Beschäftigungsverhältnis zwischen Tagesmutter und Kindesmutter

Gericht

BSG


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

17. 02. 1998


Aktenzeichen

B 2 U 3/97 R


Leitsatz des Gerichts

Zum Unfallversicherungsschutz einer Tagesmutter (Tagespflegeperson).

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Zwischen den Bet. ist streitig, ob die Kl. als Tagesmutter bei einem Verkehrsunfall unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand und ob gegebenenfalls der bekl. Gemeindeunfallversicherungsverband oder die beigel. Berufsgenossenschaft für die Entschädigung dieses Unfalls zuständig ist. Die im Jahre 1960 geborene Kl., die bis zur Geburt ihres Kindes als Kindergärtnerin beschäftigt war, stellte sich Ende des Jahres 1988 auf Vermittlung des Jugendamtes des Landkreises Celle als Tagesmutter für die in den Jahren 1983 und 1985 geborenen Geschwister B und S zur Verfügung. Für die alleinerziehende Mutter K der Kinder, die ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt bezog, war die Fremdbetreuung ihrer Kinder erforderlich, um selbst berufstätig sein zu können. Die nach § 29 JWG erforderliche Pflegeerlaubnis wurde der Kl. vom Jugendamt erteilt. Die Kl. betreute die Kinder zusammen mit ihrem eigenen Kind in ihrem Haushalt; einer weiteren Berufstätigkeit ging sie nicht nach. Sie holte die Geschwister montags bis freitags und - wenn die Kindesmutter am Samstag arbeiten mußte, auch an diesem Tag - mit ihrem Auto jeweils in deren Wohnung ab und brachte sie später wieder nach dort zurück. Zur Deckung der Kosten dieser Fremdbetreuung wurde den Geschwistern wirtschaftliche Jugendhilfe gem. §§ 5 , 6 JWG in Form der Übernahme der Kosten für eine Tagespflege bewilligt, die das Jugendamt unmittelbar an die Kl. auszahlte. Die Fahrtkosten wurden im Rahmen der Sozialhilfegewährung für K mit einem monatlichen Pauschbetrag in Höhe von 50 DM abgegolten, welcher der Einfachheit halber ebenfalls direkt an die Kl. gezahlt wurde. Auf der Fahrt zur Abholung der Kinder am 13. 5. 1989 verunglückte die Kl. mit ihrem Pkw und erlitt dabei erhebliche Verletzungen. Der Bekl. lehnte eine Entschädigung des Unfalls ab, da die Kl. nicht zum versicherten Personenkreis nach § 539 I Nr. 1 RVO gehört habe; denn weder zu dem Landkreis Celle noch zu dem privaten Haushalt der K habe ein Beschäftigungsverhältnis oder beschäftigungsähnliches Verhältnis bestanden.

Die Klage hatte in allen Instanzen Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

II. ... Das Verfahren vor dem LSG leidet entgegen der Ansicht des Bekl. nicht an einem im Revisionsverfahren fortwirkenden Mangel, der in der Revisionsinstanz nicht beseitigt werden kann (vgl. § 168 S. 1 SGG) und schon deshalb zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG führen muß. Das LSG hat nicht unter Verstoß gegen § 75 II SGG die notwendige Beiladung der K unterlassen. Nach § 75 II Alt. 1 SGG ist die Beiladung notwendig, wenn Dritte an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Diese Voraussetzung ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG erfüllt, wenn die im Rechtsstreit zu erwartende Entscheidung über das streitige Rechtsverhältnis zugleich unmittelbar in die Rechtssphäre eines Dritten eingreift (vgl. BSG, SozR 3-1500 § 75 Nr. 9 m. w. Nachw.). Unmittelbar ist ein solcher Eingriff dann nicht, wenn der Dritte nur durch die Beurteilung von Vorfragen, die sämtlich nicht an der Rechtskraft teilnehmen, betroffen sein könnte (vgl. Krasney-Udsching, Hdb. des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2. Aufl. [1997], V Rdnr. 11 m. w. Nachw.). Hinsichtlich der Frage einer Verpflichtung zur Beitragsentrichtung und Vornahme von Anmeldungen als Arbeitgeberin wären die Feststellungen des LSG zur Unternehmereigenschaft der K und zum Beschäftigungsverhältnis der Kl. jedoch lediglich Vorfragen, die selbst nicht in Rechtskraft erwachsen könnten.

