15 % betrugen.

Zwar liegen die Verluste unterhalb der sogenannten Schwellenwerte, die das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen zu einem Einschreiten gemäß § 35 Abs. 2 Nr. 4 a und/oder Nr. 4 b KWG berechtigt hätten, weil weder innerhalb eines Geschäftsjahres ein Verlust in Höhe der Hälfte des nach § 10 KWG maßgeblichen haftenden Eigenkapitals noch in mindestens 3 aufeinander folgenden Geschäftsjahren ein Verlust von mehr als 10 % des jeweils haftenden Eigenkapitals erwirtschaftet wurde. Vergleicht man indes die Verluste 1992 und 1993, die nur knapp unter der 10 % Marge liegen, und den 1994 bilanzierten Verlust in Höhe von 15 %, so wird deutlich, dass die Aussage der Beklagten, "die Gewinn- und Verlustrechnung weist fast jedes Jahr einen stattlichen Fehlbetrag aus", im Kern durchaus zutreffend ist. Dass die Verluste 1992 und 1993 letztlich - wie die Klägerin behauptet - durch Zahlung des Garanten Bornhöft und aus einer zwischenzeitlich gebildeten Kapitalrücklage ausgeglichen wurden, ändert nichts an der Feststellung, dass die Klägerin in diesen Jahren Verluste in der genannten Höhe erwirtschaftet hat. Gerade die weitere Entwicklung hat im nachhinein gezeigt, dass die Klägerin schon im Januar 1995 letztlich nur in der Lage war, geltend gemachte fällige Forderungen in Höhe von ca. 19 Mio DM nur bis zur Höhe von ca. 11,2 Mio DM zu erfüllen, wobei hier im Rahmen der Prüfung, ob hinreichende Anknüpfungspunkte vorliegen, die die Bewertung der Gesamtsituation der Klägerin, sie sei in Not, und die Prognose, da können viele Kunden ihr Geld verlieren, als vertretbar, diskutabel erscheinen lassen, nicht die Gründe der Zahlungseinstellung geprüft werden müssen, ob nämlich der weitere Liquiditätsbedarf weder auf dem Interbankenmarkt noch bei der Liquiditätskonsortialbank habe gedeckt werden sollen oder können, weil die Klägerin z.B. nicht einmal die Anforderungen für die Aufnahme in den Einlagensicherungsfonds erfüllte, nicht kreditwürdig war. Jedenfalls fehlt es dazu trotz diesbezüglichen Vorbringens der Beklagten an jeglichem substantiierten Vortrag der Klägerin. Sie vertritt insoweit lediglich die Meinung, dass der durch die Beklagten verursachte Run einem potentiellen Kreditgeber keinen Anlass gegeben hätte, der Klägerin Kredit zu gewähren. Gerade der Hinweis der Klägerin, durch die beanstandeten, sie betreffenden Aussagen der Beklagten sei ein "RUN" ihrer - der Klägerin - Gläubiger ausgelöst worden, der letztlich zu ihrer - der Klägerin - Zahlungsunfähigkeit geführt habe, und der weiterhin unstreitige Umstand, dass die Klägerin auch in der Folgezeit nach Aufhebung des Moratoriums den mit ihren Gläubigern geschlossenen außergerichtlichen Vergleich nicht vollständig erfüllen konnte mit der Folge, dass Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens über das Vermögen der Klägerin gestellt und die Banklizenz zurückgegeben wurde, zeigen, dass die Klägerin ersichtlich wirtschaftlich nicht so gesund war, wie sie es immer wieder im Rechtsstreit betont hat. Der "Run" allein kann diese Folge nicht verursacht haben, denn andernfalls müsste jede Privatbank, die von einem "Run" überrascht wird, das gleiche Schicksal erleiden, was bei einem wirtschaftlich gesunden und. kreditwürdigen Unternehmen nicht der Fall sein dürfte.
Auch die Tatsache, dass die Klägerin in der Folgezeit nicht alle Gläubiger befriedigen konnte, zeigt weiter, dass der Hinweis auf die "Vereinbarung zum Verlustausgleich für die Wirtschaftsjahre 1991 und folgende" - wirtschaftlich betrachtet - letztlich ins Leere geht. Von den drei Garanten waren zwei, nämlich das Ehepaar Mody, ersichtlich zahlungsunfähig, wie die erfolglose Vollstreckung aus dem Urteil im Wechselprozess über 3 Mio DM zeigt. Unklar bleiben insoweit die Ausführungen der Klägerin, Mody habe Aktien der Klägerin im Nominalwert von mehr als 6 Mio DM als Sicherheit hinterlegt, deren Wert die Beklagten zerstört hätten, wenn es in dem selben Schriftsatz zugleich heißt, Mody habe von Wiedemann zweckgebunden 12,5 Mio DM für den Erwerb von Aktien erhalten und die erworbenen Akten trauhänderisch für Wiedemann gehalten und verwaltet.

