Während der Woche konzentrieren wir uns für unsere Zielgruppe auf das Recht in Wirtschaft und Gesellschaft; am Wochenende auf Unwirtschaftliches bis hin zum Humor. Material finden Sie demnach inbesondere für das Presse-, Äußerungs-, Marken-, Wettbewerbs-, Urheber-, Verkehrsauffassungs-, Forschungs-, Datenschutz-, Nachbarrecht sowie zur Kanzleiorganisation. Humor und Witze würden zwar schon heute Stoff für ein Buch "15 Jahre Humor" bieten, sind jedoch nur zu einem geringen Teil suchfunktionsfähig verfasst.

Das uns kürzlich zugestellte Urteil des Landgerichts Berlin ist nicht nur aufgrund seiner Ausführungen zur Bezeichnung eines Schauspielers als „Beziehungswrack” interessant, sondern auch allgemein zur Kennzeichnung der Boulevardberichterstattung.
Das LG Berlin stellt in seinem Urteil Az.: 27 0 682/04 heraus:
Speziell in Fällen der Boulevardberichterstattung ist dabei zu berücksichtigen, dass der Star ebenso von überpointierten Personality-Geschichten lebt, wie die Presse von ihm. Der Kläger muss als 'in der Unterhaltungsöffentlichkeit' bekannte prominente Person, die leichten Zugang zu den Unterhaltungsmedien hat und auch nutzt, eine mit einer Berichterstattung einhergehende 'leichte Beeinträchtigung seines Images' im Hinblick auf die zugleich erzielten Aufmerksamkeitsgewinne als 'Vorteilsausgleich' hinnehmen.”
Das Gericht verweist zu diesen Ausführungen auf die in der Rechtsprechung sonst nur selten erwähnte, aber höchst lesenswerte Abhandlung von Ladeur in NJW 2004, 393 ff. zur 'Anpassung des privaten Medienrechts an die Unterhaltungsöffentlichkeit'.
Wir haben über diese Abhandlung an dieser Stelle am 12. Februar dieses Jahres berichtet.

Das Landgericht Berlin hat in einem uns soeben zugestellten Urteil Az.: 27 0 682/04 festgestellt:
„Die öffentliche Bezeichnung des Klägers als 'Beziehungswrack' als zusammenfassende Wertung seiner Lebensweise muss der Kläger dulden. Diese Bezeichnung hat insbesondere nicht die negative Bedeutung, die der Kläger ihr zumisst. Die Äußerung muss in dem Kontext gesehen werden, in dem sie gefallen ist, nämlich im Anschluß an die Aufzählung seiner neun Lebensgefährtinnen. Da sich die Äußerung allein auf das Scheitern von acht Partnerschaften bezieht, hat sie auch keinen weiteren Bedeutungsinhalt, spricht insbesondere dem Kläger nicht jede moralische Werteeinstellung ab, sondern qualifiziert nur seine angeblichen Schwierigkeiten bei der Suche nach einer dauerhaften Beziehung. Eine Diffamierung der Person des Klägers steht dabei nicht im Vordergrund.”
Gewonnen hat die FREIZEIT REVUE.

Das Landgericht Berlin hat gegen die noch „herrschende Meinung” rechtskräftig die Frage bejaht, ob ein Firmenname, der das Zeichen @ enthält, ins Handelsregister eingetragen werden kann. Az.: 102 T 122/03.
Dass die noch herrschende Meinung voraussichtlich schwinden wird, lässt sich daraus schließen, dass sie @ nur deshalb als (nicht eintragungsfähiges) Bildzeichen ansieht, weil die Aussprache (at oder a) bislang nicht klar genug sei.