Das angefochtene Urteil ist auch materiellrechtlich nicht zu beanstanden. Die Kl. hat am 13. 5. 1989 bei ihrer versicherten Tätigkeit als Tagesmutter einen Arbeitsunfall erlitten, den der Bekl. als der zuständige Versicherungsträger zu entschädigen hat.

Der Entschädigungsanspruch der Kl. richtet sich noch nach den Vorschriften der RVO, da sich der von ihr als Arbeitsunfall geltend gemachte Verkehrsunfall vor dem Inkrafttreten des SGB VII am 1. 1. 1997 ereignet hat (Art. 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes [UVEG], § 212 SGB VII). Nach § 548 I 1 RVO ist Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539 , 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet. Das LSG hat zutreffend und in rechtlich nicht zu beanstandender Würdigung der gesamten hier vorliegenden Umstände erkannt, daß die Kl. als Tagesmutter zu dem nach § 539 I Nr. 1 RVO versicherten Personenkreis gehörte, als sie den Unfall erlitt. Nach dieser Vorschrift sind die aufgrund eines Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnisses Beschäftigten gegen Arbeitsunfall versichert. Kennzeichen eines derartigen Beschäftigungsverhältnisses ist die unselbständige Arbeit, wie sie insbesondere in einem Arbeitsverhältnis geleistet wird (vgl. § 7 I SGB IV). Dabei bedingt ein Beschäftigungsverhältnis nicht notwendig einen abgeschlossenen Arbeitsvertrag, maßgebend sind vielmehr die tatsächlichen Verhältnisse. Wesentlich für das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses ist die persönliche Abhängigkeit von einem Arbeitgeber, dessen Direktionsrecht der Beschäftigte unterliegt, sei es durch vertraglich vereinbarte Weisungsgebundenheit oder durch Eingliederung des Arbeitenden in den Betrieb des Arbeitgebers (vgl. BSGE 59, 284 [286] = SozR 2200 § 539 Nr. 114 m. w. Nachw.; BSG, SozR 3-2200 § 539 Nr. 6). Zu den typusbildenden Merkmalen einer abhängigen Beschäftigung, die nicht sämtlich gleichzeitig vorliegen müssen, gehört zunächst das Anordnungsrecht des Unternehmers bezüglich Zeit und Art der Arbeitsausführung sowie der Umstand, daß es sich um ein auf Dauer oder zumindest längere Zeit angelegtes Verhältnis handelt. Aus der Gesamtheit der nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden (vgl. § 163 SGG) Feststellungen lag ein solches Beschäftigungsverhältnis zwischen der Kl. und K vor.

Nach den bindenden Feststellungen des BerGer. bestand zwischen der Kl. und der Kindesmutter eine Absprache hinsichtlich der Betreuung der Kinder im allgemeinen; besondere über den üblichen Inhalt solcher Vereinbarungen hinausgehende Absprachen gab es nicht. Danach waren sich die Kl. und die Kindesmutter darüber einig, daß die Kl. zu bestimmten, von K durch ihre Berufstätigkeit vorgegebenen Zeiten die Kinder abholen, in ihrer Wohnung betreuen und sodann zurückbringen sollte. Als Gegenleistung erhielt sie je Betreuungsstunde den vom Jugendamt für die Kinder bewilligten Tagespflegesatz sowie die Fahrtkostenpauschale. Schuldnerin dieser Leistungen war die Kindesmutter; auch diese vom LSG getroffene Feststellung hat der Bekl. nicht wirksam mit Verfahrensrügen angegriffen. Sein Hinweis, das BerGer. habe insoweit § 128 I 1 SGG verletzt, weil das LSG hierzu keinerlei Ermittlungen angestellt habe, reicht hierfür nicht aus, da hinsichtlich der im Wege der Beweiswürdigung getroffenen Feststellung, wer Schuldner dieser Leistungen war, im Revisionsverfahren nur gerügt werden kann, das Tatsachengericht habe dabei gegen die Denkgesetze verstoßen oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt (vgl. BSG, SozR 1500 § 163 Nr. 2; Krasney-Udsching, IX Rdnr. 286); diesen Anforderungen genügt die Rüge nicht, da der Bekl. weder Denkgesetze noch allgemeine Erfahrungssätze nennt, gegen welche die Beweiswürdigung verstieße. Davon abgesehen ist Entgeltlichkeit nicht Voraussetzung des Versicherungsschutzes nach § 539 I Nr. 1 RVO, weist allerdings beim Zusammentreffen mit persönlicher Abhängigkeit von einem Unternehmer auf das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses hin (vgl. BSG, SozR 2200 § 539 Nr. 68).

