Während der Woche konzentrieren wir uns für unsere Zielgruppe auf das Recht in Wirtschaft und Gesellschaft; am Wochenende auf Unwirtschaftliches bis hin zum Humor. Material finden Sie demnach inbesondere für das Presse-, Äußerungs-, Marken-, Wettbewerbs-, Urheber-, Verkehrsauffassungs-, Forschungs-, Datenschutz-, Nachbarrecht sowie zur Kanzleiorganisation. Humor und Witze würden zwar schon heute Stoff für ein Buch "15 Jahre Humor" bieten, sind jedoch nur zu einem geringen Teil suchfunktionsfähig verfasst.

Prozesse zu Unfällen mit Kindern und Jugendlichen an Haltestellen gehören zu den Rechtsstreitigkeiten, bei denen sich die Gerichtsentscheidung oft schwer vorhersagen lässt. Die Entscheidung hängt in diesen Fällen häufig von der persönlichen Einstellung und den Erfahrungen der entscheidenden Richter ab. Wenn Sie links in die Suchfunktion „Dezisionismus” eingeben, können Sie sich zu dieser Problematik näher informieren.
Unter diesen Umständen kann es nützlich sein, schon früher erlassene Urteile vorzulegen, die in eine bestimmte Richtung weisen. Ein Urteil des Oberlandesgerichts Celle gehört zu den Entscheidungen, die Kraftfahrzeugfahrern helfen können.
In dem vom OLG Celle entschiedenen Falle befand sich eine Straßenbahnhaltestelle in der Straßenmitte mit einer eigenen Verkehrsinsel. Eine 6 1/2-Jährige lief von der Straße aus in ein Fahrzeug hinein, als die Straßenbahn einfuhr. Das Gericht formulierte, was auf seine Einstellung hindeutet: „erst einfuhr”. Ein Zebrastreifen fehlte. Das Gericht unterstellte eine Geschwindigkeit des Fahrzeugs von 20 km/h.
Das OLG Celle entschied, der Fahrer sei unschuldig, er müsse nicht in Schrittgeschwindigkeit fahren, sondern dürfe darauf vertrauen, dass sein Vorrecht beachtet werde.
Hier können Sie sich anhand des Urteils des Oberlandesgerichts Celle, Az.: 14 U 232/04, genau informieren.

Der Unfall ereignete sich vor vier Jahren. Ein fast 11-jähriger Junge zündete eine „Biene”. Sie sprang in den Mantel der Verletzten. Narben am Körper blieben zurück.
Entschieden hat in diesem Jahr das Oberlandesgericht Nürnberg. Das OLG begründet sein Urteil so, dass ein 11-Jähriger in aller Regel wegen unerlaubter Handlung für den Schaden aufkommen und auch Schmerzensgeld leisten muss.
Die wichtigsten Sätze des Urteils erklären:
„Die Vorhersehbarkeit der Gefahr ist beim Umgang mit Feuerwerkskörpern allgemein gegeben. Hierbei muss jederzeit mit Unfällen im Zusammenhang mit dem Zünden von Feuerwerkskörpern gerechnet werden.”
Und weiter:
Von einem fast 11-Jährigen, der die grundsätzliche Gefährlichkeit von Feuerwerkskörpern kannte, muss erwartet werden, dass er einen solchen nur zündet, wenn andere Beteiligte in einer für sie ungefährlichen und damit ausreichenden Entfernung stehen.
Das Urteil geht nicht auf ein Mitverschulden der damals 13-jährigen Verletzten ein. Der zuletzt hier hervorgehobene Satz des Urteils legt jedoch nahe, dass die Verletzte den Schaden mitverschuldet hat und deshalb einen Teil des Schadens hätte mittragen müssen: Auch von jemandem, der dabei steht, ist zu erwarten, dass er einen ungefährlichen und damit ausreichenden Abstand hält.
Wir haben Ihnen das gesamte Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg, Az.: 8 U 3212/04, ins Netz gestellt.