Das Standesrecht der Rechtsanwälte ist zur Werbung mit Tätigkeiten gegenwärtig noch mehr in Bewegung als sonst. So wurde einem Verkehrsrechts-Spezialisten vom Bundesverfassungsgericht zum Entsetzen von Standesorganisationen zugebilligt, dass er sich im Briefkopf als „Spezialist für Verkehrsrecht” bezeichnen darf. Az. dieser Entscheidung der 2. Kammer des Ersten Senats: 1 BvR 159/04.
Im konkreten hatten Anwälte mit „Kanzlei für...” und mit „Schwerpunkte ....” geworben. Eine berufsständische Organisation verklagte den Verlag, es zu unterlassen, Anwaltswerbung dieser Art (entgeltlich) zu veröffentlichen.
Das erstinstanzliche Gericht verurteilte den Verlag. Das OLG Frankfurt a. M. gab der Berufung statt, hob das erstinstanzluiche Urteil auf und wies die Klage ab. Az.:6 U 193/04. Das Oberlandesgericht wandte die hergebrachten Grundsätze zur eingeschränkten Verantwortlichkeit der Verlage an und argumentierte:
„Die aufgeworfenen, nicht einfach zu entscheidenden Fragen zur - verfassungskonformen - Auslegung von § 7 BORA sowie von § 3 UWG n. F. können von der Beklagten (Verlag) im Rahmen der sie treffenden eingeschränkten Prüfungspflicht zumutbarerweise nicht zuverlässig beantwortet werden, weshalb eine wettbewerbsrechtliche Haftung der Beklagten ausscheidet.”

Zuletzt haben wir an dieser Stelle am 6. Dezember über die drei neuen Urteile zu Bildpublikationen mit der Begleiterin des Begleiters der absoluten Person der Zeitgeschichte Uschi Glas berichtet und angekündigt, dass wir auch noch kurz auf die Bedeutung dieser Urteile in Bezug auf das Straßburger Caroline-Urteil eingehen werden.
Einerseits: Der Bundesgerichtshof schränkt in diesen drei Urteilen die Rechtsprechung des BVerfG und seine eigene Rechtsprechung nicht ein.
Andererseits lässt sich aus diesen drei Urteilen nicht schließen, dass der BGH das Straßburger Urteil in Bezug auf die BVerfG-Entscheidung vom 15. 12. 1999 gänzlich verwirft:
An einigen Stellen zieht der BGH die BVerfG-Entscheidung vom 15. 12. 1999 zwar zustimmend als Belegstelle heran. Soweit er diese Entscheidung heranzieht, sind jedoch Aussagen des BVerfG betroffen, die das Straßburger Urteil nicht eindeutig ablehnt. Wir denken dabei im Wesentlichen an die Aussage, dass sich niemand auf ein Recht zur Privatheit hinsichtlich solcher Tatsachen berufen kann, die er selbst der Öffentlichkeit preisgibt.
Die drei BGH-Entscheidungen beziehen sich auch ausdrücklich auf das Straßburger Urteil. Sie formulieren eher so, dass es bei der deutschen Rechtsprechung bleiben soll, nämlich:
Nicht zu beanstanden ist auch unter Berücksichtigung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 24. Juni 2004, daß (alte Schreibweise!) das Berufungsgericht bei seiner Abwägung die Ehekrise Glas/T. wegen des daran bestehenden öffentlichen Interesses als zeitgeschichtlichen Vorgang ansieht, gleichwohl aber (ausgehend von der hergebrachten Definition der absoluten und relativen Person der Zeitgeschichte) für die Zeit vor dem öffentlichen Austreten der Klägerinein überwiegendes Informationsinteresse am Privatleben der Klägerin verneint.”
RA Messer, der die zwei von uns betreuten Verlage vor dem BGH vertrat, hat uns zu dieser BGH-Aussage geschrieben:
„ Von Interesse für künftige Fälle dürfte die Bemerkung sein....und die hergebrachte Definition der absoluten und der relativen Person der Zeitgeschichte billigt.”
Als RA Messer diese Zeilen verfasste, war noch nicht das F.A.Z.-Interview mit Prof. Papier veröffentlicht worden. Dieses Interview deutet zusammen mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Oktober 2004 erst recht darauf hin, dass das Straßburger Urteil vom 24. Juni 2004 keinen Bestand haben wird. Lesen Sie dazu bitte unseren Bericht in dieser Rubrik vom 9. Dezember.