Dieser Ausgestaltung des Betreuungsverhältnisses hat das LSG in rechtlich nicht zu beanstandender Weise einen privatrechtlichen Vertrag mit einem Weisungsrecht der K hinsichtlich der Art und des Umfangs der Betreuung entnommen. Das Betreuungsverhältnis war auch für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis typischerweise auf unbestimmte Dauer angelegt. Auch der vom LSG festgestellte Umstand, daß die Kl. ihre Tätigkeit in eigener Person ohne Mitarbeiter zu verrichten hatte, stellt ein weiteres Indiz ihrer abhängigen Beschäftigung dar. Auch die Vergütung nach Betreuungsstunden entspricht eher einem Arbeitsentgelt als einer Vergütung für eine selbständige Tätigkeit, weist also ebenfalls auf das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses hin.

Zwar kann das Arbeiten in einer fremden Betriebsstätte - und nicht in den eigenen Räumen - ein Indiz für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung darstellen, doch ist ein Arbeiten im eigenen räumlichen Umfeld zumindest in Ausnahmefällen unschädlich, falls - wie hier - besondere Gründe dafür bestehen und sich der Charakter der Tätigkeit dadurch im übrigen nicht ändert: Die Kl. betreute die Kinder im Einverständnis mit K in ihrer eigenen Wohnung, um diese Berufstätigkeit mit ihrem Familienleben vereinbaren zu können; ihrer Art nach hätte die Betreuungsdienstleistung aber genausogut in der Wohnung der Kindesmutter und damit in den Räumlichkeiten der Arbeitgeberin erbracht werden können, ohne daß sich dadurch das Wesen der Leistung geändert hätte.

Der Betrieb, in dem die Dienstleistung erbracht wurde und in den die Kl. organisatorisch und zeitlich eingegliedert war, war der Haushalt der Kindesmutter. Zum Aufgabenkreis einer Haushaltung als Unternehmen im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. dazu bereits BSGE 18, 93 [94]) zählen sowohl die hauswirtschaftlichen Tätigkeiten wie z. B. Kochen, Aufräumen der Wohnung als auch alle sonstigen häuslichen Tätigkeiten, die zu der Haushaltung in innerer Beziehung stehen, wie z. B. die Pflege und Betreuung der Kinder (vgl. BSG, SozR 2200 § 539 Nr. 2; zuletzt BSG, SozR 3-2200 § 548 Nr. 20 m. w. Nachw.). Nach der Rechtsprechung des BSG ist unter Haushaltsaufnahme nicht nur ein örtlich gebundenes Zusammenleben zu verstehen, sondern sie bezeichnet die Schnittstelle von Merkmalen örtlicher (Familienwohnung), materieller (Unterhalt) und immaterieller (Zuwendung von Fürsorge, Begründung eines [zumindest] familienähnlichen Bandes) Art (vgl. BSGE 63, 79 [81 f.] = SozR 2200 § 1267 Nr. 35 m. w. Nachw.). Diese Kriterien zugrunde gelegt, gehörten die Geschwister, selbst unter Berücksichtigung der der Kl. erteilten Pflegeerlaubnis und der zeitweisen Betreuung in der Wohnung der Kl. nicht deren Haushalt, sondern weiterhin dem der K an. Ihre Betreuung zählte demgemäß auch nach der zeitweisen Verrichtung dieser Tätigkeit durch die Kl. zum Aufgabenkreis des Haushalts der K.