Der BGH hat geurteilt: Ja, zulässig, nicht unlauter. Es reicht nicht einmal die Gefahr aus, dass der Kunde durch eine solche Praxis unangemessen unsachlich in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt wird. Nur wenn nachgewiesen ist, dass der Abwerbende tatsächlich irregeführt, überrumpelt oder sonst unangemessen unsachlich den Kunden in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt hat, hat der Abwerbende gegen das Gesetz verstoßen.
Hier können Sie das Urteil des Bundesgerichtshofs Az.: I ZR 140/02 in vollständiger Fassung nachlesen.
Anmerkung: Dieses Urteil entspricht der gegenwärtig liberaleren Urteilspraxis des Bundesgerichtshofs. Insbesondere wenn, wie hier, unbestimmte Rechtsbegriffe („unlauter”) anzuwenden sind, können die Gerichte durchaus nach eigenem Rechtsgefühl entscheiden. Es ist gut möglich, dass eine andere Richterbank genau gegenteilig entschieden hätte. Mehr können Sie zum richterlichen Dezisionismus erfahren, wenn Sie links bei der Suchfunktion „Dezisionismus” eingeben.

So betitelt die neue Ausgabe - 22/2005 - der FREIZEIT REVUE das Rechtsthema der Woche. Weitere Informationen zum Thema finden Sie in dem von uns rechtlich betreuten FREIZEIT REVUE Ratgeber Recht.

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil Az: VIII ZR 192/04 erneut Streitfragen zu Schönheitsreparaturen geklärt:
Zwar hat der Vermieter in einem fortbestehenden Mietverhältnis keinen Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Mieter keine Schönheitsreparaturen ausführt. Gerät der Mieter jedoch während eines bestehenden Mietverhältnisses mit der Durchführung von Schönheitsreparaturen in Verzug, darf der Vermieter von ihm einen Vorschuss in Höhe der voraussichtlichen Renovierungskosten beanspruchen. Im Einzelfall kann sich durchaus ein Vorschuss von einigen tausend EURO errechnen.
Einige Instanzgerichte (z.B.: LG Berlin NJW 1997, 968; LG München I WuM 1997, 616) hatten früher darauf abgestellt, dass die Mietwohnung bereits in ihrer Substanz gefährdet sein müsse. Von einer solchen Voraussetzung hängt jedoch - hat der BGH nun entschieden - der Anspruch auf einen Vorschuss nicht ab. Vielmehr gilt (sowohl für Gewerberäume, als auch für Mietwohnungen):
Grundsätzlich wird der Anspruch des Vermieters fällig, wenn objektiv ein Renovierungsbedarf besteht. Voraussetzung ist selbstverständlich, dass vertraglich die Schönheitsreparaturen auf den Mieter übertragen wurden. Außerdem muss sich der Mieter (z.B. durch eine Mahnung) in Verzug befinden.
Der BGH hat mit dieser Entscheidung seine Rechtsprechung zur Rechtssicherheit bei Schönheitsreparaturen fortgesetzt:
Er hat im Laufe der Zeit einerseits die Voraussetzungen, Schönheitsreparaturen auf den Mieter abzuwälzen, verschärft. So wurden etwa Klauseln mit starren Fristenplänen für unwirksam erklärt.
Andererseits lässt es der BGH aber doch grundsätzlich zu, Schönheitsreparaturen vertraglich auf den Mieter abzuwälzen.
Nun hat der BGH weiter konkretisiert: Wenn ein Vermieter nach den Vorgaben des BGH die Schönheitsreparaturen auf den Mieter vertraglich überträgt und auch sonst alle Vorgaben, die der BGH nach und nach herausgearbeitet hat, beachtet, dann darf er den Mieter auch während der Mietzeit, so wie es das neue Urteil beschreibt, in die Pflicht nehmen.

Seit gestern liegt eine interessante Urteilsbegründung zur Zulässigkeit bzw. Rechtswidrigkeit von Gewinnspielen vor. Sie beschreibt anschaulich die Rechtslage:
- „Eine unzulässige Kopplung nach § 4 Nr. 6 UWG liegt nicht nur vor, wenn eine rechtliche Verknüpfung des Warenabsatzes mit der Teilnahme an dem Gewinnspiel erfolgt, sondern auch, wenn eine tatsächliche Abhängigkeit zwischen dem Warenabsatz und der Gewinnspielteilnahme oder den Gewinnchancen anzunehmen ist.”
- „Ob eine tatsächliche Abhängigkeit besteht, beurteilt sich aus der Sicht eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers.”
- Eine tatsächliche Abhängigkeit und damit die Rechtswidrigkeit fehlt in der Regel, wenn der Veranstalter „die an der Teilnahme interessierten Kreise optisch hervorgehoben darauf hinweist, dass zwischen einer Warenbestellung und der Gewinnchance keine Abhängigkeit besteht”.
Wenn Sie ein Gewinnspiel vorbereiten oder zu beurteilen haben, empfielt es sich, auch noch die Details dieses Urteils Az.: I ZR 117/02 nachzulesen.
Anmerkung für Rechtssoziologen und Wettbewerbsrechtsspezialisten: Der BGH distanziert sich in diesem Urteil von seiner älteren Rechtsprechung. Er begründet diese Änderung damit, dass „es nach dem gewandelten Verbraucherleitbild auf eine damit umschriebene geringe Quote, wie sie die frühere Rechtsprechung als ausreichend erachtet hat, nicht mehr ankommt”. In der in diesem Jahr erschienenen Festschrift für Prof. Andreas Heldrich haben wir dargelegt, dass und warum diese Rechtsanwendung problematisch ist (Abhandlung: „Umfangreich analysiert und abgewogen ins Nichts”). In der Praxis wird es jedoch bei dem neuen Urteil verbleiben. Nach ihm ist nicht mehr davon auszugehen, dass auf jeden Fall „ein erheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise ... davon ausgeht, durch eine Warenbestellung könne die Gewinnchance verbessert werden”.