Am 20. Oktober haben wir über diese drei Urteile berichtet. Damals war erst die Presse-Erklärung des BGH bekanntgegeben worden. Nun sind uns die (uns betreffenden) Urteile zugestellt und alle drei Urteile sind auf der Homepage des BGH veröffentlicht worden.
Da einerseits die umstrittenen Fotos in den Entscheidungen nicht veröffentlicht und andererseits die bei den Artikeln publizierten Abbildungen vom BGH nur teilweise beurteilt worden sind, ist es nicht ganz einfach, die Urteile schnell zu erfassen. Das Wichtigste:
- Niemand darf sich auf ein Recht zur Privatheit hinsichtlich solcher Tatsachen berufen, die er selbst der Öffentlichkeit preisgibt. In diesem Sinne hatten das BVerfG und der BGH auch schon früher entschieden; das BVerfG insbesondere in seiner Grundsatzentscheidung vom 15. 12. 1999. Anke S. und Tewaag waren auf einer öffentlichen Veranstaltung, der Verleihung des deutschen Videopreises, als Paar aufgetreten.
- In zeitlicher Nähe zu dem öffentlichen Auftritt dürfen kontextneutrale Portraitfotos aus neuerer Zeit publiziert werden, wenn weder die Veröffentlichung der jeweiligen Fotos als solchen noch der Zusammenhang, in dem sie gebracht werden, das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten beeinträchtigen. Der BGH bezieht sich zu dieser Feststellung an erster Stelle auf die Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu Begleitern. Er schließt die Anwendung dieses Urteils nicht deshalb aus, weil Anke S. nicht die absolute Person der Zeitgeschichte begleitet, sondern (als mutmaßlicher Scheidungsgrund) den Begleiter der absoluten Person der Zeitgeschichte. Er stellt (überzeugend) darauf ab, dass sich Anke S. „durch ihr Auftreten in einen zeitgeschichtlichen Vorgang eingeordnet” hat. Ausdrücklich erklärt sich der BGH so jedoch nur an anderer Stelle des Urteils in einem etwas anderen Zusammenhang. Diese Erklärung bildet unseres Erachtens rechtsogmatisch eine unverzichtbare Grundlage dieser Rechtsprechung des BGH. Zwei vom BGH akzeptierte Porträtfotos finden Sie in unserem Bericht vom 20. Oktober.
- Nicht veröffentlicht werden dürfen dagegen Fotos, welche das Paar in einer erkennbar privaten Situation zeigen. Zu diesem Aspekt verweist der BGH auf seine Grundsatzentscheidung vom 19. 12. 1995. Und der BGH fügt in zwei der drei Urteile - das bekannte Foto „Deininger Weiher” betreffend - hinzu: „Es stammt auch aus einer Zeit, zu der seine Veröffentlichung mangels eines berechtigten Informationsinteresses als rechtswidrig anzusehen war.” Wie dieser hinzugefügte Satz zu verstehen ist, wird allein schon deshalb diskutiert werden müssen, weil auch die (vom BGH akzeptierten) Porträtfotos vor dem öffentlichen Auftritt aufgenommen worden waren.
Sie können hier die drei Urteile einsehen. Auf das Verhältnis dieser drei Urteile zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Caroline) vom 24. Juni 2004 werden wir demnächst in dieser Rubrik noch eingehen.