Entgegen der Ansicht der Revision wurde die Kl. weder im Rahmen einer abhängigen noch einer selbständigen Tätigkeit für den Bekl. bzw. das Jugendamt tätig. Nach den Feststellungen des BerGer. war das Betreuungsverhältnis zwar auf die Vermittlung durch das Jugendamt hin zustandegekommen. Diesem Umstand (wie auch dem der Erteilung der Pflegeerlaubnis) kommt keine Bedeutung zu, die für ein Beschäftigungsverhältnis zwischen der Kl. und dem Bekl. - und gegen ein solches zwischen der Kl. und der Kindesmutter - sprechen könnte. „Vermittlung“ in diesem Zusammenhang bedeutet, daß der Träger der öffentlichen Jugendhilfe dem Personensorgeberechtigten eine Tagespflegeperson benennt, die zur Tagespflege bereit ist (vgl. Grube, in: Hauck, SGB VIII, K § 23 Rdnr. 17; Wiesner-Struck, SGB VIII, 1995, § 23 Rdnr. 17). Über diesen Nachweis einer möglichen Betreuungsperson hinaus hat diese Tätigkeit des Jugendamtes keine Auswirkung. Sie ändert vielmehr nichts daran und es entspricht der in der Literatur vertretenen Auffassung, daß bei der vermittelten Tagespflege wie bei der von den Kindeseltern selbst organisierten Tagespflege letztlich ein vertragliches Verhältnis zwischen der Tagespflegeperson und dem Personensorgeberechtigten hergestellt werden muß (vgl. Wiesner-Struck, § 23 Rdnr. 17; Grube, in: Hauck, § 23 Rdnr. 20 m. w. Nachw.).

Auch die Erteilung der Pflegeerlaubnis nach § 29 I JWG durch das Jugendamt begründete kein irgendwie geartetes Verhältnis zwischen der Tagesmutter und dem Jugendamt, aufgrund dessen diese zu der Betreuung der Kinder, auf die sich die Erlaubnis bezieht, verpflichtet und insoweit umfassend den Weisungen der Behörde unterworfen gewesen wäre. Die Pflegeerlaubnis stellte vielmehr lediglich die öffentlichrechtliche Voraussetzung dafür dar, daß die Kl. ihre aufgrund des privatrechtlichen Betreuungsvertrags übernommene Verpflichtung überhaupt erfüllen durfte (vgl. § 28 JWG). Daß die Tagespflege weiterhin der Beaufsichtigung durch das Jugendamt unterlag, verschaffte diesem im Gegensatz zur Ansicht der Revision kein umfassendes Weisungsrecht gegenüber der Tagespflegemutter (etwa hinsichtlich der Dauer und Art der Betreuung), sondern lediglich ein Kontrollrecht, um die Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen Voraussetzungen für die Erteilung und Aufrechterhaltung der Erlaubnis - Gewährleistung des leiblichen, geistigen und seelischen Wohls der Pflegekinder - zu überprüfen. Am (hier privatrechtlichen) Rechtscharakter der Betreuungstätigkeit selbst änderte dies nichts.

Wenn die Revision schließlich unter Bezugnahme auf die nunmehr geltende Vorschrift des § 23 SGB VIII anführt, die Tagespflege diene der „Förderung der Entwicklung des Kindes“, so statuiert dies eine selbstverständliche Prämisse, unter der das gesamte Verhalten des Jugendamts und demnach auch die Bewilligung lediglich wirtschaftlicher Jugendhilfe zur Deckung von Kosten der Tagespflege zu stehen hat. Rückschlüsse darauf, für wen die Kl. tätig war, lassen sich daraus nicht ziehen.

Die weiteren von der Revision gegen die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses i. S. des § 539 I Nr. 1 RVO angeführten Bedenken zielen im Kern darauf ab, die vom Tatsachengericht getroffenen bindenden Feststellungen (§ 163 SGG) durch eine eigene Wertung zu ersetzen. Sie sind im übrigen nicht geeignet, die Auffassung des Bekl. zu stützen. Selbst wenn die an eine Tagesmutter gezahlten Pflegegelder als steuerfreie Einnahmen i. S. des § 3 Nr. 11 EStG anzusehen wären, beträfe dies eine andere als die im vorliegenden Zusammenhang zu beantwortende Rechtsfrage und besagte insbesondere nichts zur sozialrechtlichen Qualifizierung einer Tätigkeit. Soweit der Bekl. unter Bezugnahme auf das Rundschreiben des BMF vom 20. 1. 1984 (BStBl I, 134) geltend macht, bei den Vergütungen für eine Pflegeperson wegen Betreuung eines fremden Kindes handele es sich um steuerpflichtige Einnahmen aus einer „sonstigen selbständigen Tätigkeit“ i. S. des § 18 I Nr. 3 EStG, übersieht er, daß dies zum einen seinem eigenen Vortrag bezüglich der Steuerfreiheit dieser Einnahmen nach § 3 Nr. 11 EStG widerspricht und zum anderen das letztgenannte Rundschreiben des BMF durch dessen - ebenfalls vom Beklagten zitierte - Schreiben vom 4. 2. 1990 ausdrücklich aufgehoben wurde (vgl. DAVorm 1990, 429, letzter Absatz).