"Flavio sagt: Schumi bringt's nicht mehr. Immer noch besser, als wenn Naomi sagt: Flavio bringt's nicht mehr."
Zitiert aus dem neuesten Tendenz-0-Meter, morgen im FOCUS 21/2005.

Ein Gericht hat entlarvt, worum es wieder einmal im Prozeß einer „Prominenten” wirklich ging: Um Publicity und Vorbereitung einer Geldentschädigung, nicht um Persönlichkeitsrechte - zum Beispiel wegen eines Rehabilitationsinteresses:
„Der Senat weist darauf hin, dass auf der Webseite der Klägerin, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wird, mehrere Presseberichte zum Abruf bereit gehalten werden, in denen über die Untersuchungshaft der Klägerin, ihre Absicht, ein Buch darüber zu schreiben, und die Anklage die Rede ist.”
Auszug aus einem uns gestern zugestellten Protokoll der öffentlichen Sitzung des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München am Dienstag, den 10. Mai 2005 zur Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 6. 2. 2005.
Geklagt hatte Tatjana Gsell. Die FREIZEIT REVUE hatte in einem Artikel auf die Vorstrafe von 16 Monaten wegen Versicherungsbetrugs hingewiesen. Frau Gsell argumentierte, derartige Hinweise würden - siehe jedoch das Protokollzitat - ihr Rehabilitationsinteresse mißachten.
Dumm gelaufen.

Ein erst in diesem Monat verkündetes und bereits schriftlich begründetes Urteil des Arbeitsgerichts München gibt mehrere höchst nützliche Hinweise zu Kündigungen:
Wer uneinsichtig ist, schadet sich selbst.. Das Arbeitsgericht München wörtlich:
„Zu Lasten des Klägers ist hier jedoch zu berücksichtigen, dass er bis zum heutigen Tag kein Unrechtsbewusstsein bezüglich seines Verhaltens erkennen lässt. Dies bedeutet, dass die Beklagte bei einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses jederzeit damit rechnen müsste, dass der Kl. auch in Zukunft bereit wäre, Zahlungen Dritter anzunehmen und die Interessen der Beklagten nicht über seine eigenen Interessen setzen würde. Das ist einem Arbeitgeber ... nicht zuzumuten”, auch wenn dieser Mitarbeiter seit vielen Jahren dem Unternehmen angehört und schon älter ist.
Das Urteil setzt sich auch mit typischen Kündigungsschutz-Fragen auseinander:
So zur Form der Kündigung: Es reicht aus, dass sich die Alleinvertretungsbefugnis des (schriftlich) Kündigenden aus dem Handelsregister ergibt.
Die Zweiwochenfrist für eine fristlose Kündigung beginnt nicht schon zu laufen, wenn einzelne Konzernmitarbeiter den Kündigungsgrund erfahren. Vielmehr kommt es auf die Kenntnis eines Kündigungsberechtigten der Gesellschaft an, bei welcher der Arbeitnehmer beschäftigt ist.
Das Gericht hat die fristlose Kündigung als rechtswirksam erachtet. Hier können Sie das Urteil des Arbeitsgerichts München, Az.: 26 Ca 14792/04, nachlesen.

So betitelt die neue Ausgabe - 21/2005 - der FREIZEIT REVUE das Rechtsthema der Woche. Weitere Informationen zum Thema finden Sie in dem von uns rechtlich betreuten FREIZEIT REVUE Ratgeber Recht.