Der Garant Bornhöft soll nach der von den Beklagten bestrittenen Behauptung der Klägerin lediglich den im Jahr 1992 erwirtschafteten Verlust Ende 1995 (so die Behauptung in der ersten Instanz) oder 1993 (so die Behauptung in der zweiten Instanz) ausgeglichen haben. Ersichtlich waren aber die Garanten nicht oder nicht mehr in der Lage und/oder willens, den Verlust 1994 auszugleichen und durch Gewährung liquider Mittel die Stellung des Antrages auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens abzuwenden. Die Frage, ob entgegen der Ansicht der Klägerin die Verpflichtungserklärungen der Garanten nicht den einzigen Zweck hatten, die Aufnahme der Klägerin in den Einlagensicherungsfand zu ermöglichen, ist bereits vom Senat beantwortet worden. Zwecks Vermeidung unnötiger Wiederholungen kann auf das allen Parteien bekannte Urteil des Senats vom 16. November 1999 zum Aktenzeichen 7 U 105/98 verwiesen werden. Das Urteil ist rechtskräftig (vgl. Beschluss des BGH IX ZR 324/99). Bei dieser Sachlage erscheint die Aussage der Klägerin, dass aufgrund der bevorstehenden Kapitalerhöhung von nominal 3 Mio DM und der Zusage der Garanten weit größere Verluste hätten verkraftet werden können, ohne "Kunden um ihr Geld zittern" zu lassen, nicht verständlich.

Aus diesen Ausführungen ergibt sich zugleich, dass auch der Einwand der Klägerin ins Leere geht, nicht sie, sondern allenfalls ihr Vorstandsvorsitzender persönlich habe sich in finanziellen Schwierigkeiten befunden, was indes keinen Einfluss auf ihre wirtschaftliche Lage gehabt habe. Im übrigen verkennt die Klägerin insoweit, dass eine - wovon prozessual auszugehen ist - im wesentlichen wahre negative Berichterstattung über den Gründer, Namensgeber, Vorstandsvorsitzenden und - wie die Beklagten sich ausgedrückt haben - Macher der Klägerin, einer relativ kleinen Privatbank, die nicht dem Einlagensicherungsfonds angehört und deren Aktien nicht börsennotiert sind, durchaus geeignet ist, auf den - wirtschaftlichen - Ruf der Klägerin selbst durchzuschlagen. Zu Recht weisen die Beklagten darauf hin, dass nach der Lebenserfahrung Kunden einer kleinen Privatbank, gleichviel in weicher Rechtsform sie betrieben wird, in einem Falle, in dem der Vorstand einräumen muss, privat "pleite" zu sein, auch befürchten, diese finanzielle Not schlage auf die Bank selbst durch mit der Folge, dass befürchtet werden müsse, die Rückzahlung der Einlagen seien gefährdet, zumal dann, wenn - wie hier - bekannt war, dass für das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen die Vorgänge um Mody selbst Anlass waren, tätig zu werden. Das braucht hier indes nicht vertieft zu werden, weil - wie oben bereits aufgeführt - hinreichende Anknüpfungspunkte vorliegen, die die Bewertung des wirtschaftlichen Zustandes der Klägerin selbst als "in Not" vertretbar erscheinen läßt. Deshalb ist für die Entscheidung auch unerheblich, ob - wie die Klägerin unter Beweisantritt behauptet - auf der Radaktionskonferenz der zuständige Redakteur und Ressortleiter gegen die Titelzeile "Hamburger Privatbank in Not" protestiert hätten und der Beklagte zu 2) den Protest mit dem Bemerken zurückgewiesen habe, "Notleidender Bankier" verstehe kein Mensch. Denn selbst wenn sich die Recherche zunächst nur auf die Person des Bankiers Mody bezogen hat, konnten die Beklagten davon ausgehen, daß das Rechercheergebnis - wie oben ausgeführt - auch auf die Klägerin selbst durchschlägt. Denn dürfte die Presse, falls der wirtschaftliche Ruf eines Unternehmens gefährdet ist, nur Informationen verbreiten, an deren Zuverlässigkeit zu zweifeln sie im Zeitpunkt der Veröffentlichung ernstlich keinen Anlass hat, dann könnte sie ihre durch Art. 5 I GG verfassungsrechtlich gewährleisteten Aufgaben bei der öffentlichen Meinungsbildung, ihr "Wächteramt" nicht durchweg erfüllen, dies schon deshalb nicht, weil ihre ohnehin begrenzten Mittel zur Ermittlung der Wahrheit durch den Zwang, aktuell zu bleiben, verkürzt sind (vergl. BGH NJW 1977, 1288 ff.). An Warnungen, die nach einem Schadenseintritt ausgesprochen werden, kann kein Informationsinteresse mehr bestehen.