Die vom Bekl. zur weiteren Stützung seiner Ansicht angeführte Auseinandersetzung im Gesetzgebungsverfahren zum SGB VII um eine (dann nicht angeordnete) Erweiterung des Unfallversicherungsschutzes betraf nicht etwa die Frage einer Aufnahme von Tagespflegepersonen in den von der gesetzlichen Unfallversicherung geschützten Personenkreis. Vielmehr hatte - wie im Berufungsurteil ausführlich erläutert - der Bundesrat um Prüfung gebeten, ob und in welcher Weise Kinder in Tagespflege systemkonform in den Unfallversicherungsschutz einbezogen werden können (vgl. BT-Dr 13-2333, S. 4).

Es kann dahingestellt bleiben, ob sich der Verkehrsunfall vom 13. 5. 1989, den die Kl. bei der Fahrt zur Abholung der Kinder erlitt, bei einer als Betriebsweg (Weg außerhalb der Betriebsstätte, der zur Ausübung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt wird, vgl. BSGE 45, 254 [256] = SozR 2200 § 550 Nr. 36) zu qualifizierenden Tätigkeit der Kl. oder als Wegeunfall auf der Fahrt nach dem Ort der Tätigkeit gem. § 550 I RVO ereignete. Die erste Alternative wäre gegeben, wenn zu den von der Kl. geschuldeten Leistungen auch die Fahrt von ihrer Wohnung zur Wohnung der Kindesmutter gehörte; die andere Alternative läge vor, falls die geschuldete Tätigkeit der Kl. erst mit der Inempfangnahme der Kinder an der Wohnung begann. Da beide Möglichkeiten, von denen eine in jedem Fall gegeben ist, hier zu demselben Ergebnis - Vorliegen des Unfallversicherungsschutzes - führen, kann diese Frage hier offen bleiben.

Die Kl. stand nach alledem zum Zeitpunkt des Unfalls nach § 539 I Nr. 1 RVO unter Versicherungsschutz. Diesem Ergebnis widerspricht auch nicht die von der Revision angeführte Entscheidung des LSG Rheinland-Pfalz vom 25. 2. 1997 (BAGUV-Rdschr. Nr. 120-1997). Darin wird zu der Frage, ob die Betreuung eines Kindes in Tagespflege ein Beschäftigungsverhältnis i. S. des § 101 AFG sei, ausgeführt, Pflege und Betreuung beaufsichtigungsbedürftiger Kinder könnten durchaus ein Beschäftigungsverhältnis begründen; es hat sodann aufgrund der gegebenen Umstände festgestellt, in dem dort zu entscheidenden Fall sei die Betreuung des Kindes nicht in persönlicher Abhängigkeit der Tagesmutter zu der Kindesmutter oder zu dem Kinde erbracht worden. Damit kommt es auch nicht mehr darauf an, ob ein - vom LSG alternativ angenommener - Versicherungsschutz der Kl. nach § 539 II i. V. mit § 539 Nr. 1 RVO bestand, da sie mit ihrer Betreuungstätigkeit dem Haushalt der K diente.

Das LSG hat schließlich zutreffend entschieden, daß der Bekl. und nicht die Beigel. zuständiger Versicherungsträger für die Entschädigung des Arbeitsunfalls ist. Die Tätigkeit als Tagesmutter - alltägliche Betreuung von Kleinkindern - unterfiel dem Unternehmen „Haushalt der K“ (§ 657 I Nr. 3 RVO; zur Abgrenzung von darüber hinausgehenden Pflegeleistungen vgl. z. B. BSG, SozR 3-2200 § 539 Nr. 6 m. w. Nachw.; SozR 3-2200 § 548 Nr. 20 m. w. Nachw.).

Rechtsgebiete

Versicherungsrecht; Sozialrecht

Normen

SGG § 75 II; RVO §§ 539 I Nr. 1, II, 548 I 1, 550 I; SGB IV § 7 I; JWG §§ 28, 29; SGB VIII § 23