Am 21. November haben wir an dieser Stelle berichtet, dass das LG Berlin seine eigene einstweilige Verfügung, Frau Gsell nicht als „Busenwitwe” zu betiteln, in einem Falle aufgehoben hat.
Konsequenterweise fallen offenbar grundsätzlich alle einstweiligen Unterlassungs-Verfügungen den neuerlichen Auftritten zum Opfer. Das LG Berlin hat jetzt eine zweite - noch nicht rechtskräftige - einstweilige Verfügung, die wegen eines Artikels in einer anderen Zeitschrift erlassen worden war, ebenfalls aufgehoben. Die uns vor einigen Tagen zugestellten Urteilsgründe beziehen sich ausdrücklich auf das Urteil, über das wir am 21. November berichteten. Bezeichnend für das gesamte Urteil sind diese Ausführungen auf der Schlußseite der Urteilsbegründung:
„Soweit die Antragstellerin meint, durch die angegriffene Formulierung werde in sexistischer und vorverurteilender Weise die Rehabilitierung ihres Rufs behindert, ist dem ebenfalls entgegenzuhalten, dass die Formulierung lediglich ein Verhalten der Antragstellerin beschreibt; die Lebensweise und Darstellungsart der Antragsgegnerin prägen ihren Ruf, nicht die daran anknüpfende Formulierung der Antragsgegnerin.”
Diese Änderung der Rechtsprechung ist ein Beispiel dafür, wie problematisch es für Medienhäuser prozess- und medienpolitisch ist, in Auseinandersetzungen frühzeitig aufzugeben. Die Auseinandersetzungen der Medien mit Verena K. (Begleiterin von Kahn) und Anke S. (Begleiterin von Tewaag, dem Ex-Ehemann von Uschi Glas) sind weitere Beispiele. Das gravierendste Musterbeispiel bildet die sogenannte Begleiterrechtsprechung, - am häufigsten Prinz Ernst August betreffend. Vom ersten negativen Urteil bis zur gegenteiligen Grundsatz-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. April 2001 vergingen fünf Jahre. Hunderte Male haben die Verlage kostenpflichtig vorher aufgegeben und nahezu täglich unterblieben Veröffentlichungen.
Wir werden, sobald auch insoweit entschieden wird. in dieser Rubrik auf die Rechtslage in Bezug auf bereits rechtskräftige Verfahren und strafbewehrte Unterlassungserklärungen eingehen.
Sie können hier das neue Urteil des Landgerichts Berlin, Az.: 27 0 727/04, nachlesen.

So betitelt die neue Ausgabe - 50/2004 - der FREIZEIT REVUE das Rechtsthema der Woche. Weitere Informationen zum Thema finden Sie in dem von uns rechtlich betreuten FREIZEIT REVUE Ratgeber Recht.

Die „Medienpolitische ver.di-Zeitschrift” veröffentlicht in ihrer neusesten Ausgabe aus unserer Kanzlei einen Caroline-Urteil vom 24. Juni 2004 - anders als das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 15. Dezember 1999 - gerade nicht diffizil abgewogen hat.
Es kommt hinzu, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner (neuen) Entscheidung vom 14. Oktober 2004 zum Verhältnis Karlsruhe/Straßburg im Sinne des Papier-Interviews bereits darauf abgestellt hat, ob vom Bundesverfassungsgericht diffizil abgewogen worden ist.
Das Straßburger Urteil vom 24. Juni 2004 wird sich demnach voraussichtlich in Deutschland nicht durchsetzen können.

In der Praxis wird noch kaum zur Kenntnis genommen, dass nach einem Urteil des Bundessozialgerichts der Abwicklungsvertrag seinen Sinn zur Umgehung einer Sperrzeit verloren hat.
Das BSG hat entschieden, dass der Abwicklungsvertrag nur einen zur Vermeidung der Sperrzeit modifizierten Aufhebungsvertrag darstellt und deshalb der Abwicklungsvertrag nach den gleichen Maßstäben zu beurteilen ist wie ein Aufhebungsvertrag.
Künftig wird demnach zur Sperrzeit nicht mehr danach unterschieden, ob eine Abfindung vor der Kündigung (Aufhebungsvertrag) oder nach der Kündigung des Arbeitsverhältnisses (Abwicklungsvertrag) vereinbart wurde.
In beiden Fällen entscheidet sich jetzt die Frage nach einer Sperrzeit danach, ob
- die Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung vorlagen,
- der Arbeitgeber die ernsthafte Absicht hatte, andernfalls zu kündigen bzw. gekündigt hat, und
- der Termin für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem arbeitsrechtlichen Termin zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses übereinstimmt.
Eine Kündigungsschutzklage muss der Arbeitnehmer nicht einreichen.
Hier haben wir Ihnen das Urteil des Bundessozialgerichts, Az.: B 11 AL 35/03 R), Urteil vom 18. Dezember 2003, ins Netz gestellt.