Da diese Ausführungen zeigen, dass die Bewertung der Beklagten einen sachbezogenen Anlass und hinreichende Anknüpfungspunkte aufweist, kommt es nicht mehr darauf an, dem weiteren durch Privatgutachten untermauerten umfangreichen Vorbringen beider Parteien zu der Frage nachzugehen, ob bereits Ende 1994 eine in der Bilanz nicht ausgewiesene Überschuldung der Klägerin bestanden hat oder - bei Fortführung der Bankgeschäfte - ohnehin alsbald eingetreten wäre. Denn im Rahmen der hier durchzuführenden fallbezogenen Abwägung kommt es im Ergebnis nur darauf an, ob die Beklagten die pressemäßige Sorgfalt haben walten lassen und der Bewertung der Gesamtsituation der Klägerin hinreichende tatsächliche Annahmen zugrunde lagen, wobei selbst unrichtige Informationen als Bestandteil einer Meinungsäußerung nicht von vornherein dem Schutz des Grundrechtes entzogen sind. Das hat der Senat bejaht und darüber hinaus festgestellt, dass die gewerbeschädigenden Werturteile und die Prognosen jedenfalls im Zeitpunkt der Veröffentlichung und letztlich auch im Nachhinein keine bereits erwiesen falschen oder bewusst unwahren tatsächlichen Elemente enthalten, wobei auch hier gilt, dass an die Wahrheit im Interesse der Meinungsfreiheit keine Anforderungen gestellt werden dürfen, die die Bereitschaft zum Gebrauch des Grundrechts herabsetzen, und dass der Vorwurf der Schmähung auch dann nicht gemacht werden kann, wenn sich z.B. durch Beweiserhebung herausstellen sollte, dass der in der Aussage enthaltene Tatsachenkern (s.o.) letztlich sachlich unzutreffend war.

Der Senat hat bei seiner Entscheidung schließlich auch berücksichtigt, dass das Maß der Anforderungen an die Prüfung des Wahrheitsgehaltes des in einer geschäftsschädigenden Meinungsäußerung enthaltenen Tatsachenkerns an dem Umfang des durch die Verbreitung der Äußerung voraussichtlich eintretenden Schadens gemessen werden muss. Wie oben bereits ausgeführt, haben sich die Beklagten ernsthaft bemüht, die von ihnen recherchierten Fakten auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, wobei sie bei der hier im Raume stehenden undurchsichtigen Vorgängen auf die Mitwirkung und wahrheitsgemäße Auskünfte der Betroffenen, der für die Klägerin Handelnden, angewiesen waren. Wird ihnen jedoch nur mitgeteilt, die recherchierten Fakten und zugegangenen Informationen seien unwahr, obwohl einzelne recherchierte Fakten - urkundlich belegt - zutreffend waren, so waren die Beklagten nicht gehalten, von einer Berichterstattung gänzlich Abstand zu nahmen. Denn im Spannungsverhältnis zwischen dem ernsthaften Interesse der Öffentlichkeit, insbesondere der Kunden der Klägerin, unverzüglich über Vorgänge im Hause der Klägerin und deren Bewertung informiert zu werden - es kann nicht zweifelhaft sein, dass mit Blick auf die in der Vergangenheit wiederholt stattgefundenen "Bankenzusammenbrüche" ein ernsthaftes und schnell zu befriedigendes Informationsinteresse an möglicherweise notleidend gewordenen Banken besteht einerseits und dem Schutzbedürfnis der Klägerin, nicht mit geschäftsschädigenden Meinungsäußerungen überzogen zu werden, andererseits, durften sich die Beklagten bei der oben geschilderten Sachlage entscheiden, ihrem "Wächteramt" nachzukommen und die Öffentlichkeit - wie geschehen - zu informieren, dass die Klägerin in Not sei und viele Menschen ihr Geld verlieren können, um ihr Geld zittern müssen, auch wenn voraussehbar war, dass die Meldung einen "RUN" der Kunden auslösen würde. Dass aber ein derartiger "RUN" letztlich zu einem Liquidationsvergleichsverfahren führen würde, war nicht ohne weiteres vorhersehbar, es sei denn, die Klägerin befand sich im Januar 1995 wirklich in einer wirtschaftlichen Notlage. Dann aber wäre die Bewertung der Beklagten aufgrund ihrer Recherchenergebnisse nicht nur vertretbar, diskutabel, sondern sogar zutreffend.


Ergänzend mag hier noch folgendes ausgeführt werden:
Selbst wenn man einmal unterstellt, dass es sich bei den beanstandeten Äußerungen um - wie das Landgericht angenommen hat - Tatsachenbehauptungen handelt, käme allein eine fahrlässige Verbreitung einer - hier unterstellten - unwahren Behauptung im Sinne von § 824 Abs. 1 BGB in Betracht, die aber nach Abs. 2 der Vorschrift gerechtfertigt wäre, weil die Öffentlichkeit an der Unterrichtung durch die Presse ein berechtigtes Interesse hat und die Beklagten bzw. ihre Redakteure das jedenfalls unter Berücksichtigung der besonderen Umstände dieses Falles erforderliche Maß an journalistischer Sorgfalt beachtet haben. Berichtet die Presse über Angelegenheiten, an denen ein ernsthaftes Informationsinteresse besteht, nimmt sie regelmäßig berechtigte Interessen im Sinne von § 824 Abs. 2 BGB wahr.

Auch nach der Bestimmung des § 823 Abs. 1 BGB dürfte dann der geltend gemachte Anspruch unbegründet sein. Zwar wird nach dieser Bestimmung für geschäftsschädigende Behauptungen u.U. nicht nur dann gehaftet, wenn die behaupteten Tatsachen unrichtig sind, sondern auch, wann die Äußerungen trotz wahrem sachlichen Inhalt in der Form unangemessen, übertrieben oder wegen des damit verbundenen unverhältnismäßig hohen Schadenseintritts zu unterlassen sind. Wer indes aufgrund sorgfältiger Überprüfung die Überzeugung gewinnt, dass eine Mitteilung über möglicherweise schadensverursachende Mißstände in einem Gewerbebetrieb im ernsthaften Interesse der angesprochenen Verkehrskreise angemessen ist, darf diese auch dann aussprechen und verbreiten, wenn sie einem anderen abträglich ist. Diese Grenzen dürften indes nicht überschritten sein, weil die Beklagten von der Richtigkeit ihrer Behauptungen ausgehen konnten. Betrachtet man die Vorschriften der §§ 823 und 824 BGB als eine Einheit, dann könnte sich der Äußernde, wie bereits oben erwähnt, auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen entsprechend § 824 Abs. 2 BGB berufen. Das alles braucht hier indes nicht vertieft und abschließend entschieden zu werden, weil es darauf für diese Entscheidung nicht mehr ankommt.


Die Kostenfolge beruht auf § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711.

Krause Kleffel Lemcke

Vorinstanzen

LG Hamburg, 324 O 968197, 31. 3 2000

Rechtsgebiete

Bank-, Finanz- und Kapitalanlagerecht; Presserecht